Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist


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      BARNABE:

       Schneid ich noch einen auf?

      URSULA: Nein, warte noch:

       Ich will erst Fliederblüte zubereiten.

       Laß du nur keinen in die Küche, hörst du?

       Und rühre fleißig, hörest du? Und sag

       Die Wünsche, hörst du?

      BARNABE: Ja doch, ja. – Wo blieb

       Ich stehn? Freuden vollauf – Nein, das ist schon vorbei.

       Gnädiger Schmerz: daß sich die liebliche Frucht

       Winde vom Schoß o nicht mit Ach! mir und Weh!

       Weiter mir nichts, bleibt mir ein Wünschen noch frei,

       Gütiger Gott mache die Mutter gesund.

       (Sie hält wie ermüdet inne.)

       Ja, lieber Gott! – Wenns Glück so süß nicht wär,

       Wer würd so sauer sich darum bemühn?

       Von vorn. Zuerst dem Vater:

       Ruh in der Gruft: daß ihm ein Frevlerarm nicht

       Über das Feld – – Ah!

      (Sie erblickt Ottokar, der bei den letzten Worten hereingetreten ist.)

      OTTOKAR: Was sprichst du mit

       Dem Kessel, Mädchen? Bist du eine Hexe,

       Du bist die lieblichste, die ich gesehn,

       Und tust, ich wette, keinem Böses, der

       Dir gut.

      BARNABE: Geh h'raus, Du lieber Herr, ich bitte dich:

       In dieser Küche darf jetzt niemand sein,

       Die Mutter selbst nicht, außer ich.

      OTTOKAR: Warum

       Denn just nur du?

      BARNABE: Was weiß ich? Weil ich eine Jungfrau bin.

      OTTOKAR:

       Ja darauf schwör ich. Und wie heißt du denn,

       Du liebe Jungfrau?

      BARNABE: Barnabe.

      OTTOKAR: So? Deine Stimme

       Klingt schöner, als dein Name.

      URSULA: Barnabe! Barnabe!

       Wer spricht denn in der Küch?

      (Ottokar macht ein bittend Zeichen.)

      BARNABE: Was sagst du, Mutter?

      URSULA:

       Bist du es? Sprichst du die drei Wünsche?

      BARNABE: Ja doch, ja,

       Sei doch nur ruhig.

       (Sie fängt wieder an, im Kessel zu rühren.)

       Aber nun geh fort,

       Du lieber Herr. Denn meine Mutter sagt,

       Wenn ein Unreiner zusieht, taugt der Brei nicht.

      OTTOKAR:

       Doch wenn ein Reiner zusieht, wird er um

       So besser.

      BARNABE: Davon hat sie nichts gesagt.

      OTTOKAR:

       Weils sich von selbst ergibt.

      BARNABE: Nun freilich wohl,

       Es scheint mir auch. Ich will die Mutter fragen.

      OTTOKAR:

       Wozu? Das wirst du selber ja verstehn.

      BARNABE:

       Nun, störe mich nur nicht. 's ist unser Glücksbrei,

       Und ich muß die drei Wünsche dazu sagen.

      OTTOKAR:

       Was kochst du denn?

      BARNABE: Ich? – Einen Kindesfinger:

       Ha! ha! Nun denkst du, ich sei eine Hexe.

      OTTOKAR:

       Kin – Kindesfinger?

      URSULA: Barnabe! Du böses Mädel!

       Was lachst du?

      BARNABE: Ei, was lach ich? Ich bin lustig,

       Und sprech die Wünsche.

      URSULA: Meinen auch vom Krebse?

      BARNABE:

       Ja, ja. Auch den vom Kalbe.

      OTTOKAR: Sag mir -? Hab

       Ich recht gehört –?

      BARNABE: Nein sieh, ich plaudre nicht:

       Ich muß die Wünsche sprechen, laß mich sein.

       Sonst schilt die Mutter und der Brei verdirbt.

      OTTOKAR:

       Hör, weißt du was? Bring diesen Beutel deiner Mutter,

       Er sei dir auf den Herd gefallen, sprich,

       Und komm schnell wieder.

      BARNABE: Diesen Beutel? 's ist

       Ja Geld darin. –

      OTTOKAR: Gibs nur der Mutter dreist,

       Jedoch verschweigs, von wem er kommt. Nun geh.

      BARNABE:

       Du lieber Gott, bist du ein Engel?

      OTTOKAR: Fort! Und komm bald wieder:

       (Er schiebt sie sanft ins Nebenzimmer; lebhaft auf und nieder gehend)

       Ein Kindesfinger! Wenns der kleine wäre!

       Wenns Peters kleiner Finger wäre! Wiege

       Mich, Hoffnung, einer Schaukel gleich, und gleich

       Als spielt' geschloßnen Auges schwebend mir

       Ein Windzug um die offne Brust, so wende

       Mein Innerstes sich vor Entzücken. – Wie

       Gewaltig, Glück, klopft deine Ahndung an

       Die Brust! Dich selbst, o Übermaß, wie werd

       Ich dich ertragen. – Horch! Sie kommt! Jetzt werd ichs hören!

      (Barnabe tritt auf, er geht ihr entgegen und führt sie in den Vordergrund.)

      Nun sage mir, wie kommt ihr zu dem Finger?

      BARNABE:

       Ich hab mit Muttern kürzlich ihn gefunden.

      OTTOKAR:

       Gefunden bloß? Auf welche Art?

      BARNABE: Nun dir

       Will ichs schon sagen, wenns gleich Mutter mir

       Verboten.

      OTTOKAR: Ja, das tu.

      BARNABE: Wir suchten Kräuter

       Am Waldstrom im Gebirg, da schleifte uns

       Das Wasser ein ertrunken Kind ans Ufer.

       Wir zogens drauf heraus, bemühten viel

       Uns um das arme Wurm; vergebens, es

       Blieb tot. Drauf schnitt die Mutter, die's versteht,

       Dem Kinde einen kleinen Finger ab;

       Denn der tut nach dem Tod mehr Gutes noch,

       Als eines Auferwachsnen ganze Hand

       In seinem Leben. – Warum stehst du so

       Tiefsinnig? Woran denkest du?

      OTTOKAR: An Gott:

       Erzähle mehr noch. Du und deine Mutter –

       War niemand sonst dabei?

      BARNABE: Gar niemand.

      OTTOKAR:


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