Lost Places fotografieren. Peter Untermaierhofer

Lost Places fotografieren - Peter Untermaierhofer


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      Nikon D800, 15 mm, 1/13 s, f/8, ISO 100

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      Nikon D800, 15 mm, 1/4 s, f/8, ISO 100

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      Nikon D800, 15 mm, 0,8 s, f/8, ISO 100

      Diese Verrechnung kann mit verschiedenen Techniken von Hand oder mit speziellen HDR-Programmen automatisiert geschehen. Eine HDR-Software zieht sich aus jeder Aufnahme die für sie optimal belichteten Bildbereiche und rechnet diese in einem Bild zusammen. Allerdings muss das Programm hier nicht immer richtig liegen – hochwertige Software zeichnet sich dadurch aus, dass Sie von Hand nachbessern können. Es hängt also auch von Ihrem Geschick bei der Anwendung der Software ab, ob das Ergebnis sehr realistisch wirkt oder vollkommen fehlerhaft ist.

      Ich zeige Ihnen das einmal en detail am Beispiel von Photoshop.

      Bei diesem Bild – einem optimierten RAW – sehen Sie deutlich, dass die Lichtunterschiede zwischen draußen und drinnen zu hoch sind. Das heißt, die Dynamik ist zu groß, als dass der Kamerasensor sie in einem einzigen Bild einfangen könnte (obwohl das Foto nicht bei hellem Tageslicht, sondern kurz vor der Dämmerung entstanden ist).

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      Nikon D800, 14 mm, 1/10 s, f/8, ISO 800

      Sie sehen, dass die hellen Teile in den Fenstern des Treppenhauses ins Weiß abdriften und »ausbrennen«, wogegen die dunklen Stellen in den Türöffnungen fast schon »absaufen«, d. h., keine Zeichnung mehr aufweisen. Hätten Sie die Situation vor Ort erlebt, wüssten Sie, dass das Bild bei Weitem nicht die Lichtstimmung transportiert, die ich gesehen habe. Ich greife also zum HDR-Verfahren.

      Im zweiten Bild – einem HDR-Bild – sehen Sie deutlich, dass die hellen Stellen in den Fenstern und die dunklen Ecken in den Türöffnungen deutlich mehr Zeichnung haben als im ersten Bild. Dieses Bild habe ich mithilfe der Software HDR Projects 4 Professional aus mehreren Einzelbelichtungen erstellt. Es sieht noch sehr flau bzw. kontrastarm aus, was eine typische Folge der HDR-Bearbeitung ist, da ich ja möglichst viel Bildinformation (Tonwerte) im Bild haben möchte. Natürlich ist dieses HDR-Bild noch nicht das Endergebnis, sondern nur die Grundlage für meine Bearbeitung in Photoshop, wo ich die für mich wesentlichen Bildinformationen dann Stück für Stück herausarbeite.

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      Nikon D800, 14 mm, (1/1000, 1/320, 1/100, 1/30, 1/10, 0,3 s), f/8, ISO 800

      Wenn Sie die Histogramme des ersten und des zweiten Bildes miteinander vergleichen, werden die Unterschiede noch deutlicher.

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      Beim Histogramm der optimierten RAW-Datei (oben) können Sie am rechten und linken Rand erkennen, dass es Bereiche im Bild gibt, die pures Schwarz bzw. Weiß und somit keine genauer definierte Bildinformation mehr enthalten.

      Das Histogramm des HDR-Bildes (unten) ist hingegen viel ausgeglichener. Es gibt keine Bereiche mehr, die ausfressen oder absaufen, da jedes Pixel noch Bildinformation enthält, die ich für die weitere Bearbeitung nutzen kann.

      Das HDR-Bild ist also eine Zwischenstufe auf dem Weg zum eigentlichen Bild. Dadurch, dass HDR mir die volle Kontrolle über die Lichter und Schatten gibt, erhalte ich ein Maximum an Bildinformationen und damit auch alle Optionen, die ich für die finale Bearbeitung in Photoshop benötige. Auf Seite 26 sehen Sie das fertig bearbeitete Bild.

