KALTE GIER. Rachel Amphlett

KALTE GIER - Rachel Amphlett


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dass er drüber schleift, an der Sprengfalle hängen bleibt und sie auslöst, oder?«

      Dan blinzelte den Schweiß weg, der über sein Gesicht rann. Er hielt kurz inne, rieb sich die brennenden Augen und versuchte, die feuchten Hände an der Hose trocken zu reiben. Dann griff er wieder nach dem Joystick und der Roboter fuhr rückwärts, zusammen mit dem Stück Tuch. Er ließ sich Zeit, bis sich die Maschine ein paar Meter von der Bombe entfernt hatte, bevor er eine weitere Folge von Befehlen eintippte. Die Klaue des Roboters öffnete sich und der Stoff fiel zu Boden.

      »Puh, das hätten wir, jetzt lass ihn zurückfahren und nachschauen, womit wir es hier überhaupt zu tun haben«, sagte Mitch, während er sich gegen die Hecktür des Fahrzeugs lehnte, um einen Blick auf den Laptop-Bildschirm zu werfen.

      Dan steuerte den Roboter zur Bombe zurück. Der Roboter schwenkte die Kamera von links nach rechts und zeichnete dabei alles auf. Schließlich ließ Dan ihn stoppen. »Hier.« Er deutete auf den Monitor. »Sieh dir das an, die Drähte liegen an der Stelle etwas frei.«

      Mitch beugte sich vor und begutachtete das empfangene Bild. »Kommst du an die ran?«

      Dan nickte. »Ich schätze schon. Standardkonfiguration?«

      Mitch grunzte. »Ja, sieht so aus. Schaffst du es, mit dem Seitenschneider drunter zu kommen?«

      Dan gab mehrere Befehle ein und die Klaue des Roboters bewegte sich in den Blickwinkel der Kamera. Die Zange schnappte testweise zweimal zusammen und näherte sich vorsichtig der kleinen Öffnung, aus der drei Drähten hervorlugten. Er senkte die Klaue so weit, bis ihre untere Hälfte die Straße berührte. Dann stoppte er ein weiteres Mal, ließ den Joystick los und wischte sich die Hand an der gepolsterten Weste ab. Anschließend rieb er Zeigefinger und Daumen aneinander, versuchte den Fettfilm darauf zu entfernen und griff schließlich wieder nach dem Joystick.

      »Wäre schön, wenn es noch heute klappen würde«, murmelte Mitch angespannt.

      »Halts Maul.«

      Trotz seiner Reaktion hatte Dan einen Heidenrespekt vor seinem Kameraden. Nach intensivem Training in den Vauxhall Barracks in Oxfordshire war Dan für seinen ersten Einsatz im Mittleren Osten neu zum Team gestoßen und Mitch gab sich alle Mühe, seine Ausbildung nicht enden zu lassen.

      Dan ließ den Roboter wieder ein kleines Stück vorwärts rollen. Die Klaue kratzte über den Schotter, während er die untere Backe vorsichtig unter die Bombendrähte manövrierte. Nach einem kurzen Befehl zoomte das Bild auf dem Bildschirm heran.

      »Kinderspiel«, stellte Mitch fest.

      Dan warf ihm von der Seite aus einen Blick zu. »Musst du nicht irgendwo hin?«

      Mitch kicherte. »Nein.«

      Dan verdrehte die Augen und konzentrierte sich wieder auf das Bild vor ihm. Obwohl er ihn nervte, lag Mitch mit seiner Bemerkung richtig. Der Aufbau der Sprengfalle wirkte trügerisch einfach. Tödlich, aber einfach. Drei Drähte verbanden den Sprengstoff mit einem Auslöseschalter.

      »Keine Spur eines Fernzünders«, stellte er fest.

      Mitch gab ihm einen Klaps auf den Rücken. »Gut, dann nimm dir das Ding vor.« Er drehte sich um und gab die Nachricht an David weiter. Der nickte nur kurz und wandte seine Aufmerksamkeit anschließend wieder der kleinen Gruppe von Einheimischen zu.

      Dan hob die Klaue des Roboters leicht an und begann, die Drähte vorsichtig auseinanderzuziehen. Nach einer weiteren Befehlsfolge auf der Tastatur glitt ein Teleskoprohr aus der Unterseite des Roboters heraus, an dessen Ende mehrere Drahtzangen und Seitenschneider befestigt waren.

      Er atmete langsam aus und versuchte, seinen Puls zu beruhigen. Dan schloss die Augen, spielte in seinem Kopf durch, was er zu tun hatte, dann öffnete er sie wieder, war konzentriert und bereit.

