Auf keinen Fall wir. Iris W. Maron

Auf keinen Fall wir - Iris W. Maron


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Frisur geht ja mal gar nicht.«

      »Hmm… Und der Blonde, der so abgefahren tanzt?«

      »Willst du mich verarschen?«

      Thomas gluckst. »Uh, wir sind aber heute wählerisch.«

      »Ich bin immer wählerisch.«

      »Wo du recht hast...«

      Ich nehme einen großen Schluck von meinem Bier.

      »Los, trink aus, ich will tanzen.«

      »Und was der Herr Pilot will, wird getan.«

      »So ist es.«

      Wir trinken aus, dann schleife ich Thomas auf die Tanzfläche. Er ist nicht der begabteste Tänzer, aber ich will mal nicht so sein. Ich für meinen Teil tanze gerne und auch dementsprechend gut. Dennoch ist es Thomas, der von uns als Erster angetanzt wird. Auf eher plumpe Weise.

      Ein Kerl legt von hinten seine Hände auf Thomas' Hüften und schmiegt sich an ihn. Kurz geht Thomas darauf ein, dann sieht er mich fragend an, will wohl wissen, ob der Kerl hinter ihm gut aussieht oder eine Pestbeule auf zwei Beinen ist. Nun, hässlich ist er nicht, aber er ist definitiv nicht mein Fall. Er ist eher der langweilige, gewöhnliche Typ. Mausgraues Haar, fade Klamotten, Sport hat er sicherlich noch nie in seinem Leben gemacht. Einzig seine Augen mit ihrem strahlenden Blau sind wirklich hübsch.

      Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch, woraufhin Thomas sich zu dem Typen umdreht. Für einen Moment verharrt er, dann wirft er einen leicht panischen Blick über die Schulter zurück zu mir. Ich mache einen Schritt auf die beiden zu. Muss ich da jetzt einschreiten?

      Bevor ich mich entscheiden kann, hält Thomas mich mit einer Geste zurück. Seine Lippen formen ein Wort: »Konrad.« Sein Ex. Ach je. Ich sehe ihn fragend an und Thomas zuckt leicht mit den Schultern, ehe er sich wieder Konrad zuwendet. Die beiden sprechen kurz miteinander, dann wenden sie sich plötzlich ab, verlassen die Tanzfläche und verschwinden in der Menge.

      Das kann ja nur schiefgehen. Ich habe Konrad zwar noch nie getroffen, weiß aber aus Thomas' Erzählungen, dass er ein elendiger Spießer ist. Während ihrer Beziehung hat er Thomas fürchterlich eingeengt. Trotzdem hat der ewig gebraucht, um über ihn hinwegzukommen. Jetzt mit ihm zu sprechen, wird diese Wunden nur wieder aufreißen.

      Ich tanze allein weiter, überlasse meinen Körper dem Dröhnen des Basses. Ein paar Kerle versuchen mich anzutanzen, aber mich reizt keiner von ihnen. Das mache ich ihnen auch unmissverständlich klar.

      Irgendwann bekomme ich Durst und mache mich auf den Weg zurück zur Bar, um mir etwas zu trinken zu holen. Gerade schiebe ich mich an einem unglaublich stinkenden Kerl vorbei, da fällt mein Blick auf einen Typen, der lässig an der Bar lehnt. Er steht mit dem Rücken zu mir, aber was ich sehe, gefällt mir. Blondes Haar, nicht gerade kurz, aber auch nicht zu lang. Wenn ich das von hier richtig ahne, trägt er einen Undercut. Würde ich nie, finde ich an anderen aber sexy – vorausgesetzt, sie haben das passende Gesicht. Er ist in etwa so groß wie ich, hat wunderbar breite Schultern und sein enges Shirt verspricht einen gut gebauten Rücken. Sein Knackarsch ist auch nicht zu verachten.

      Neben ihm steht eine junge Frau – eine der wenigen hier. Sie ist ganz hübsch, aber etwas zu aufgedonnert für meinen Geschmack. Wild gestikulierend unterhält sie sich mit dem Typen. Plötzlich scheint sie meinen Blick zu bemerken. Sie verharrt einen Moment, dann grinst sie und weist ihren Freund offensichtlich auf mich hin. Der wendet sich dann auch prompt zu mir um.

      Seine Vorderseite kann definitiv mit der Rückseite mithalten. Tatsächlich ist er wirklich attraktiv. Er hat ein scharf geschnittenes, fast symmetrisches Gesicht mit starkem Kiefer und leichtem Bartschatten. Wenn ich das von hier und bei dem Licht richtig sehe, hat er trotz der blonden Haare dunkle Augen. Er ist ungefähr in meinem Alter, vielleicht ein bisschen jünger.

      Den will ich.

