Der Synodale Weg - E-Book. Anne Preckel

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„verbindlich festgeschrieben“ werden. Mehr Mitsprache der Laien könnte es zum Beispiel bei der Verteilung der Kirchensteuer geben, auch für die Heilige Messe könnte man einen Predigtdienst von Gläubigen beschließen. Zudem könnten Leitungsämter ausschließlich auf Zeit vergeben und Führungspersonen auf allen Ebenen durch unabhängige Gremien kontrolliert werden, um Machtmissbrauch vorzubeugen.

      Theologisch begründet wird die angepeilte Umverteilung mit einer „fundamentalen Gleichrangigkeit aller Kirchenmitglieder“, die sich „im gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen“ ausdrückt. Strukturen und Machtverhältnisse müssten demnach „am Maßstab des Evangeliums überprüft und korrigiert werden“, vonnöten sei eine grundlegende Reform. Der Synodale Weg soll dabei klären, „welche Möglichkeiten das Kirchenrecht bereits gegenwärtig bietet und welche Änderungen einer neuen rechtlichen Fassung bedürfen würden.“

       Weihe und Macht

      Zur Sprache kommen soll im Macht-Forum auch die Frage, inwieweit Leitungsgewalt und Entscheidungsmacht notwendig an eine Weihe geknüpft sein müssen. Nach dem bisherigen Modell sind es vor allem Bischöfe, denen in vielerlei Hinsicht Macht zugesprochen wird. Hier könnte man Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auf mehrere Köpfe, insbesondere Laien, verteilen. In einer Audienz für Mitarbeiter des vatikanischen Laien-Dikasteriums befürwortete der Papst im November 2019 zum Beispiel erstmals auch die Besetzung von Spitzenämtern der Kurie mit Frauen. (5) Diese Ämter sind im Vatikan bislang fast ausschließlich von Erzbischöfen oder Kardinälen besetzt.

       Päpstliche Kritik des Klerikalismus

      Dass die Machtfrage in der katholischen Kirche heute mit Nachdruck gestellt wird, kann sicher nicht getrennt von Papst Franziskus gesehen werden. Regelmäßig übt er Kritik am Klerikalismus, womit der Papst die Selbstüberhöhung und Überlegenheitsgefühle mancher Kleriker gegenüber Laien meint. Unvergessen ist seine Weihnachtsansprache an die Römische Kurie, in der er 15 kuriale Krankheiten benannte und den Kardinälen ins Gewissen redete. (6)

      Auch den Zusammenhang zwischen Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch hat der Papst benannt. Sexueller Missbrauch sei „immer die Folge von Machtmissbrauch, der Ausbeutung der schwächeren Position der wehrlosen missbrauchten Person, welche die Manipulierung ihres Gewissens und ihrer psychischen und körperlichen Schwachheit ermöglicht“, sagte er im Februar 2019 bei einer internationalen Kinderschutzkonferenz im Vatikan. (7)

       Worum geht es im Forum Sexualmoral?

      Unter dem Titel „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualmoral und Partnerschaft“ sollen in diesem Forum Fragen der kirchlichen Sexualmoral behandelt werden. (1) Hintergrund ist der Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche in Fragen der Sexualmoral in Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen und zweitens die schon länger beklagte Kluft zwischen der kirchlichen Lehre und dem Leben der Gläubigen.

      „Der Vorwurf lastet schwer, die Kirche genüge ihren eigenen hohen moralischen Ansprüchen nicht“, heißt es im Arbeitspapier der vorbereitenden Gruppe mit Blick auf die Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Immer weniger Menschen trauten der Kirche nach den Missbrauchsskandalen überhaupt noch ein Urteilsvermögen in Fragen der menschlichen Sexualität zu.

       Empfängnisverhütung, außerehelicher Sex, wiederverheiratete Geschiedene und Homosexualität

      Eine Kluft zwischen Lehre und Leben zeige sich heute besonders hinsichtlich Fragen der Empfängnisverhütung, des außerehelichen Sex, der wiederverheirateten Geschiedenen und der homosexuellen Partnerschaften, heißt es weiter. Kardinal Reinhard Marx formulierte dazu im Vorfeld des Synodalen Weges: „Die Sexualmoral der Kirche hat entscheidende Erkenntnisse aus Theologie und Humanwissenschaften noch nicht rezipiert. Die personale Bedeutung der Sexualität findet keine hinreichende Beachtung. Wir spüren, wie oft wir nicht sprachfähig sind in den Fragen an das heutige Sexualverhalten“. Die Moralverkündigung gebe der überwiegenden Mehrheit der Getauften keine Orientierung. (2)

