Athanor 2: Der letzte König. David Falk

Athanor 2: Der letzte König - David  Falk


Скачать книгу

      »Wir bieten Euch immerhin an, König zu bleiben«, mischte sich Athanor ein. »Diese Wahl hatten die einstigen Herren Nikenes, Lethos und der Nordmark nicht.«

      »Ihr seid zu großzügig, Prinz von Theroia. Ich hoffe, Ihr findet mein Angebot angemessener: Ich gewähre Euch und Euren Männern freies Geleit und Frieden zwischen unseren Ländern, wenn Ihr jetzt umdreht und nach Hause reitet.«

      Athanor lachte auf.

      Argos schoss ihm einen strafenden Blick zu. »Ich bedaure, König Etheon, doch die Befehle meines Bruders verbieten mir, Euren Vorschlag anzunehmen.«

      In Etheons Augen blitzte Wut auf. »Ihr haltet Euch für unbesiegbar, aber ohne dieses schändliche Bündnis mit den Drachen wärt Ihr nichts. Die Götter werden Euch für diesen Frevel richten!«

      Bevor Athanor zornig antworten konnte, sprach Argos bereits. Noch immer sah er so gleichmütig aus, als ginge es darum, wer wen zum Abendessen einlud. »Dann seid Ihr also nicht gewillt, Euch zu ergeben?«

      »Der Löwe ergibt sich nicht, nur weil der Hund ihn ankläfft.«

      Athanors Hand zuckte zum Griff seines Schwerts, doch Argos packte ihn am Arm, bevor er die Klinge ziehen konnte. Was fiel seinem Onkel ein? »Sollen wir uns von diesem parfümierten Hänfling etwa beleidigen lassen?«

      »Wenn ehrbare Männer verhandeln, werden keine Waffen gezogen! Du kannst ihm auf dem Schlachtfeld gegenübertreten, wenn dir der Sinn danach steht.«

      Knurrend ließ Athanor von seinem Schwertgriff ab, woraufhin auch Etheons Begleiter die Hände wieder von den Waffen nahmen. »Ihr habt Eure Wahl getroffen. Beschwert Euch nicht, wenn Ihr am Ende blutend im Staub liegt!«, fuhr er den König an und wendete sein Pferd. Ohne sich noch einmal umzusehen, galoppierte er zum Heer zurück. Er würde dem Kerl schon zeigen, wer von ihnen beiden der Löwe war. Doch der erste Stachel saß viel tiefer in seinem Fleisch. »Ohne dieses schändliche Bündnis mit den Drachen wärt Ihr nichts.« Hatten sich heute alle verschworen, um ihm diesen Makel unter die Nase zu reiben?

      Zum Dunklen mit ihnen allen! Athanor riss seine Lanze wieder aus der Erde und strafte die gaffenden Noblen seines Heers mit Schweigen. In gemächlichem Trab kehrten Argos und seine verbliebenen Begleiter zurück.

      »Sind weitere Späher zurückgekommen?«, verlangte der Oberste Feldherr zu wissen, noch bevor er ganz heran war.

      »Ja, Herr«, meldete sich einer der Kundschafter und drängelte sich zwischen den Kriegern nach vorn. »Ich habe Kyperer gesehen. Sie haben bereits den Fluss durchquert.«

      »Wie viele?«

      »Mindestens zweitausend Reiter, aber vielleicht kommen noch mehr. Mein Begleiter ist dort geblieben, um sie im Auge zu behalten, während ich Euch warne.«

      Argos nickte. »Reite zurück und berichte uns, wie viele es insgesamt sind! Um diese Orkschlächter müssen wir uns gewiss mehr Sorgen machen als um Etheons verzärtelten Haufen«, wandte er sich an Athanor.

      Theleus grinste. »Habt Ihr gesehen? Ich glaube, die zupfen sich sogar die Augenbrauen.«

      Der Oberste Feldherr gestattete seinen Kriegern Gelächter, bevor er die Hand hob, um Schweigen zu gebieten. »Athanor, ich übertrage dir die Führung der Krieger, die hinter dem Fußvolk Aufstellung genommen haben. Ich werde mit allen anderen vorrücken und Etheons Heer in den Boden stampfen …« Bekräftigende Rufe unterbrachen ihn.

      »Ihr wollt, dass ich untätig herumstehe?«, fuhr Athanor auf.

      »Nein, verdammt! Du sollst abwarten und eingreifen, sobald die Kyperer unsere Flanke angreifen!«

      Athanor knurrte unwillig.

      »Kann ich mich darauf verlassen?«, hakte Argos nach.

      Obwohl ihm bewusst war, welche wichtige Aufgabe der Oberste Feldherr ihm übertrug, rang Athanor noch immer mit seinem Stolz und seiner Wut. Er wollte Etheon die Lanze in den öligen Leib treiben.

