Europa im Schatten des Ersten Weltkriegs. Группа авторов

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poems, with a stubborn eagerness, the crafting of her lines repetitively resurfaces various manifestations of death, so as for Anna to mirror the – drilled within her bodily self – external, surrounding, and unremitting threats to life. Yet only – and that is where Akhmatova’s poetic and feminine genius lies – to serve, and further procure, the plentiful cathectic level of her aesthetic counteracting the drive-call of death, incessantly reaching out toward a resisting (form of the self-allured) “We”. It is not her (self)repression, but (self)revelation that determines Akhmatova’s repetition: her narrated disclosures involving always the life-versus-death zero-sum game, the strategy for achieving the artistic perfection, yet with such confessing sincerity that it could not but be rewarded Akhmatova’s return from death.

      For the repetitiveness of certain content cannot be stopped only by remembrance, by making it conscious to us, or by representation of the repressed event; it is possible only within and with the help of the theoretical concept of transference, although transference itself can again be reduced to repetition – but to the repetition that implies the emotional, bodily, dramatic, or theatrical element of change. It is transference that matters in Freud’s essay Beyond the Pleasure Principle, in Akhmatova’s poetry, and in my reading of them both. As Shoshana Felman says, literature functions in psychoanalysis precisely as its “unthinkable”, as the “condition of possibility and the self-subversive point of the psychoanalytic thought that takes from literature its logic and rhetoric”.3 Therefore, the death drive, exemplified in negations that are for Freud4 the factor of all repetition, is however also the pathos for defining a theory of subject. The later 20th-century (pragmatic, artistic, theoretic) advent of the subject is made possible only by the (internal) split and the projection of the negativity into the Traumatic Thing, which then returns that projection – while diversifying the newly opened domain of gender so as to read out in multiple ways the “labours” of the “I” within “It”. That is how Anna Akhmatova’s poetry narratively and rhetorically constitutes itself, well in advance of major Western theoretical and literary projects.

      The crucial difference between Freud and Akhmatova is in the way they establish their transference – Freud as a detour (through substitution), Akhmatova as a shortcut, which is saying of whether or not the author is capable of confessing the torturing role of an involved witness or a performing “prophet”, as one’s own at least attempt to handle the death drive in person, which Anna did carry through. I will return to the beginning of this presentation, and the quoted Instead of Preface – a magnificent feedback that took place in reality between two burdened women, who were waiting for many months in front of the Leningrad prison to hear of their dear ones: one unknown woman who gives a prompt, the other a famed poetess who gives a promise. Equally authorizing both women to the witnessing function, Akhmatova repeats the trace of life on what has already been erased by death. As if through all the years of crafting her “witnessing poetry”, Anna was moving to the point of writing this, even if retrospectively, or precisely because of that. The embodied enactment of the incorporated transference as an internally dialogized split is only what makes possible the overcoming of the split – as repetitively witnessing to a face as life: the claim of literature itself.

      Publizistische Diskurse

      Sternstunde des transethnischen Nationalismus

      Das Periodikum „Književni Jug“ (1918/19) und die Programmatik einer jugoslawischen Literatur

      Svjetlan Lacko Vidulić (Zagreb)

      Die notorisch instabile Taxonomie jugoslawischer Literatur(en) kann als Paradebeispiel für die mögliche Komplexität von Nationsbildungsprozessen mittels Literatur gelten. Die historischen Umbrüche und Zäsuren von 1918, 1945, 1963, 1991 öffneten jeweils neue Perspektiven im Zusammenspiel oder Konflikt monoethnisch-exklusivistischer, transethnisch-integralistischer und föderalistischer Konzepte nationalliterarischer Grenzziehung. Die dabei wirksamen Faktoren reichen von den politisch-ideologischen Rahmenbedingungen und kulturpolitischen Weichen bis zu dem „tiefgreifende[n] Bewusstseinswandel der Zeitgenossen“ aufgrund der „Erfahrungseinbrüche“ der beiden Weltkriege, mit denen, so der Historiker Reinhard Koselleck, „gleichsam Schwellen überschritten [werden], nach denen vieles, vielleicht alles, ganz anders aussieht“.1

