Heißes Blut. Un-su Kim

Heißes Blut - Un-su Kim


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erstarrte, doch im nächsten Moment entspannten sich seine Gesichtszüge wieder.

      »Weißt du eigentlich, wie du mit mir redest? Dein Großer Bruder ist so nett, dich zu sich zu rufen, und was machst du? Pflaumst ihn an! Du kannst nicht immer gleich abblocken, das musst du dir mal abgewöhnen. Wie stehe ich denn da, wenn du so kategorisch reagierst? Wie ein alternder Trottel!«

      »Sorry, tut mir leid. Aber was Sie da von mir verlangen, ist wirklich ein bisschen heikel. Ein paar Kisten in einem Container, okay, aber einen ganzen Container Alkohol können unsere Leute vom Zoll nicht durchwinken. Und dann gleich fünf, ich wüsste nicht, wie das gehen soll.«

      »Mann, was habt ihr denn eigentlich für Methoden, um Geld zu verdienen, du und deine Schisser-Truppe? Vor Kurzem habe ich gehört, dass jemand fünfzig Nordkoreaner und Chinesen aus Janji eingeschleust hat, alle in einem einzigen Container, wie Sardinen in der Büchse. Warum solltest du also nicht fünf lausige Wodka-Container reinschmuggeln können? Mal ehrlich, du weißt, dass es machbar ist, aber du hast Angst vor Vater Son, oder?«

      »Er ist mein Boss, und ich bin sein Angestellter, ist ja wohl normal, dass ich vorsichtig bin, oder?«

      »Ein Mann muss sein eigener Herr sein. Als ich Manager im Mallijang war, habe ich immer mein eigenes Ding gemacht, ob mit Bohnen oder Waffen, ganz egal, was der Alte gesagt hat. Der hat sich sowieso nicht getraut, bei mir Protest anzumelden. Das mit dem chinesischen Chilipulver ist ja schön und gut, aber wann kassierst denn du mal was?«

      Yangdong hatte recht, und Huisu nickte. Beim bloßen Gedanken an das verfluchte Chilipulver bekam er Kopfschmerzen. Wie auch immer, Vater Son würde niemals zustimmen, Wodka in solchem Umfang durch den Hafen zu bringen. Wo trieb Yangdong diese unglaublichen Wodkamengen eigentlich auf? Sicher nicht in Guam, denn alles, was dort durch den Hafen ging, kontrollierte Vater Son. Und erst recht nicht im Nordhafen, den hatte Doyen Nam mit seinem Yeongdo-Clan fest im Griff und belieferte die Konkurrenz in Wollong, Chungmudong und Nampo-dong.

      »Ich habe eben gesehen, dass Sie schon reichlich Wodka haben – wo kommt der her?«

      »Tja, wir wissen uns zu helfen. Ich arbeite seit dreißig Jahren in diesem Milieu, da habe ich schon ein paar Kontakte«, erwiderte Yangdong und wich Huisus Blick aus.

      »Und diese Wodkamengen reichen Ihnen nicht?«

      »Um unser Viertel zu beliefern, schon. Aber ich will das Geschäft ausweiten, es ein bisschen ankurbeln, verstehst du? Jetzt ist genau der richtige Moment. Aber ich habe nicht genug Munition, um zum Angriff zu blasen.«

      Huisu nickte geistesabwesend.

      »Du bekommst eine Provision, die dich nicht enttäuschen wird. Und sollte die Sache heiß werden, nehme ich alles auf meine Kappe. Du hast nichts zu befürchten.«

      In gewissem Sinn hatte Yangdong ja recht. Das Schmuggelgeschäft war so oder so riskant, ob nun mit Bohnen oder mit Pistolen. Wenn Yangdong ihn deckte, hatte er nichts zu verlieren.

      »Wenn das so ist, Großer Bruder, versuchen Sie, Chef Yang rumzukriegen. Dann kümmere ich mich um die Russen«, sagte Huisu.

      »Und Chef Park?«

      »Chef Park hat in letzter Zeit fett verdient, der steigt beim leisesten Risiko aus. Aber wenn Sie wollen, fühlen Sie da mal ein bisschen vor, dann rufe ich Chef Yang an.«

      »Chef Park stopft sich wirklich schon seit Längerem kräftig die Taschen voll. Der hat bestimmt die eine oder andere Immobilie, von der keiner weiß.«

      »Wenn zu dem, was Sie schon haben, noch fünf Container dazukommen, wird das nicht zu viel? Sind Sie sicher, dass Sie das alles loswerden?«

      »Warum sollte ich Sachen bestellen, die ich nicht loswerde? Keine Sorge, es gibt überall Tische, die nur auf Wodka warten.«

      Huisu warf einen kurzen Blick auf die Uhr. »Kann ich dann gehen, ist alles klar?«

      »Nein, nein, ich wollte noch etwas mit dir besprechen. Bist du heute sehr beschäftigt? Hast du noch Zeit für einen Drink?«

      »Vielleicht nicht ausgerechnet heute, wenn das okay ist? Ich habe heute Nachmittag noch einiges zu regeln.« Huisu blickte wieder auf die Uhr, als hätte er es wirklich eilig.

