Die Wassernixe. mehrbuch

Die Wassernixe - mehrbuch


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und bilderreich, wie dein Geist fleckenlos und dein Wesen lieblich ist.«

      Alida erstaunte bei seinen Worten, denn während er sprach, berührte der junge Seemann die verschiedenen Gegenstände, die er namhaft machte, mit einer trauernden Theilnahme, welche ausdrückte, wie sehr es ihn schmerze, daß das Schicksal ihm eine Lebensbeschäftigung angewiesen habe, die sich so wenig mit dem Gebrauche jener Gegenstände vertrug.

      »Leute, die auf der See leben, Pflegen in der Regel kein so lebendiges Gefühl für die Kleinigkeiten zu haben, womit Damen sich die Zeit vertreiben,« sagte das Mädchen, noch immer, trotz des besseren Entschlusses, zu gehen, im Zimmer weilend.

      »Kennen Sie denn das rohe, geräuschvolle Treiben unseres Gewerbes?«

      »Der Verwandten eines Kaufmanns von so ausgebreiteten Handelsverbindungen wie mein Onkel, kann das Leben der Seeleute unmöglich ganz unbekannt bleiben.«

      »Ja wohl, hier ist ein Beweis davon,« versetzte der Fremde mit raschen Worten, welche die große Aufregbarkeit seines Innern bewiesen. »Die Geschichte der amerikanischen Boucaniers« ist ein seltenes Buch in einer Damenbibliothek. Was für Interesse kann ein Gemüth, wie das der schönen Barbérie, in diesen Erzählungen blutiger Gewaltthaten finden?«

      »In der That, keins!« erwiederte Alida, durch das wildaufgeregte Auge ihres Gefährten halbversucht, ihn selbst, trotz aller Beweise vom Gegentheil an ihm, für einen der Seewanderer zu halten, von denen er sprach. »Das Buch hat mir ein tapferer Seemann geliehen, welcher eben gerüstet ist, jene Räubereien zu unterdrücken. Beim Lesen so vieler ruchlosen Handlungen bestrebe ich mich, meinem Geist die Aufopferung derjenigen vorzuhalten, die ihr eigenes Leben in Gefahr setzen, um die Hülf- und Schuldlosen zu beschützen. – Mein Onkel wird zürnen, wenn ich länger zögere, ihn von Ihrer Gegenwart in Kenntniß zu setzen.«

      »Einen einzigen Augenblick noch! Es ist so lange, so lange her, seit ich ein Heiligthum, wie dieses betrat! Hier ist Musik! dort der Rahmen zu der glänzenden Stickerei; – von diesen Fenstern blickst Du auf eine Landschaft, sanft wie dein eigenes Wesen, und kannst den Ocean dort immer bewundern, ohne seine Schrecknisse zu fürchten, oder von den roheren Auftritten darauf empört zu werden. Du mußt sehr glücklich seyn an diesem Orte!«

      Als er sich herumwendete, sah er sich allein gelassen. – Betroffenheit malte sich stark auf seinen schönen Zügen, doch ehe er Zeit zum Nachdenken gewinnen konnte, ließ sich an der Thüre des Salons eine polternde Stimme hören.

      »Potz Verträge und Uebereinkünfte! Was, im Namen des strengen Worthaltens, hat Dich hierher geführt? Ist dies der Weg, unsere Geschäfte unter der Hülle der Verborgenheit zu halten, oder glaubst Du, die Königin wird mich zum Ritter schlagen, wenn sie erfährt, daß Du mein Handelscorrespondent bist?«

      »Potz Laternen und falscher Zeugen!« gab der Andere, die Stimme des verblüfften Bürgers nachäffend, und auf die, noch immer an der angegebenen Stelle stehenden Lichter hinweisend, zurück. »Kann man in den Hafen einlaufen, ohne auf die Landmarken und Signale zu achten?«

      »Das kommt vom Mondschein und der Sentimentalität! Wenn das Mädchen schlafen sollte, ist sie auf, guckt nach den Sternen hinauf und vereitelt kaufmännische Speculation. – Doch sey Du ganz ruhig, Herr Seestreicher, meine Nichte besitzt Discretion, und in Ermangelung eines bessern Unterpfandes für ihr Schweigen, hätten wir das der Notwendigkeit, da sie hier Niemand hat, den sie zum Vertrauten machen könnte, als ihren alten normannischen Lakaien und den Patroon von Kinderhook; die aber träumen Beide von ganz anderen Dingen, als wie man einen kleinen Handelsprofit mache.«

      »Sey Du ganz ruhig, Aldermännchen,« erwiederte der Andere noch immer in spöttelndem Tone. »In Ermangelung eines anderen Unterpfandes haben wir das ihres Rufes, da der Onkel den seinigen nicht verlieren kann, ohne daß die Nichte einen Theil des Verlustes trage.«

      »Wie so? was für Sünde ist's, wenn man im Handel und Verkehr einen kleinen Schritt weiter geht als die Gesetze? Diese Engländer sind eine Nation von Monopolisten, und nehmen keinen Anstand, uns hier auf den Colonien Hand und Fuß, Leib und Seele mit ihren Parlamentsakten zu knebeln. »Treibt«, lauten diese tyrannischen Decrete, »treibt Handel mit uns, oder gar keinen«! Bei der Ehre des besten Bürgermeisters von Amsterdam! sind sie doch selbst nicht mit so scrupulöser Ehrlichkeit in den Besitz der Provinz gekommen, und wir sollten so geduldig gehorchen?«