      Im Umgang mit und der Bewertung von Homosexualität hat Papst Franziskus seit seinem Amtsantritt eine gewisse Offenheit gezeigt. Es wandte sich im Jahr 2013 gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung von Homosexuellen. Auf seinem Rückflug vom Weltjugendtag in Brasilien sagte er vor Journalisten: „Wenn einer homosexuell ist und Gott sucht und guten Willen hat – wer bin dann ich, ihn zu verurteilen?“ (3) Gleichwohl lehnt die katholische Kirche auch unter Franziskus eine gelebte Homosexualität und die gleichgeschlechtliche Ehe ab. (4)

      Das Vorbereitungsforum zum Thema Sexualmoral war sich bei der Frage, ob es eine neue kirchliche Sexualmoral braucht, nicht ganz einig, wie aus seinem Arbeitspapier hervorgeht. Eine Mehrheit der Teilnehmer hielt es für notwendig, die bisherigen Normen grundsätzlich zu überprüfen. Wogegen ein anderer Teil forderte, sie müssten heute lediglich plausibler erklärt und vermittelt werden. Dementsprechend unterschiedliche Antworten gaben die Teilnehmer hinsichtlich konkreter Fragen der Sexualität und des Umgangs mit Sexualität. Uneins war man sich zum Beispiel bei der Frage der sexuellen Selbstbestimmung und hinsichtlich einer Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.

       Evangelii gaudium und Amoris laetitia

      Für die Vorbereitung des Gesprächsforums zum Thema Sexualmoral wurden Ergebnisse von Befragungen einbezogen, die Papst Franziskus im Vorfeld der beiden Weltbischofssynoden zum Thema Ehe und Familie von 2014 und 2015 weltweit unter Gläubigen durchführen ließ. Es war das erste Mal, dass der Vatikan auf diese Weise Meinungen der Gläubigen in die Vorbereitung einer Synode einbezog. (5) Auch stützte sich das Vor-Forum zur Sexualmoral auf die beiden Schreiben von Papst Franziskus „Evangelii gaudium“ (2013) und „Amoris laetitia“ (2016). In „Evangelii gaudium“ hatte er dazu ermutigt, das Evangelium nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Frische und Freude zu vermitteln. (6) In „Amoris laetitia“ hatte der Papst betont, dass das Gewissen der Gläubigen bei Fragen der Ehe und Familie ernster genommen werden müsse. (7)

       Worum geht es im Priester-Forum?

       Sendung aller Gläubigen

      Die Aufgaben, das Amt und die Lebensform der Priester in der heutigen Zeit sind ein Schwerpunkt des Forums „Priesterliche Existenz heute“. Allerdings legte das vorbereitende Forum Wert darauf, die priesterliche Existenz „nicht als Stand, sondern nach den Kriterien der Evangelisierung“ zu behandeln und grundsätzlich über die Sendung aller Gläubigen in einer säkularer werdenden Gesellschaft zu sprechen. (1) Der Ansatz ist hier, dass Priester ebenso wie nicht geweihte Gläubige Wege finden müssen, um auf den Glaubensschwund und die Krise der Kirche zu reagieren.

       Zölibatäre Lebensform

      Gleichwohl waren im Kontext des Missbrauchsskandals gerade klerikale Lebensformen und Ämter problematisiert worden. Mit Blick auf die katholischen Geistlichen war von Schwierigkeiten mit der eigenen Sexualität und dem Zölibat sowie Amtsmissbrauch die Rede gewesen. (2) „Wir wissen, dass die Lebensform der Bischöfe und Priester Änderungen fordert, um die innere Freiheit aus dem Glauben und die Orientierung am Vorbild Jesu Christi zu zeigen“, formulierte Kardinal Marx im Vorfeld des Synodalen Weges: „Den Zölibat schätzen wir als Ausdruck der religiösen Bindung an Gott. Wie weit er zum Zeugnis des Priesters in unserer Kirche gehören muss, werden wir herausfinden.“ (3) Im Vor-Forum zur priesterlichen Existenz wurde dann unter anderem die Frage formuliert, ob der Zölibat die allein angemessene Lebensform der Priester sei.

       Ausbildung


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