Heißes Blut. Un-su Kim

Heißes Blut - Un-su Kim


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an den Einnahmen kassieren.«

      »Wollen Sie die Maschinen aus Japan kommen lassen?«

      »Nein, die sind zu teuer, da würde für uns nichts übrig bleiben. Mit Kim, dem Japaner, suchen wir gerade eine Fabrik. Der Techniker, der für ihn arbeitet, ist sehr fit, die Maschinen, die er baut, sind exakt die gleichen wie in Japan. Wäre das nicht was für dich, Huisu? Du könntest die Fabrik und den kaufmännischen Teil des Geschäfts leiten.«

      Huisu nahm sich eine Zigarette. Yangdong entzündete ein Streichholz und hielt es erst an Huisus Zigarette und dann an seine erloschene Pfeife. Der Vorschlag war interessant. Als damals die Karaoke-Bars plötzlich wie Pilze aus dem Boden schossen, hatte Huisu von einem Typen gehört, der angeblich Milliarden von won damit verdiente, Anlagen aus Japan zu importieren und zu verkaufen. Wenn das Betreiben einer Spielhalle so kompliziert war, warum nicht einfach die Sahne abschöpfen, indem man sich nur um die Automaten kümmerte?

      »Aber wenn die Typen, die bisher Pachinko-Automaten verkauft haben, Kunden verlieren, werden sie sich wehren. Glauben Sie, dass man denen die Stirn bieten kann? Die sind weit über Busan hinaus gut vernetzt.«

      »Freuen werden die sich nicht, das ist klar, die haben sich den Arsch aufgerissen, um ihre Lizenz zu kriegen.«

      »Das wird mächtig Chaos geben.«

      »Ja, ein bisschen Aufregung wird es geben, aber was können die konkret gegen uns ausrichten? Die Dinge haben sich geändert, es gibt keine Bandenkriege mehr, bei denen man die Messer tanzen lässt. Siehst du hier in Busan überhaupt noch Gangster? Jo Seunsik, der übergeschnappte Staatsanwalt, hat sie doch alle eingebuchtet. Der hat sich so ins Zeug gelegt, dass es heute keinen einzigen Gangsterboss mehr gibt. Und die paar, die ihm durch die Lappen gegangen sind, haben sich verkrochen. Ich sage dir, Busan ist ein Niemandsland geworden.«

      »Na ja, genau das meinte ich ja: In einer Zeit, in der man schon verhaftet wird, weil man drei Gangster um sich versammelt, wollen Sie so ein Geschäft aufziehen?«

      »Jo Seunsik hat sich vor Kurzem aus Busan verpisst. Verstehst du, was das bedeutet?«

      »Dass er alle, die er schnappen wollte, geschnappt hat.«

      »Bingo. Und dass die ganze Show um diesen angeblichen Krieg gegen das Verbrechen vorbei ist. Umso besser für die Bevölkerung, die es bestimmt satthat, jeden Tag in der Presse detailliert nachzulesen, wie mal wieder eine Gang abgeschlachtet wurde. Und überhaupt, gibt es einen einzigen Politiker, der keine Kohle von denen bekommen hat? Oder einen Beamten, der nicht geschmiert wurde? Alle haben die Nase voll. Das ist genau der richtige Zeitpunkt. Die Revierkämpfe müssen aufhören, von jetzt an müssen wir auf das Produkt setzen. Wir sind doch nicht mehr im Mittelalter.«

      Huisu nickte. Yangdongs Vorschlag klang überzeugend. Es schien wirklich ein lukratives Geschäft zu sein, und seine Analyse der Situation in Busan war richtig. Der Krieg gegen die Unterwelt hatte zu einer Flut von Verhaftungen geführt, die meisten Gangsterbosse von Busan saßen hinter Gittern. Auch ihre Bandenmitglieder hatte man weggesperrt, einige Clans existierten einfach nicht mehr. Wer dieser Treibjagd entronnen war, hatte sich noch nicht aus seinem Versteck hervorgewagt. Es war wirklich der richtige Zeitpunkt, um ein neues Geschäft aufzuziehen. Aber niemand durfte erwarten, dass dieses neue Business reibungslos in Gang kommen und dann ein Selbstläufer sein würde. Da täuschte sich Yangdong: Nichts lief im Leben jemals so wie erwartet. Wenn sich ein Gangster bereicherte, erlitt ein anderer zwangsläufig Verluste, und niemand ließ sich einfach so die Butter vom Brot nehmen. Vielleicht würde es keine massiven Konflikte geben, aber ein paar Messerstechereien wahrscheinlich schon; der eine oder andere würde ins Ausland fliehen oder im Gefängnis landen. Plötzlich dachte Huisu an sein Alter. Er war nicht mehr so schnell und geschmeidig wie früher; würde er es überhaupt noch schaffen, vor einem Haufen junger Kerle, die auf eine Stecherei aus waren, zu fliehen? Ob er als Krüppel enden oder selbst zustechen und in den Knast wandern würde – im schlimmsten Fall wäre sein Leben gelaufen.