      Er scheint auch nicht abgeneigt. Jedenfalls taxiert er mich ziemlich gründlich. Auf seinen Lippen zeichnet sich ein schmales Lächeln ab. Ich schenke ihm ebenfalls ein Lächeln und bahne mir einen Weg zu ihm.

      »Hallo«, grüße ich, als ich bei ihm angekommen bin.

      »Hi«, erwidert er.

      Tiefe Stimme. Passt zu seinem maskulinen Äußeren.

      »Ich bin Stefan«, brülle ich gegen die laute Musik an.

      »Sven.«

      »Irina«, stellt sich seine zu stark geschminkte Freundin vor.

      Richtig, die war ja auch noch da. Ich schenke ihr mein charmantestes Lächeln. »Darf ich dir deinen Freund kurz entführen?«

      »Wenn er von dir entführt werden möchte – tu dir keinen Zwang an.«

      »Möchtest du von mir entführt werden?«, frage ich also an Sven gewandt.

      Er erwidert mein Lächeln, sagt aber nichts, sondern schenkt mir einen intensiven Blick. Grün, seine Augen sind grün. Dann nickt er leicht und geht los in Richtung Tanzfläche. Anscheinend will er, dass ich ihm folge. Das ist eigentlich nicht mein Stil, aber für diesen Rücken und diesen Arsch mache ich eine Ausnahme.

      »Hat mich gefreut«, sage ich noch zu Irina, die mir zum Abschied wortlos winkt und zuzwinkert, dann schaue ich, dass ich Sven einhole.

      Auf der Tanzfläche bleibt er stehen und wendet sich mir zu. Noch immer hat er dieses hintergründige Lächeln auf den Lippen. Ich finde ihn wirklich scharf. Als er dann beginnt, sich im Takt der Musik zu bewegen, finde ich ihn sogar noch ein bisschen schärfer, denn Sven kann tatsächlich tanzen. Wir harmonieren erstaunlich gut miteinander. Sobald wir herausgefunden haben, dass wir beide tanzen können, liefern wir eine ziemliche Show ab. Die Leute um uns herum machen respektvoll Platz und einige beobachten uns angetan.

      Gefällt mir.

      Mir gefällt ebenfalls, dass Sven bei einem etwas langsameren Lied seine Hände auf meinen Hintern legt und mich enger an sich heranzieht. Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken, schiebe ein Bein zwischen seine und reibe mich an ihm. Ich spüre, wie er hart wird. Mir ergeht es nicht anders. Sven zieht mich noch enger an sich, dann überwindet er die letzte Distanz zwischen uns und legt seine Lippen auf meine.

      Ich küsse nicht alle One-Night-Stands. Nur die küssenswerten. Sven ist definitiv küssenswert. Und er ist, wie ich gleich darauf feststelle, ein guter Küsser. Forsch zwar, aber er weiß seine Zunge und seine Lippen einzusetzen.

      Es wird ein ziemlich langer Kuss, der vorsichtig beginnt, aber rasch an Fahrt aufnimmt und leidenschaftlicher wird. Sven schmeckt vor allem nach Limetten, Zucker und Cachaça, darunter aber liegt eine Note, die seine eigene ist. Die mag ich besonders.

      Als wir uns voneinander lösen, hat Sven hinreißend gerötete Lippen und atmet schneller – so wie ich. Ich denke, wir sollten das Ganze an einen anderen Ort verlagern. Ursprünglich war mein Plan zwar, heute lang und ausgiebig zu feiern, doch Sven will ich mir auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen.

      »Weiter tanzen – oder...?«, frage ich, mache eine bedeutungsschwere Pause und sehe ihm intensiv in die Augen.

      Sven neigt den Kopf und erwidert meinen Blick mit einem zusehends breiten Grinsen. Er hakt seine Zeigefinger in meine Gürtelschlaufen und zieht mich wieder an sich.

      »Ich denke, wir haben genug getanzt«, sagt er. Ich lese die Worte mehr von seinen Lippen ab, als sie zu hören.

      »Denke ich auch.«

      Doch anstatt sofort aufzubrechen, finden wir uns noch einmal in einem Kuss wieder und wiegen uns dabei weiter leicht im Takt der Musik, als würden wir tanzen. Die ganze Zeit über knetet Sven meinen Hintern, während meine Hände den Weg unter sein Shirt finden und auf seinem Rücken stahlharte Muskelstränge unter seidiger Haut erkunden.

      »Ich verabschiede mich noch von Irina und den anderen«, brüllt Sven mir geraume Zeit später ins Ohr. Er ist also der höfliche Typ. Niedlich. Dass er mit noch mehr Leuten als Irina allein unterwegs ist, ist mir vorhin gar nicht aufgefallen.

      »Okay.


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