Selamlik. Khaled Alesmael

Selamlik - Khaled Alesmael


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trank, sah ich zu ihnen hinab und sprach von Dingen, die ich vor langer Zeit vergessen hatte. In ihren ordentlich aufgereihten Gräbern schienen sie mir respektvoll zu lauschen. Von Tag zu Tag wurden sie mir vertrauter, sie wurden Freunde, denen ich all meine Geheimnisse anvertrauen konnte. Wir lachten und weinten zusammen. Verstorbene sind aufmerksame Zuhörer, und das war alles, was ich brauchte, jemand, der mich beachtete.

      Leider sind die guten Dinge oft nicht von Dauer. Gerüchte gingen um, dass alle Asylsuchenden in andere Unterkünfte verlegt werden sollten. Es hieß, die Bewohner des Altersheims gleich nebenan hätten sich über uns beschwert. Der Grund war anscheinend, dass wir lärmende Fledermäuse waren, die nachts aktiv wurden. Unsere Stimmen waren laut und störten sie besonders, wenn wir vor der Unterkunft telefonierten. Die Kinder waren zu lebhaft, sie schrien die ganze Zeit. Die Mülleimer neben dem Altenheim quollen über von unseren Abfällen, und die Luft war vom Qualm unserer Zigaretten verpestet. Ihr Leben war durch unsere Anwesenheit bedroht. Niemand wusste, ob diese Gerüchte auf Tatsachen beruhten, bis eines Morgens jeder von uns einen Brief erhielt, in dem uns mitgeteilt wurde, die Asylboende würde im November geschlossen werden. Es war beschlossen worden, uns auf verschiedene andere Unterkünfte in Kronoberg zu verteilen.

      Bei meiner Ankunft war mir von der Beamten der Migrationsverket gesagt worden, ich würde diesen Ort erst dann verlassen, wenn mir eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, doch nun schien es so, als würde ich schon vorher gehen. In der folgenden Woche wurden wir gedrängt, uns darauf vorzubereiten, dass verschiedene Busse uns und unsere blauen Plastiksäcke an andere Orte bringen würden. Von meinem Fenster aus beobachtete ich, wie sich die Bewohner voneinander verabschiedeten. Ich blieb allein und trank einen letzten Kaffee mit meinen verstorbenen Freunden. Ich genoss den letzten Blick auf diejenigen, die meine neue Familie geworden waren.

      «Du wirst mir fehlen», flüsterte ich meinem jungen Freund zu.

      Die Zimmertür wurde aufgerissen, und die Beamtin kam herein. Sie wirkte verärgert, sagte aber nichts. Sie untersuchte den Fensterrahmen und schüttelte die Vorhänge; ich war mir sicher, dass sie mich im Verdacht hatte, etwas zu verstecken. Dann befahl sie mir, ihr zum Ausgang zu folgen. Ich trug denselben Sack und Karton wie bei meiner Ankunft, außerdem ein Schreibheft, das ich im ICA-Geschäft in Åseda gekauft hatte. Die Szene erinnerte mich an meine Ankunft vor einigen Monaten, nur dass es dieses Mal nicht nach Essen roch. Sobald wir draußen waren, forderte sie mich auf, in den Wagen zu steigen. Ein anderer Mann saß bereits auf der Rückbank; auch er hatte einen blauen Sack. Ich schwieg. Eine Digitaluhr zeigt 03:00 nachmittags, und das Autoradio übertrug einen Bericht auf Schwedisch. Dann stieg auch die Beamtin ein und setzte sich neben den Fahrer.

      «Lenhovda», antwortete sie, als ich fragte, wohin wir fuhren.

      Es begann stark zu regnen. Die Scheibenwischer zuckten hektisch von links nach rechts. Ich drehte mich um und warf einen letzten Blick auf meine toten Freunde. Friede sei mit euch, ihr Menschen in den Gräbern, ihr seid uns vorangegangen, und wir werden euch folgen … Der Wagen fuhr langsam um den Friedhof herum, ich konnte ihn noch durch das Rückfenster sehen. Der Regen trommelte auf das Autofenster; bald konnte ich die Gräber durch die regennasse Scheibe nicht mehr erkennen. Das Bild des Friedhofs würde in den nächsten Monaten neben vielen anderen Geschichten in meinem Geist fortbestehen. Mein Schreibheft fiel zu Boden; ich konnte es mit Mühe unter dem Vordersitz hervorziehen. Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich, dass Abu Halab mich mit seinen weit geöffneten Augen ansah; sein Gesicht war ganz nah, ich konnte seinen warmen Atem auf den Lippen spüren.

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