      »Kann ich mich darauf verlassen?«

      »Ja, verflucht!«

      Argos warf einen Blick zum Himmel hinauf. »Die Drachen werden bald hier sein. Vielleicht halten sie sich schon in den Wolken verborgen. Nimm Theleus und Boros mit, und begib dich auf deinen Posten! Wir greifen an!«

      Auch Athanor suchte den Himmel ab, während er zwischen den Reihen der Soldaten nach hinten ritt. Noch war keiner der großen, dunklen Umrisse zu sehen, die oft schon vor der Schlacht über ihnen gekreist waren. Die Kriegshörner bliesen zum Aufbruch. Mit der Attacke würde der Oberste Feldherr bis zum letzten Moment warten, damit die Fußtruppen nicht außer Atem waren, bevor sie den Feind erreichten.

      Vor den Berittenen hielt Athanor an und hob seine Lanze, um die Aufmerksamkeit der Krieger auf sich zu lenken. »Männer! Tapfere Theroier! Der Oberste Feldherr hat uns befohlen, vorerst hier zu bleiben und abzuwarten. Ich weiß, dass euch das ebenso enttäuscht und schwerfällt wie mir. Aber glaubt mir, die itharischen Memmen sind eure Klingen nicht wert! Ihr König, mit dem ich gerade sprach, ist ein weibischer Schwächling. Wir werden die Ehre haben, uns mit den Kyperern zu messen, die uns feige in den Rücken fallen wollen. Zeigen wir diesen Barbaren, wer die besseren Krieger sind!«

      Die theroischen Reiter brachen in Jubel aus. Einige brachten ihre Pferde dazu, sich aufzubäumen, andere reckten siegesgewiss ihre Lanzen mit den flatternden Wimpeln zum Himmel. Athanor erwiderte ihren Gruß. Die Begeisterung der Männer dämpfte seinen Zorn. Argos mochte der Oberste Feldherr sein, aber die Liebe der Krieger galt ihm, ihrem zukünftigen König. Indem sie ihm halfen, die ganze Welt zu erobern, erhaschten sie Anteil an seinem Glanz.

      Der Wind trug den Ruf der Hörner zum Angriff heran. Athanor wendete sein Pferd, um den Zusammenprall der Heere zu beobachten. Wie ferner Donner dröhnte der Hufschlag galoppierender Krieger. Staubwolken wirbelten auf, um sogleich von den Böen zerfetzt zu werden. Kampfgebrüll wehte heran, doch das Gelände war zu flach, um mehr zu erkennen als die wogenden Reihen der Männer, die sich auf den Feind stürzten.

      Schweigen legte sich über die wartenden Krieger. Wie gebannt waren ihre Blicke auf das Schlachtfeld gerichtet. Je länger er untätig im Sattel saß, desto unruhiger wurde Athanor. Wie schlugen sich die Itharer? Hatten sie Argos mit einem unerwarteten Manöver überrascht? Und wo blieben die verdammten Drachen? Suchend schweifte sein Blick zu den Wolken empor. Nichts.

      »So kann das nicht weitergehen«, blaffte er Theleus an. »Wo sind die Späher? Ich muss wissen, wie es steht.«

      »Ich fürchte, die sind alle unterwegs, um nach Kyperern Ausschau zu halten.«

      »Boros, wähle zwei Männer mit schnellen Pferden aus! Ich will, dass sie von beiden Seiten das Schlachtfeld umkreisen und mir Bericht erstatten.«

      Der Krieger nickte und ritt davon. Kurz darauf jagten zwei Späher auf die Ebene hinaus. Die kämpfenden Heere verschwammen immer mehr zu einem Gewühl aus hektischen Bewegungen und Staub. Athanor glaubte, die aufgewühlte Erde und das Blut zu riechen. Schreie und Waffengeklirr wehten herüber. Am liebsten wäre er wie die Löwen in den Käfigen der Arena auf- und abgelaufen, doch das Pferd hin- und herzuscheuchen, war nicht dasselbe. Mühsam zwang er sich zur Ruhe. Vor den Kriegern musste er Überlegenheit und Zuversicht ausstrahlen.

      »Was zum …« Theleus brach ab, und Athanor folgte seinem Blick zu einigen Männern, deren aufgeregte Rufe der Wind von ihm wegtrug. Die Krieger deuteten auf einen einzelnen Reiter, der sich aus der Richtung der Kyperer näherte.

      »Da stimmt etwas nicht.« Athanor gab seinem Pferd die Sporen. Der Kundschafter hing so tief über dem Hals seines Tiers, dass es aussah, als fiele er jeden Augenblick aus dem Sattel. Selbst als Athanor und Theleus auf ihn zugaloppierten, rührte er sich nicht. Schon konnte Athanor den Pfeil sehen, der aus dem Rücken des Mannes ragte. Hoffentlich ist er nicht tot und kann noch sprechen.

      »Späher!« Athanor zügelte sein Pferd vor dem Verwundeten und drängte es langsam näher. Es war nicht derselbe Mann, der Argos von den Kyperern berichtet hatte, denn dieser hier hatte blondes


Скачать книгу