      Mit seiner letzten Befehlsfolge zog der Greifarm des Roboters vorsichtig einen blauen Draht von den anderen beiden weg. Als der sich in Reichweite des Seitenschneiders befand, reichte ein einziger Tastendruck aus und die Schneiden durchtrennten den Draht.

      Stille.

      Dan atmete langsam aus und wandte sich an Mitch. »Erledigt.«

      Mitch nickte, rief nach David und machte das Daumen-hoch-Zeichen.

      Per Funk gab David die Meldung an die anderen weiter. »Wir sind hier fertig.«

      Der Pulk an Schaulustigen verlor das Interesse und begann sich entlang der Straße zu zerstreuen. Dan konnte endlich aufsehen und bemerkte das alte Paar neben ihrem Haus. Sie schienen sich zu streiten, die Frau gestikulierte wild in Richtung ihres Mannes, bevor sie ins Gebäude stürmte und die Tür hinter sich zuschlug.

      David ging an ihm vorbei und zeigte ein »Daumen hoch«. »Gute Arbeit, Taylor. Sieh zu, dass der Roboter möglichst schnell wieder eingepackt wird, denn sonst haben ihn die Kinder in seine Einzelteile zerlegt, bevor wir es merken.«

      »Bin schon dabei.«

      Dan bewegte den Joystick nach hinten und der Roboter begann langsam zum gepanzerten Fahrzeug zurückzurollen, wobei das Bild auf dem Monitor hin und her hüpfte, weil seine Kamera auf der rauen Oberfläche durchgeschüttelt wurde.

      David gab Mitch ein Zeichen. »Steh hier nicht rum … schnapp dir den Rest der Sprengfalle. Wir wollen doch nicht, dass sie das Zeug für die nächste benutzen, die sie für uns einpflanzen.«

      Mitch nickte wortlos und trottete zur entschärften Bombe. Dan ließ seinen Blick um das Heck des Fahrzeugs herumwandern und beobachtete Mitch dabei, wie er die übrigen Teile der Bombe aufsammelte. Inzwischen kamen auch Dicko und H von den Dünen am Straßenrand zurückgeschlendert. Ihr Lachen wurde von einem leichten Wind herübergetragen.

      David folgte Dans Blick und seufzte. »Da muss doch jeder denken, dass die beiden im verdammten Urlaub sind«, sagte er und schüttelte den Kopf, bevor er zur Beifahrerseite ging, um die Bombenentschärfung zu melden.

      Dan blickte auf, als sich Mitch dem Fahrzeug näherte, während er diverse Drähte, Uhren und Metallteile vorsichtig in den Händen hielt. Er lud sie auf die Ladefläche des Transporters und die beiden begonnen, das Material auf Seriennummern oder besondere Kennzeichen zu untersuchen. Eben nach allem, was ihnen dabei helfen konnte, herauszufinden, wer die Bauteile geliefert hatte.

      David tauchte plötzlich mit nachdenklicher Miene an der Seite des gepanzerten Fahrzeugs auf. »Habt ihr Terry gesehen?«

      Dan und Mitch schüttelten den Kopf.

      »Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er mit dem Paar vor dem Haus da drüben gesprochen.« Dan deutete über die Straße.

      David folgte dem Zeigen des Fingers. »Kann sein, dass sein Funkgerät mal wieder streikt. Ich versuche es weiter. Wenn ihr ihn seht, winkt ihn ran. Ich will ins Lager zurück und eine Pause einlegen, bevor wir alle noch vor Erschöpfung umfallen.«

      Während er um die Rückseite des Jeeps herumging, sprach er bereits wieder in sein Funkgerät.

      Dan rollte ein Stück des blauen Drahtes zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her, während er die Rückkehr des Roboters auf dem Laptop verfolgte.

      »Eigenartig«, meinte Mitch.

      »Was denn?«

      »Das ergibt überhaupt keinen Sinn.« Mitch hielt einige Teile hoch und zeigte auf ein einzelnes Kabel, das nach oben gebogen war. »Das Ding hier ist mit nichts verbunden. Hast du es versehentlich durchgeschnitten?«

      Dan schüttelte beunruhigt den Kopf. »Nein.«

      Er bemerkte, wie Mitch vom Fahrzeug zurücktrat, um zu überprüfen, ob Dicko und H zurückkamen. Terry verabschiedete sich mittlerweile auch winkend von dem alten Ehepaar und stiefelte auf sie zu.

      Mitch wandte sich wieder an Dan, sein Gesicht war kreidebleich geworden. »Das ist gar nicht die richtige … das ist eine Attrappe.«

      Dan schaute Mitch an. »Was? Was

      Auf die Straße starrend, fuhr sich Mitch


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