Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist


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in den Weg): Nein, im Ernst,

       Bleib hier, und sei so lustig, wie du kannst.

      OTTOKAR:

       Bei meinem Leben, ja, das bin ich nie

       Gewesen so wie jetzt, und möchte dir

       Die zähnelosen Lippen küssen, Alter.

       Du ziehst auch gern nicht in den Krieg, nun, höre,

       Sag deinem Weibe nur, ich bring den Frieden.

      FINTENRING:

       Im Ernste?

      OTTOKAR: Bei meinem Leben, ja.

      FINTENRING: Nun morgen

       Mehr. Lebe wohl. (Zum Kerkermeister.) Verschließe hinter mir

       Sogleich die Türe.

       (Zu Ottokar, da dieser ihm folgen will.)

       Nein, bei meinem Eid

       Ich sag dir, auf Befehl des Vaters bist

       Du ein Gefangner.

      OTTOKAR: Was sagst du?

      FINTENRING: Ich soll

       Dir weiter gar nichts sagen, außer dies.

      OTTOKAR:

       Nun?

      FINTENRING: Ei, daß ich nichts sagen soll.

      OTTOKAR: O bei

       Dem großen Gott des Himmels, sprechen muß

       Ich gleich ihn – eine Nachricht von dem höchsten

       Gewicht, die keinen Aufschub duldet, muß

       Ich mündlich gleich ihm hinterbringen.

      FINTENRING: So

       Kannst du dich trösten mindestens, er ist

       Mit Santing fort, es weiß kein Mensch wohin.

      OTTOKAR:

       Ich muß sogleich ihn suchen, laß mich. –

      FINTENRING (tritt ihm in den Weg): Ei

       Du scherzest wohl.

      OTTOKAR: Nein laß mich, nein, ich scherze

       Bei meiner Ritterehre nicht mit deiner.

       's ist plötzlich mir so ernst zu Mut geworden,

       Als wäre ein Gewitter in der Luft.

       Es hat die höchste Eil mit meiner Nachricht,

       Und läßt du mich gutwillig nicht, so wahr

       Ich leb ich breche durch.

      FINTENRING: Durchbrechen, du?

       Sprichst doch mit mir gleich wie mit einem Weibe!

       Du bist mir anvertraut auf Haupt und Ehre,

       Tritt mich mit Füßen erst, dann bist du frei.

       – Nein, hör, ich wüßte was Gescheuteres.

       Gedulde dich ein Stündchen, führ ich selbst

       Sobald er rückkehrt deinen Vater zu dir.

      OTTOKAR:

       Sag mir ums Himmelswillen nur, was hab

       Ich Böses denn getan?

      FINTENRING: Weiß nichts. – Noch mehr:

       Ich schick dem Vater Boten nach, daß er

       So früher heimkehrt.

      OTTOKAR: Nun denn, meinetwegen.

      FINTENRING:

       So lebe wohl. (Zum Kerkermeister.) Und du tust deine Pflicht.

      (Fintenring und der Kerkermeister ab; die Tür wird verschlossen.)

      OTTOKAR (sieht ihnen nach):

       Ich hätte doch nicht bleiben sollen. – Gott

       Weiß, wann der Vater wiederkehrt. – Sie wollten

       Ihn freilich suchen. – Ach, es treibt der Geist

       Sie nicht, der alles leistet. – – Was zum Henker,

       Es geht ja nicht, ich muß hinaus, ich habe

       Ja Agnes ins Gebirg beschieden. – Fintenring!

       Fintenring! (An die Türe klopfend.) Daß ein Donner, Tauber, das

       Gehör dir öffnete! Fintenring! – – Schloß

       Von einem Menschen, den kein Schlüssel schließt,

       Als nur sein Herr. Dem dient er mit stockblinder

       Dienstfertigkeit, und wenn sein Dienst auch zehnmal

       Ihm Schaden brächt, doch dient er ihm. – Ich wollt

       Ihn doch gewinnen, wenn er nur erschiene.

       Denn nichts besticht ihn, außer daß man ihm

       Das sagt. – – Zum mindsten wollt ich ihn doch eher

       Gewinnen, als die tauben Wände! Himmel

       Und Hölle! Daß ich einem Schäfer gleich

       Mein Leid den Felsen klagen muß! – – So will

       Ich mich, Geduld, an dir, du Weibertugend üben.

       – 's ist eine schnöde Kunst, mit Anstand viel

       Zu unterlassen – und ich merk es schon,

       Es wird mehr Schweiß mir kosten, als das Tun.

       (Er will sich setzen.)

       Horch! Horch! Es kommt.

      (Der Kerkermeister öffnet Eustachen die Türe.)

      EUSTACHE (zu diesem): Ich werd es dir Vergelten

      OTTOKAR:

       Ach, Mutter!

      EUSTACHE: Hör, mein Sohn, ich habe dir

       Entsetzliches zu sagen.

      OTTOKAR: Du erschreckst mich –

       – Wie bist du so entstellt?

      EUSTACHE: Das eine wirst

       Du wissen schon, Jerome ist erschlagen.

      OTTOKAR:

       Jeronimus? O Gott des Himmels! Wer

       Hat das getan?

      EUSTACHE: Das ist nicht alles. Rupert

       Kennt deine Liebe. –

      OTTOKAR: Wie? Wer konnt ihm die

       Entdecken?

      EUSTACHE: Frage nicht – o deine Mutter,

       Ich selbst. Jerome hat es mir vertraut,

       Mich riß ein übereilter Eifer hin,

       Der Wütrich, den ich niemals so gekannt –

      OTTOKAR:

       Von wem sprichst du?

      EUSTACHE: O Gott, von deinem Vater.

      OTTOKAR:

       Noch faß ich dich nur halb – doch laß dir sagen

       Vor allen Dingen, alles ist gelöset,

       Das ganze Rätsel von dem Mord, die Männer,

       Die man bei Peters Leiche fand, sie haben

       Die Leiche selbst gefunden, ihr die Finger

       Aus Vorurteil nur abgeschnitten. – Kurz,

       Rein, wie die Sonne, ist Sylvester.

      EUSTACHE: O

       Jesus! Und jetzt erschlägt er seine Tochter. –

      OTTOKAR:

       Wer?

      EUSTACHE: Rupert. Wenn sie in dem Gebirge jetzt,

       Ist sie verloren, er und Santing sucht sie.

      OTTOKAR (eilt zur Türe):


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