      »Und das gereicht freilich einem Contrebandehändler zu nicht geringem Troste. Ganz richtig geurtheilt, mein vortrefflicher Alderman. Deine Logik bereitet in jedem Fall ein weiches Kissen, absonderlich aber, wenn das Wagstück nicht ohne sein Profitchen bleibt. Und nun, da wir über die lobenswerthe Moral unsers Handels so herrlich einverstanden sind, machen wir uns ohne Weiteres an den erlaubten, wenn auch nicht gesetzmäßigen Abschluß desselben. Hier,« fügte er hinzu, zog dabei eine Börse aus einer inwendigen Tasche seiner Jacke hervor, und warf sie nachlässig auf den Tisch; »hier ist Dein Gold. Achtzig helle Johannes ist kein schlechter Erlös für wenige Päcke Pelz, und der Geiz selbst muß zugeben, daß sechs Monat keine zu lange Frist für solchen Wuchergewinnst ist.« »Ein wahrer See-Colibri ist Dein Bötchen, Du munterer Meerstreicher!« erwiederte Myndert, schmunzelnd und vor innerem Vergnügen bebend. »Sind es auch wirklich achtzig? Doch, sieh nicht erst nach in Deinen Notizen, ich will das Gold schon selber zählen, um Dir die Mühe zu ersparen. Ein Paar Fäßchen Jamaica, mit etwas Pulver und Blei, eine ober zwei Friesdecken, und dann und wann ein Pfennigwerth von Spielwerk für einen Häuptling – ja ja. Du verschmitztes Herrchen, daraus kannst Du in kurzer Zeit gelbes Metall machen. – Sag' an, wo hast Du den Tausch gemacht? an der französischen Küste?«

      »Mehr nordwärts, wo der Frost mein Unterhändler war. Deine Biber und Marder, ehrlicher Bürger, werden in den nächsten Feiertagen in der Gegenwart des Kaisers paradiren. Nun, was hat der Braganza da im Gesicht, daß Du ihn so genau besiehst?«

      »Das Stück scheint nicht zu den allerschwersten zu gehören, doch glücklicherweise habe ich eine Goldwage bei der Hand.«

      »Halt!« rief der Fremde, und legte die, nach der Sitte jenes Tages, in einen zarten, parfümirten Handschuh gehüllte Hand leicht auf den Arm des Andern. »Zwischen uns wird nichts gewogen, Sir! Das Stück ist für Deine Waaren eingenommen worden: schwer oder leicht, es muß passiren. Wir handeln unter Vertrauen, und dieses Knickern beleidigt mich. Noch ein solcher Zweifel an meiner Redlichkeit, und unsere Verbindung hat ein Ende.«

      »Ein solches Unglück würde mir eben so, oder doch fast eben so leid thun, als Dir selbst,« versetzte Myndert, und erzwang ein gleichgültig seynsollendes Lachen, indem er die verdächtige Dublone wieder in die Börse hineingleiten ließ und somit den Zankapfel aus dem Wege räumte. »Wenn man im Handeln bei'm Wägen ein Bischen eigen ist, so dient das nur zur Befestigung der Freundschaft. Indessen wollen wir wegen einer Kleinigkeit die kostbare Zeit nicht verschwenden.« »Hast Du Waaren mitgebracht, die in der Kolonie Nachfrage finden?«

      »Die Hülle und Fülle.« »Und klug assortirt? Alle Kolonieen und Monopole! so ein heimlicher Handelsverkehr hat doch zwiefache Annehmlichkeiten. Ich höre nie die Anzeige von Deiner Ankunft, Herr Seestreicher, ohne daß mir das Herz vor Freude hüpft. Es hat sein doppeltes Vergnügen, die Gesetzgebung der Londoner weisen Perüken zu umgehen.«

      »Und das größte darunter ist – ?«

      »Nun ja, ein stattlicher Profit für das ausgelegte Kapital. So eine natürliche Freude will ich gar nicht läugnen; aber glaube mir, es liegt eine Art von gewerblichem Sieg darin, wenn es uns so gelingt, dem Eigennutz unsrer Beherrscher ein derbes Schnippchen zu schlagen. Was, haben unsre Mütter uns dazu in die Welt gesetzt, daß wir diesen Herren zum Werkzeug ihrer Bereicherung dienen sollen? – gebt mir eine gleichmäßige Gesetzgebung, das Recht, zu entscheiden, wiefern dies oder jenes Gesetz klug sey oder nicht, und dann werde ich, wie es sich für einen loyalen und gehorsamen Unterthanen geziemt« –

      »Auch fortan mit Contrebande handeln!«

      »Schon gut, viel Worte machen, vermehrt das Gold nicht. Kann man das Waarenverzeichniß zu sehen bekommen?«

      »Hier ist's, Du magst es immerhin durchlesen. Aber, Alderman Van Beverout, eben wandelt mich eine Laune an, und Widerspruch, weißt


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