C -Die vielen Leben des Kohlenstoffs. Dag Olav Hessen

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hergestellt hat. Sicher ist, dass es bereits 1955 der General Electric Company gelungen ist, künstliche Diamanten in großem Stil herzustellen, wodurch der Wert der Firmenaktien an einem Tag um 300 Millionen Dollar anstieg.21 Heute übersteigt die jährliche Produktion synthetischer Diamanten 100 Tonnen pro Jahr. In erster Linie werden sie für industrielle Zwecke verwendet.

      Die Entdeckung des ersten Fullerens basierte auf einem Zufall. Es war das unerwartete Nebenprodukt eines komplizierten Versuches. Um langkettigen Kohlenwasserstoffen auf die Spur zu kommen, wie sie im Inneren von Sternen entstehen, wurden die Prozesse im Inneren eines Gasplaneten simuliert. Bei der Auswertung des Experiments entdeckte man Moleküle aus exakt 60 Page 46Kohlenstoffatomen. Ein chemisches Retortenbaby, das sich in allem von der bis dato bekannten Kohlenstoffchemie unterschied. Kohlenstoff kann sehr vielfältige Strukturen mit einer extrem unterschiedlichen Anzahl von Kohlenstoffatomen annehmen. Die Tatsache, dass all diese Moleküle exakt 60 Atome enthielten, deutete darauf hin, dass es sich um eine spezielle Struktur, eine Art geschlossene Einheit, handelte. (Leider ist das nichts, was man so einfach unter dem Mikroskop untersuchen kann.)

      Während in der Biosphäre 1, also auf der Erde, die Konzentration an CO2 und O2 seit vielen Tausend Jahren auffallend konstant ist, gab es bei den Gaskonzentrationen in dem geschlossenen Ökosystem ein stetes Auf und Ab. Die Tagesschwingungen der CO2-Konzentration konnten 600 ppm übersteigen, mit niedrigen Werten am Tag (wenn die Pflanzen CO2 aufnahmen) und hohen Werten in der Nacht. Noch drastischer wurde es im Winter während der geringsten pflanzlichen Aktivität. Die CO2-Konzentration erreichte in dieser Zeit mit 4.500 ppm einen Wert, der dem Zwölffachen des Niveaus auf der Außenseite entsprach. Da man sich im Inneren eines Treibhauses mit einem Lüftungssystem befand, trug das CO2 nicht zur Erwärmung bei, und als Gas ist CO2 nicht giftig.

      Negativ war allerdings die zunehmende Müdigkeit bei den acht Bewohnern der Kuppel, die allerdings nicht auf Page 48die hohe CO2-Konzentration, sondern auf den geringen Sauerstoffgehalt zurückzuführen war, der von 21 Prozent auf 4,5 Prozent gesunken war. Dieser Wert entspricht einem Aufenthalt in 4000 Metern Höhe, wo Gedanken und Bewegungen wie durch Sirup gebremst werden. Ein Erklärungsansatz war, dass der kohlenstoffhaltige Boden CO2 abgab und gleichzeitig wegen des bakteriellen Abbaus organischer Materialien O2 verbrauchte. Das Fundament bestand überdies aus kalkhaltigem Beton; dieser fixierte CO2 infolge einer Reaktion frei, der wir noch mehrfach begegnen werden: Ca(OH)2+CO2→CaCO3+H2O.

      Diese Reaktion wirkte sich nicht sonderlich auf den extrem hohen CO2-Gehalt der Kuppelatmosphäre aus. Sie fungierte aber über den im CO2 gebundenen Sauerstoff als zusätzlicher O2-Fänger. Zusätzlich stieg auch die Konzentration des dritten großen Treibhausgases an, nämlich des Lachgases (N2O). Die Konzentration erreichte mit der Zeit lebensbedrohliche Werte, wodurch sich der interne Stickstoff-Kreislauf veränderte. Schließlich musste man regelrecht mogeln und Frischluft in die Kuppel blasen, um weitermachen zu können. Es ist nicht einfach, die Natur zu kopieren, aber trotz aller Fehler und Einschränkungen war Biosphäre 2 ein beeindruckender Versuch.

      Einige Jahre nach meinen eigenen, bescheidenen Studien des Kohlenstoffzyklus am See in den Norwegischen Wäldern, besuchte ich selbst Biosphäre 2. Die Wüste Arizonas ist ein krasser Gegensatz zu dem feuchten, kohlenstoffreichen System in den nordischen Wäldern, da allein der kohlenstoffreiche Waldboden und die meterdicken Moorschichten bei kaltem und feuchtem Klima große Kohlenstoffspeicher darstellen. Die trockene, heiße Wüste Arizonas ist hingegen, wie alle Wüsten, extrem kohlenstoffarm. Im Sand ist nicht viel Kohlenstoff, und das wenige, was in den genügsamen Kakteen und Kreosotbüschen gebunden ist, wird beinahe vollständig an die Atmosphäre abgegeben, wenn die Pflanzen in dem heißen Page 49Klima absterben. Deshalb war der Kontrast zwischen der sonnenverbrannten Landschaft auf der Außenseite und der feuchten Fruchtbarkeit im Inneren von Biospäre 2 ein wirklich beeindruckendes Erlebnis. Die Kuppel mit ihren kleinen Ökosystemen ist noch heute intakt und einen Besuch wert. Sollte die Glaskuppel eines Tages verschwinden, wird es nur wenige Jahre dauern, bis all der lebenspendende Kohlenstoff, der unter der Kuppel so lange geschützt war, in der Sonne oxidiert wird und gemeinsam mit dem Wasser in der Atmosphäre verschwindet. So gesehen kann diese als düstere Metapher für ein Worst-Case-Szenario für »Biosphäre 1« (die Erde) angesehen werden, auch wenn dort der Treibhauseffekt eine der größten Bedrohungen darstellt. Zugegeben, ich bin, ausgehend vom Fulleren, etwas abgeschweift, aber Biosphäre 2 ruft uns in Erinnerung, wie sehr wir einen ausbalancierten Kohlenstoffkreislauf mit den richtigen Konzentrationen von Sauerstoff, Methan und Lachgas zu schätzen wissen sollten – und dass wir das alles auch in der »Biosphäre 1« keineswegs als selbstverständlich ansehen sollten.

      Der Traum von einem Kohlenstoffblatt mit der Dicke eines einzigen Atoms war nicht neu, aber als er realisiert wurde, geschah das mehr oder weniger zufällig. Es war im Jahre 2004, als Andre Geim und Konstantin Novoselov, etwas vereinfacht formuliert, eine einzelne Schicht Kohlenstoff mithilfe eines Klebebandes von einem Stück Kohle ablösten.


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