      Vor dem Hintergrund des jüngsten, wiederum von einem Krieg begleiteten Umbruchs um 1990 verwundert es nicht, dass auch die neueren Perspektiven auf die südslawischen Literaturen im Zeichen von Diskursverschiebungen standen, die nicht mit neuen literaturgeschichtlichen Erkenntnissen, sondern mit dem Ende des jugoslawischen Staates und der Erfahrung des Scheiterns eines real existierenden Kultur- und Literaturbetriebs verbunden waren. Paradoxerweise waren diese Verschiebungen im jugoslawischen Raum nach 1991, etwa in der Literaturgeschichtsschreibung der Nachfolgestaaten, weniger spektakulär als in der journalistischen, z. T. auch slawistischen Auslandsperspektive. Dies war mit der unterschiedlichen Gewichtung innerjugoslawischer Entwicklungen nach 1945 verbunden und resultierte u.a. in der Annahme einer ‚Zerschlagung‘ der jugoslawischen Literatur und der ‚Erfindung‘ neuer Sprachen und Literaturen, wobei die föderalistische Dimension der jugoslawischen Kulturpolitik und die Logik eines komplexen Literaturbetriebs gerne übersehen bzw. marginalisiert wurden.2 Es ging um die Tendenz, beim Rückblick über die historische Schwelle den roten Faden der Entwicklung in der – letztlich gescheiterten – Integration zu sehen, während die tiefgreifenden Brüche und Diskontinuitäten, etwa in Gestalt inkommensurabler Integrationskonzepte, zugunsten der Kohärenz des Geschichtsnarrativs geglättet wurden.3

      Genau genommen hat es das Konzept einer jugoslawischen Nationalliteratur im Sinne einer die Nation fundierenden, im gemeinsamen Staat gepflegten und in der Nationalsprache verfassten Literatur nur in der Zwischenkriegszeit, und in reinster Form nur in der kurzen Spanne zwischen 1918 und der politischen Etablierung der Nachkriegsordnung um 1921 gegeben – in einer Sternstunde des jugoslawischen Nationalismus. Im Möglichkeitsraum der historischen Wende konnte die Konstituierung einer gemeinsamen Nationalliteratur und die Etablierung eines gemeinsamen Literaturbetriebs in programmatischer Reinform verhandelt werden, scheinbar noch unbelastet von den politischen Dilemmata, die den südslawischen Vereinigungsprozess fortan begleiten sollten.

      Als „radikalstes Experiment“4 in dieser Richtung kann das Periodikum „Književni Jug“5 („Der literarische Süden“) gelten, ein „experimentelles Kuriosum der kroatischen Zeitschriftenlandschaft“,6 das von Januar 1918 bis Dezember 1919 in Zagreb erschien und somit die Wendezeit rahmte und begleitete. Die programmatischen Texte in dieser Zeitschrift demonstrieren in hoch konzentrierter Form den ‚postimperialen‘ Bewusstseinswandel, die damit verbundene diskursive Logik einer jugoslawischen Nationsbildung und der entsprechenden Funktionalisierung von Sprache und Literatur. Im Folgenden soll, nach einer Einführung in maßgebliche Kontexte, das nationalliterarische Projekt der Zeitschrift unter den Stichworten Separation, Integration und Rückprojektion skizziert werden.

      1. Kontexte

      Ideengeschichtlich reichen die Anfänge einer ‚jugoslawischen Literatur‘ in die Zeit des ‚volkstümlichen Protonationalismus‘,1 als im Zuge der nationalromantischen Bewegung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Interesse an einer südslawischen Volkskultur und ihren identitätsstiftenden Potenzialen aufkam. Der Einigungsrahmen für die dialektal und regional zersplitterte Volkssprache und Literatur war freilich notorisch offen und blieb dies – allerdings zunehmend profiliert als Konkurrenz von exklusiv-nationalen und südslawisch-integralistischen Optionen – auch in der Epoche des politischen Nationalismus2 in der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunderts.3 Mit der erfolgreichen Sprachintegration des seitdem u.a. als ‚serbokroatisch‘ bezeichneten Raumes und der Konkretisierung politischer Vereinigungsprogramme gewann auch das Konzept einer gemeinsamen Literatur der Serben und Kroaten im Verlauf des 19. Jahrhunderts zunehmend an philologischer Plausibilität (im Sinne der sprachzentrierten Vorstellungen von Nationalliteratur) und an (identitäts)politischer Pragmatik.

      Als in den innen- und außenpolitischen Krisen eine Rekonstruktion der politischen Ordnung immer wahrscheinlicher und gegen Ende des Großen Krieges unvermeidlich erschien, wurde die südslawische Vereinigung zur einzigen aussichtsreichen


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