Der Synodale Weg - E-Book. Anne Preckel

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waren zahlreiche Fälle vermerkt.

      Die Bischofskonferenz sprach mit Blick auf diese Ergebnisse von „Erschütterungen“ und einer „Zäsur“ für die katholische Kirche. (2) Die Emotionen schlugen hoch, die Debatte wurde hitziger. Mit der Frauengruppe Maria 2.0 gingen Teile des katholischen Kernmilieus auf die Barrikaden, andere Menschen wandten sich ganz von der Kirche ab. Kritik kam jetzt zunehmend auch aus der Kirche selbst, und der Ruf nach grundsätzlichen Reformen wurde lauter. Diskussionen über klerikale Macht und „Risikofaktoren“ für Missbrauch in der Kirche, über mehr Mitsprache für Laien und Frauen gewannen an neuer Fahrt. Vor dem Hintergrund immer neuer Enthüllungen auch in anderen Ländern der Welt und in höchsten kirchlichen Kreisen geriet das System Kirche zunehmend ins Visier. Angesichts der offenbar gewordenen Vertuschungen war der „Verdacht entstanden, die Kirche diene nur ihrem eigenen Vorteil und der Sicherung ihrer Macht“, brachte der päpstliche Missbrauchsbeauftragte Pater Hans Zollner dies auf den Punkt. Die Kirche müsse jetzt „über ihre jahrzehnte- und jahrhundertelang eingeübten Denkmuster streiten. Keine Beschäftigung mit dem Einzelfall und kein päpstliches Machtwort kann das ersetzen“, so der Jesuit, der im Februar 2019 eine internationale Kinderschutzkonferenz im Vatikan ausrichtete. (3)

       Fehlendes Vertrauen in die Kirche

      Mehr als 200.000 Menschen traten 2018 in Deutschland aus der katholischen Kirche aus. Es war die zweithöchste Zahl seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Bis 2060 könnte sogar die Hälfte der Kirchenmitglieder wegbrechen. (4) Eine Ursache dafür dürfte der sexuelle Missbrauch sein. Das Vertrauen in die Kirche hat sehr gelitten. Der Gemeinwohlatlas 2019 zeigt wie sehr, laut dem die katholische Kirche aktuell auf Platz 102 liegt, das ist ziemlich weit hinten und knapp vor dem Deutschen Fußballbund. (5)

       Ein Weg der Erneuerung und Umkehr

      Vom Missbrauchsdebakel und dem Aufruhr im Kirchenvolk umgetrieben beschlossen die deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung 2019 in Lingen einen „verbindlichen Synodalen Weg“. (6) Angesichts der „schweren Krise“ der Kirche setzen sie sich ab Dezember 2019 mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen, um über kirchliche Reformen zu sprechen. Dabei wird im Rahmen einer strukturierten, zunächst zweijährigen Debatte über Macht und Ämter in der Kirche, Priester, Sexualmoral und die Beteiligung von Frauen und Laien diskutiert. Grundsätzlich geht es um einen „Weg der Umkehr und Erneuerung“, heißt es in der Präambel zum Synodalen Weg. Dabei setze man auf das „große Engagement aller, die in der Kirche aktiv mitarbeiten“. (7)

      Bei der Suche nach Reformwegen für die Kirche in Deutschland liegt der Akzent gewollt auf „gemeinsam“: Das Wort „synodal“ leitet sich vom griechischen Begriff „synodos“ ab und bedeutet „gemeinsamer Weg“. Papst Franziskus hat sich im Juni 2019 in einem Brief an Deutschlands Kirche grundsätzlich offen gegenüber dem Projekt gezeigt. (8)

       Wer verantwortet den Synodalen Weg?

      Der Synodale Weg wird von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gemeinsam verantwortet und partnerschaftlich gestaltet.

       Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und seine Kernforderungen

      Das ZdK ist der Zusammenschluss von Vertretern der Diözesanräte, der katholischen Verbände und von Institutionen des Laienapostolates sowie weiterer Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft. Es nahm die Einladung zur Reformdebatte im Mai 2019 unter der Bedingung an, dass bei den Bischöfen „der Wille zu wirklicher Veränderung erkennbar“ sein müsse. Der Synodale Weg dürfe keine „Besänftigungs- und Beschäftigungstherapie“ für das Volk Gottes sein. (1) Er sei eine logische Folge der „tiefen Krise der katholischen Kirche in Folge des in den letzten Jahren bekanntgewordenen Ausmaßes sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch katholische Geistliche“. (2) Kernforderungen des ZdK sind: eine Trennung von Exekutive und Judikative im Kirchenrecht im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz, Transparenz und eine gleichberechtigte Teilhabe von Laien an der Kirchenleitung, der Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, Einsatz für die Abschaffung des Pflichtzölibates, ein Wandel in der kirchlichen Sexualmoral und einheitliche Standards für die Priesterausbildung. (3)

       Deutsche Bischofskonferenz

      Trotz unterschiedlicher Präferenzen innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz zur Ausrichtung des Synodalen Weges erklärten sich bei ihrer Vollversammlung im September 2019 letztlich alle Bischöfe dazu bereit, das Projekt mitzutragen. (4) Sie begründen den Synodalen Weg vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals: „Erschütterungen verlangen besondere Vorgehensweisen. Die Missbrauchsstudie und in ihrer Folge die Forderung Vieler nach Reformen zeigen: Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur. Der Glaube kann nur wachsen und tiefer werden, wenn wir frei werden von Blockierungen des Denkens, der freien und offenen Debatte und der Fähigkeit, neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen.“ (5)

       Themenschwerpunkte

      Die Themenschwerpunkte des Synodalen Weges haben die Bischöfe gemeinsam mit den Laienvertretern festgelegt. (6) Sie lauten „Macht und Gewaltenteilung: Gemeinsame Teilhabe und Teilnahme am Sendungsauftrag“, „Leben in gelingenden Beziehungen: Liebe leben in Sexualmoral und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“. Auf Anregung des Zentralkomitees kam in der Vorbereitungsphase noch ein viertes Thema dazu, das behandelt werden soll: „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“.

       Satzung des Synodalen Weges

      Gemeinsames Organ der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist die Gemeinsame Konferenz, in der Kleriker wie Laienvertreter sitzen. Für die Vorbereitung des Synodalen Weges wurde diese Konferenz, die im Zuge der Würzburger Synode (1971–1975) als ständiges Organ mit je zehn Vertretern der DBK und des ZdK errichtet worden war, auf rund 50 Personen erweitert. (7) Das Gremium klärte zum Beispiel Fragen zu den einzelnen Foren und zur Satzung ab.

      In der Satzung des Synodalen Weges sind die Ausrichtung und Regeln des Reformweges festgeschrieben. (8) Sie definiert, was der Weg ist, was er soll und wer am Ende entscheidet. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte die letzte Fassung dieser Verfahrensordnung einschließlich einer Präambel auf ihrer Herbstvollversammlung im September 2019 in Fulda mit einer großen Mehrheit gutgeheißen, das Zentralkomitee gab Ende November grünes Licht. (9)

       Geplanter Verlauf des Synodalen Weges

      Nach dem Start des Synodalen Weges am 1. Dezember 2019 soll der Dialog für zunächst zwei Jahre laufen. Meilensteine sind die zwei mehrtägigen Plenarversammlungen Ende Januar und Anfang September 2020. Weitere Synodalversammlungen sind für das Jahr 2021 geplant. Als Ort für den Austausch wurde der Frankfurter Bartholomäus-Dom gewählt, in dessen Vorgängerbau im Jahr 794 auf Einladung Karl des Großen die Synode von Frankfurt zusammentrat, um diverse theologische und politische Fragen zu erörtern.

       Wer hat die Debatten vorbereitet?

      Für die Vorbereitung und Durchführung der Debatten greift ein Prozess, der in der Satzung des Synodalen Weges genau festgelegt ist. (1) Grundsätzlich werden Themen und Debatten von der Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gemeinsam aufbereitet und gestaltet.

      Für die inhaltliche Vorbereitung der Debatten sind die sogenannten „Synodalforen“ zuständig, die jeweils unter


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