Lost Places fotografieren. Peter Untermaierhofer
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Knallbunte Farben Nikon D700, 24 mm, 1/5 s, f/11, ISO 250
Dunkle unwirkliche Himmel Sony A300, 10 mm, (1/160, 1/20, 1/10, 1/5, 0,4, 0,8 s), f/10, ISO 100
Übertriebene Mikro- und Makrokontraste Nikon D700, 24 mm, 1/4 s, f/9, ISO 1000
Überstrahlte Fenster Nikon D700, 24 mm, 1/4 s, f/9, ISO 200
Keine Lichter, keine Schatten Sony A300, 18 mm, 10 s, f/8, ISO 100
Gemalter Look Nikon D700, 24 mm, 0.5 s, f/8, ISO 200
Geisterbilder in den sich schnell bewegenden Wolken Sony A300, 10 mm, 1/100 s, f/10, ISO 100
Stark überschärft Nikon D700, 24 mm, 6 s, f/6.3, ISO 1000
Halobildung um den Turm und die Bäume Nikon D700, 95 mm, 1/2500, f/11, ISO 800
Fotografen, die Bilder in diesem Look erzeugen, rechtfertigen sich oft damit, dass dies alles gewollt und dieser Look ein bewusstes Stilmittel sei. Ich denke jedoch, dass viele nicht mit den schwierigen Lichtverhältnissen in einem Lost Place zurechtkommen und nicht wissen, wie sie diese Lichtverhältnisse realistisch in ein Bild umsetzen können. Teilweise soll HDR auch einfach nur für Aufmerksamkeit sorgen und eine ansonsten dürftige fotografische Leistung aufwerten.
Gerade Anfänger überspringen gern die fotografischen Grundlagen, kaufen ein Stativ, arbeiten ein Tutorial zu HDR durch und legen dann sofort los. Verstehen Sie mich in diesem Punkt nicht falsch: Ausprobieren ist nichts Falsches, und auch ich habe auf diesem Weg mit HDR begonnen. Jedoch habe ich nebenbei immer versucht, mich technisch weiterzuentwickeln. Ein sehr wichtiger Punkt ist, für Kritik anderer offen zu sein.
Meine ersten HDR-Bilder von vor sieben Jahren kann ich heute kaum noch ansehen, geschweige denn für gut halten. Damals war ich unsagbar stolz auf sie und hielt sie für sehr hochwertige Aufnahmen. Heute kann ich ohne Scham behaupten, dass mein Auge damals einfach noch nicht geschult genug war, um auf Feinheiten zu achten. Es war geblendet von etwas »Neuem«, einem Effekt, der Aufsehen erregte, und bemerkte nicht die handwerklichen Fehler, die ich machte.
Seien Sie daher stets für Kritik offen, auch wenn Sie im ersten Moment nicht immer derselben Meinung sind. Versuchen Sie, die Argumente Ihres Kritikers aus einer anderen, nicht Ihrer eigenen Sicht zu betrachten und dadurch selbstreflektierend Ihre Fehler zu analysieren: »Finde ich es wirklich perfekt oder weiß ich nur nicht, wie ich es besser machen kann?«
Finden Sie Ihre Fehler, gestehen Sie sie sich ein und suchen Sie einen Weg, wie Sie diese Fehler beheben können. Nur so ist ein nennenswerter Fortschritt zu erreichen.
Wie wenden Sie HDR richtig an?
Worin besteht also der große Unterschied zwischen einem richtigen und einem falschen Einsatz von HDR? Es gibt verschiedene Dinge, die Sie beachten müssen, wenn Sie entschieden haben, dass sich ein Motiv für HDR eignet:
eine genaue Arbeitsweise
die richtige Ausrüstung, um sauber Belichtungsreihen erstellen zu können
die für Sie richtige Software
Feingefühl beim Bedienen der Softwareregler
ein Gespür für Licht und Schatten
Ein Gespür für das natürliche Verhalten von Licht und Schatten zu entwickeln, ist tatsächlich sehr wichtig für gute Lost Places-Fotos. Dieses Gefühl werden Sie sich nicht von heute auf morgen aneignen, sondern nur langfristig durch bewusstes Sehen. Fragen Sie sich:
Wo ergibt Licht Sinn?
Wo müssen Schatten sein?
Machen Lichtstrahlen Sinn und wie würden sie in der Realität fallen?
Welche Stellen des Motivs müssen heller sein als andere?
Mit welchem HDR-Ausgangsbild können Sie Ihre Lichter und Schatten am besten herausarbeiten?
Die Technik dazu erkläre ich Ihnen später. Das richtige Verständnis von Licht und Schatten ist jedoch viel schwieriger als die technische Umsetzung und hängt stark von Ihrer Vorstellungskraft und Ihrem Auge ab, das Sie nach und nach trainieren müssen.
Nikon D700, 24 mm, (1/500, 1/250, 1/125, 1/60, 1/30, 1/15, 1/8 s), f/5.6, ISO 640
Vermeiden Sie Stereotypen und finden Sie Ihren Stil
Wenn Sie sich vom HDR-Einheitsbrei abheben wollen, müssen Sie über kurz oder lang Ihren eigenen Stil kreieren. Das sagt sich einfacher, als es ist – einen Stil erfindet man nicht von heute auf morgen, sondern er entwickelt sich mit der Zeit, häufig über Jahre.
Ihr Stil ist Ihr Wiedererkennungswert – das, was Sie von anderen Fotografen unterscheidet. Es handelt sich hierbei um Ihre ganz persönliche Mischung aus Ihrer Wahl des Motivs und Ihrem Blick darauf, der Einstellung und Bedienung Ihrer Kamera, der HDR-Verarbeitung, Ihren Fertigkeiten in der Nachbearbeitung, dem Spiel mit Licht und Schatten und vielem anderen mehr. Einen Stil entwickeln Sie nicht einfach, indem Sie in einer HDR-Software per Mausklick ein Preset anwenden. Das ist kein Stil, sondern nur ein Look. Und es ist nicht mal Ihr eigener, denn außer Ihnen werden alle anderen, die das gleiche Preset einsetzen, zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kommen.
Im Folgenden sehen Sie vier Beispiele für eine misslungene Anwendung von Presets. Was Sie mit sorgfältiger Bearbeitung in Photoshop aus dem Bild herausholen können, zeige ich Ihnen im Kapitel 4, Nach dem Shooting.
Nikon D800, 65 mm, (1/2000, 1/320, 1/50 s), f/2.8, ISO 200
Ähnlich ist es mit Motiven. Nur weil es z.B. derzeit ein Trend bei Lost Places-Fotografien zu sein scheint, Lichtstrahlen künstlich ins Bild zu malen, damit es besonders romantisch wirkt oder es aussieht, als ob der Fotograf besonderes Glück mit dem Licht hatte, müssen Sie das nicht auch tun. Vermeiden Sie es, andere zu imitieren. Das passiert schneller, als Sie denken, etwa wenn Sie sich zur Vorbereitung einer Tour zu einem Lost Place online von Fotos anderer inspirieren lassen wollen. So laufen Sie Gefahr, mit Ihren Fotos den Bildern nachzuspüren, die Sie inspiriert haben – anstatt vor Ort Ihre eigene Kreativität auszuleben und zu Ihren eigenen Bildern und langfristig auch zu Ihrem eigenen Stil zu finden.
Ich für meinen Teil mache es so: Vor dem Besuch eines Lost Place sehe ich mir keine