       Tonemapping

      Tatsächlich ist das, was beim Arbeiten mit HDR passiert, noch etwas komplizierter als bislang beschrieben. Auch wenn es – praktisch gesehen – für dieses Buch nicht wichtig ist, möchte ich kurz erklären, was dabei geschieht.

      Ein Bild, das mit einer HDR-Software erstellt wurde, hat in der Regel mit 32 Bit zwar eine hohe Dynamik (also bis zu über 4 Milliarden Tonwerte). Diese lässt sich aber an handelsüblichen Monitoren nicht wiedergeben. Aus diesem Grund bieten HDR-Programme eine Funktion namens Tonemapping. Diese ermöglicht es, den Dynamikumfang eines 32-Bit-Bildes in ein 16-Bit-Bild zurückzurechnen, damit dieses korrekt am Bildschirm angezeigt und bearbeitet werden kann. Die 4,3 Milliarden unterschiedlichen Tonwerte eines 32-Bit-Bildes werden dabei in die zur Verfügung stehenden 32.758 bzw. 256 Tonwerte eines 16-Bit- bzw. 8-Bit-Bildes gepresst. Sie sehen also, vor welcher Herausforderung Ihre Software beim Tonemapping-Prozess steht – und die Methoden zur Errechnung des Tonemappings sind nicht mal einheitlich.

      Tonemapping ist der Grund, warum HDR-Bilder erst einmal flau wirken, für eine angemessene Bildwirkung also erst noch nachbearbeitet werden müssen. Durch die hohe Dynamik geht die Tiefe des Bildes meist komplett verloren, Schatten verschwinden zum Teil gänzlich. Schärfe und die unrealistischen oder gänzlich fehlenden Kontraste beherrschen das Bild so stark, dass kein Platz mehr für Bildsprache und Komposition bleibt. Im letzten Kapitel dieses Buches zeige ich Ihnen, wie Sie durch die Bearbeitung eines HDR-Bildes in Photoshop wieder zur ursprünglich intendierten Bildwirkung gelangen.

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      HDR war in den letzten Jahren sehr populär, bekam aber wegen der damit betriebenen Effekthascherei schnell einen schlechten Ruf. Jeder Einsteiger in die HDR-Bearbeitung war fasziniert von dem Look und davon, wie »kunstvoll« seine Bilder mit ein paar Klicks erscheinen können, und drehte erst mal kräftig an den Reglern. (Ich nehme mich da nicht aus, wie Sie an den folgenden Beispielbildern sehen.)

      Das führte oft zu knallbunten, überkontrastreichen, überschärften Bildern, die bei längerem Betrachten durchaus Kopfschmerzen hervorrufen können. HDR wurde außerdem so oft als Allheilmittel für die schwierigen Lichtverhältnisse in Lost Places eingesetzt, dass der typische HDR-Look fast schon zu einem Erkennungsmerkmal für Lost Places-Fotografie wurde. Dieser oft kritisierte Einsatz von HDR ist wie gesagt der falsche Weg – und so manche Bildbearbeitung hat es ihren Nutzern leider sehr einfach gemacht, ihn zu gehen.

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      Nikon D700, 24 mm, 1/100 s, f/9, ISO 200

      Ein »schlechtes« HDR-Bild1 zeichnet sich dadurch aus, dass es einige oder alle der folgenden Merkmale aufweist:

       knallbunte Farben

       unnatürliche und übertriebene Mikro- und Makrokontraste

       dunkle, unwirkliche Wolkenhimmel in tiefen blauschwarzen Tönen

       ein Bild ohne Lichter und Schatten, obwohl das ganze Bild sehr kontrastreich ist

       komplett überstrahlte Fenster

       ein Look, der wie »gemalt« aussieht

       Geisterbilder (Objekte, die nicht in jedem Bild der Belichtungsreihe dieselbe Position haben und bei der HDR-Berechnung halbtransparent zu sehen sind, werden Geisterbilder genannt.)

       starke Überschärfung des Bildes

       Halos (helle Farbsäume um Objekte), die durch falsche


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