      »Im Hotel scheint’s ja viel Arbeit zu geben«, sagte Yangdong sichtlich enttäuscht.

      »Arbeit, die nichts einbringt. Sie kennen ihn doch … dauernd nervt uns der alte Mann mit seinen kleinen, mickrigen Betrügereien.«

      »Oh ja, ich kenne ihn gut. An seiner Krämerseele wird sich nichts mehr ändern. Was war’s noch gleich, als ich für ihn gearbeitet habe? Ach ja, falsches Sesamöl. Dieses verdammte Öl, was habe ich dafür geschuftet, irgendwann dachte ich, ich gehe noch dabei drauf. Gangster, die Samen auspressen, glaubst du das? Mit Ölpressen wird man kein großer Gangsterboss. Gangster sein, das heißt vor allem Ehrgefühl haben, sage ich immer. Ein Gangster muss nach Gangster riechen. Wenn er nach Essen riecht, ist es aus.«

      Huisu nickte höflich. »Gut, dann trinke ich zwar nichts, aber ich habe noch einen Moment, um zu hören, was Sie mir sagen wollen.«

      »Dann lade ich dich zu einem Kaffee ein.«

      Über die Sprechanlage gab Yangdong seiner Sekretärin den Auftrag. Kurz darauf kam sie mit zwei Tassen Kaffee ins Büro und stellte sie auf den Tisch.

      Yangdong starrte auf den Hintern der jungen Frau, dann runzelte er die Stirn. »He, Miss Kim, ich hab dir doch schon gesagt, du sollst keine Hosen anziehen. Röcke sind mir lieber.«

      »Damit Sie dauernd ihre Pfoten drunterschieben können?«, erwiderte die junge Frau kühl, mit feindseligem Blick, und ging wieder. Yangdong starrte ihr nach, die Augen auf ihre festen Gesäßbacken geheftet, und schluckte.

      »Sagen Sie mal, für Ihr Alter haben Sie aber echt noch Feuer«, frotzelte Huisu.

      »Da irrst du dich. Wenn man älter wird, hat man unten keine Kraft mehr. Die ganze Energie geht hoch ins Mundwerk. Und dann fickst du nicht mehr mit dem Schwanz, sondern mit Worten.«

      Er sah Huisu forschend an, zog an seiner Pfeife und entließ kleine Rauchwölkchen. Er trat ans Fenster, vergewisserte sich, dass draußen niemand war, ließ die Jalousie herunter. Zurück auf dem Sofa, beugte er sich mit ernster Miene zu Huisu vor, bis ihre Köpfe sich fast berührten. Unbehaglich wandte Huisu sein Gesicht der Topfpflanze zu.

      »Huisu, ich habe derzeit große Pläne.«

      »Aha, ein großer Coup?«

      »Ich kenne einen Japaner mit koreanischen Wurzeln, er heißt Kim und verkauft Karaoke-Anlagen und Pachinko-Automaten, die er aus Japan holt. Während sich andere für ein Pachinko-Touristenhotel gegenseitig die Köpfe einschlagen, verkauft er still und leise seine Geräte und verdient sich damit eine goldene Nase. Für ihn ist die Ära der Pachinko-Hotels in unserem Land vorbei, vor allem weil die Lizenzen inzwischen so schwer zu kriegen sind. Außerdem ist es aufwendig, dafür ein ganzes Touristenhotel zu bauen: die baurechtlichen Verhandlungen mit den Gangstern vor Ort, die Bestechungsgelder für die Beamten … Am Ende bleibt nichts übrig. Seiner Meinung nach liegt die Zukunft in Spielhallen für Erwachsene.«

      »Mit Münzautomaten für Videospiele, so wie für Kinder?«

      »In den Spielhallen für Erwachsene spielt man nicht direkt mit Geld, sondern wie bei den Pachinkos mit Gutscheinen. Ein Hotel muss man bauen, während du für eine Spielhalle nur ein Ladenlokal von der Größe eines Billardsalons brauchst, dann bekommst du die Lizenz ohne Probleme. Und wenn es nicht läuft, hörst du einfach auf und versuchst, woanders eine Halle aufzumachen. In Seoul, in Daejeon, eigentlich überall machen in letzter Zeit immer mehr davon auf. Also habe ich beschlossen, in das Geschäft mit Automaten für Spielhallen einzusteigen, und zwar mit den topaktuellen aus Japan.«

      »Das heißt, Sie wären nicht Betreiber, sondern nur Ausstatter?«

      »Genau. Um selbst eine Spielhalle zu betreiben, müsste ich ziemlich viele von meinen Jungs reinsetzen und würde damit im Viertel einer ganzen Menge von Leuten auf die Füße treten, man


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