      »Das ist keine kleine Sache«, sagte er.

      »Nein. Es geht darum, den ganzen Markt von Busan zu erobern.«

      »Müsste ich das Mallijang verlassen?«, fragte Huisu leise.

      »Ja, wäre besser. Das wird ein ziemlich fordernder Job.«

      Yangdong klang pathetisch, und er strotzte vor Zuversicht. Huisu wurde unruhig. Was verbarg er hinter dieser Fassade? Huisu hatte eigentlich keine Ambitionen, den ganzen Markt von Busan zu erobern, reich zu werden oder an der Spitze einer wichtigen Organisation zu stehen. Das Feuer, das man brauchte, um von solchen Verrücktheiten zu träumen, war längst in ihm erloschen. Durchhalten war alles, wozu er noch fähig war, durchhalten von einem Tag auf den nächsten.

      »Meinen aufrichtigen Dank, Großer Bruder, dass Sie an mich gedacht haben. Seit meiner Jugend kümmern Sie sich um mich. Aber über diese Angelegenheit muss ich ein bisschen nachdenken. Im Hotel laufen einige Dinge, die ich zu Ende bringen muss. Ich kann den Alten nicht einfach so fallen lassen.«

      Es war ein vorsichtiger, aber eindeutiger Rückzug. Die Enttäuschung stand Yangdong ins Gesicht geschrieben. Er paffte an seiner Pfeife. »Wie alt bist du jetzt?«

      »Vierzig.«

      »Du bist nicht mehr ganz jung, oder?«

      »Tja, das stimmt.«

      Yangdong nahm einen langen Zug und wartete einen Moment. »Du kennst Anwalt Yang?«

      »Den Anwalt von Vater Son?«

      »Ich habe ihn neulich getroffen. Er hat mir gesagt, dass der Alte nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis so besorgt war, dass er sein Testament gemacht hat. Und dem Anwalt zufolge taucht dein Name darin nicht ein einziges Mal auf. Hast du gedacht, dass der Alte dir wenigstens das halbe Hotel hinterlässt, nachdem du dir jahrelang diesen undankbaren Managerjob angetan hast? Einen Scheißdreck macht er! Mit ein bisschen Glück hinterlässt er dir eine Bar oder zwei. Ich kenne den alten Geizkragen. Nach fünfundzwanzig Jahren treuer Dienste habe ich nicht mehr bekommen als dieses Schnapsdepot, mit einem alten Container als Büro und ringsum nichts als Brachland. An dem Tag, als ich aus dem Mallijang rausgeflogen bin und plötzlich in diesem ungeheizten Büro saß, habe ich endlich kapiert, dass ich mein Leben weggeschmissen hatte – so lange für diesen Typen zu arbeiten! Das Pflichtbewusstsein des aufrechten Gangsters? Treue? Ehrgefühl? Verfickte Hundescheiße ist das, mehr nicht! Verdammtes Gelaber von verdammten Bossen, damit sie sich allein den Bauch vollschlagen können. Mal unter uns, was macht er eigentlich konkret, dieser alte Pascha? Sich den Honig von den Fingern lecken, aber ansonsten? Nix! Dass die Geschäfte in Guam laufen, liegt nur an uns, wir reißen uns den Arsch dafür auf, lassen uns wegsperren und abstechen, oder etwa nicht? Und obwohl wir riskieren, geschnappt zu werden oder als Krüppel zu enden, arbeiten wir weiter. So sieht’s aus, das ist unser Leben, während der Alte bequem in seinem Sessel sitzt, zu den angesehensten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Region zählt und mit Bürgermeistern und Abgeordneten Einweihungsbänder zerschneidet.«

      Huisu nickte mechanisch. Solche Reden hatte er oft gehört.

      »Dodari legt sich im Moment ganz schön ins Zeug, hast du das mitbekommen? Meiner Meinung nach hat er alles kapiert. Denn wenn Vater Son tot ist, wem gehört dann das Hotel? Die Sons sind nicht irgendein Clan: Die haben in Guam seit achtzig Jahren das Sagen. Nach dem Tod des Alten wird Dodari, dieser Flachkopf, als letzter Nachkomme der Sons das Mallijang erben, und du bist am Ende der Gelackmeierte.«

      »Wenn Dodari es kriegen soll, dann soll er’s halt kriegen. Was soll ich machen? Soll ich ihn umlegen oder was?«

      »Verdammt, hast du denn gar keinen Mumm in den Knochen? Was soll ich mit so einem Weichei überhaupt anfangen?« Aufgebracht zog Yangdong an seiner Pfeife, die inzwischen ausgegangen war, und schleuderte sie wütend auf den Boden.

      Huisu bückte sich und legte sie wieder auf den Tisch.

      »Huisu, hast du wenigstens deine eigenen vier Wände?«

      »Nein.«

      »Und was für ein Auto?«

      »Einen Daewoo


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