Hundert Geschichten. Quim Monzo

Hundert Geschichten - Quim  Monzo


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Brossa, der mir die Idee dazu gab.

      Mit allem, was bisher geschah, wäre ich zufrieden, nur um noch einmal den peppermintfarbenen Himmel und die funkelnden Sterne in ihren Augen zu sehen. Doch so es mir vergönnt sein sollte, möchte ich dieses Mal endlich zum Ende kommen. Ich bin es nämlich langsam leid, was irgendwie erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass ich ein sehr geduldiger Mann bin. Dies ist indes wirklich eine uralte Geschichte, deren Anfänge in meiner Jugend liegen, als ich sie eines Morgens in der Dämmerung zärtlich küsste. Wir saßen in einem gemieteten Landauer, den der Kutscher neben dem Lichtkegel einer noch brennenden Straßenlaterne vor dem neoklassizistischen (einem spätneoklassizistischen) Gutshaus abgestellt hatte, in dem wir uns ganz und ungestört unserer Liebe hingeben wollten. Sie glich einer nordischen Göttin, zart wie der Flug des Wiedehopfs, zerbrechlich, sanft und spitzbübisch. Ich erzähle das auf die Gefahr hin, lächerlich zu wirken, aber es handelt sich hier um die leidenschaftliche Geschichte einer glühenden Liebe, die mit jedem Mal stärker in uns brannte. Wir betraten das Gutshaus, das einer meiner Tanten gehörte, die halb verrückt und kurzsichtig war und mehr aus dunklen als aus heroischen Gründen ins Exil gehen musste, und stürmten hastig die Treppen hinauf, wie vermutlich alle Verliebten, die ihre gegenseitig eingestandene Anbetung wolllüstig befriedigen wollen. Wir durchquerten Flure und Zimmer und weitere Flure und Säle, die sich zu noch mehr Fluren hin öffneten. Wir machten Türen auf, hinter denen sich neue Räume mit Türen verbargen, dahinter Gemächer mit weiteren Türen (bei einer, die sich nicht öffnen ließ, mussten wir erst das verrostete Schloss aufbrechen), die zu Räumlichkeiten mit neuen Türen führten. Ich fasse mich kurz: Schließlich erreichten wir das größte Gemach mit einem breiten Himmelbett und Wänden aus extravagantem Damast. Als wir voller Sehnsucht nach dem Mondlicht die Vorhänge aufzogen, wurden wir von einer Staubwolke eingehüllt. Wir öffneten die Tür zum Balkon. Am Himmel zeichneten sich die Berge ab (in Farbtönen, die mit dem Emporsteigen des Tages immer mehr denen Boticellis glichen) und von den Wiesen drang ein gedämpftes sommerliches Rauschen herauf (unter anderem deshalb, weil all dies im Sommer geschah). Ich musste sie langsam entkleiden (sie, umständlich und aufgeregt wie ich war, von zwei Röcken, den Unterröcken, dem Reifrock, dem Korsett, den Strümpfen, den Schuhen und allen Diademen befreien, die sie auf dem Kopf trug), bis ich endlich ihren milchweißen Körper betrachten konnte. Sie schlug die Wimpern nieder, schwarz und groß wie Fächer, und sie wäre sicher errötet, doch aufgrund ihrer Schminke hätte man es nicht sehen können, und es wäre somit eine unnötige Anstrengung gewesen. Auf ihren jugendlichen Brüsten prangten dunkle Brustwarzen. Wie es sich für eine Dame aus solch gehobener Gesellschaftsschicht gehört, ließ sie alles mit einer durchaus angemessenen Gleichgültigkeit geschehen und, als ich mich schließlich hastig entkleidete, wendete sie schamhaft ihren Blick ab. Am meisten hatte ich mit den Stiefeln zu kämpfen, vor allem, weil ich in der Eile die Schnürsenkel nicht löste, sondern sie nur noch mehr verhedderte. Da ich nicht fertig wurde, nutzte sie die Zeit und erkundigte sich nach der Toilette. Ich zeigte sie ihr. Als sie zurückkehrte (in einem rosafarbenen Nachthemd aus chinesischer Seide von einer meiner Großmütter, das sie wohl im Badezimmerschrank gefunden hatte), entledigte ich mich endlich des zweiten Stiefels und knallte ihn gegen die Wand, was eine neue Staubwolke und Risse im Mauerwerk verursachte. Die Unterhose und das Unterhemd auszuziehen, war dann nur noch eine Sache von Sekunden. Ich beeilte mich, die verlorene Zeit einzuholen: Ich streichelte ihre Wangen, küsste sie aufs Ohrläppchen und flüsterte ihr honigsüße Worte zu. Sie war anscheinend in einem tiefen Zweifel verloren: Einerseits lechzte sie nach meinen Zärtlichkeiten, wollte aber andererseits im selben Moment die Flucht ergreifen. Schließlich drehte sie sich um, schaute mir ganz tief in die Augen und küsste mich so unerfahren auf den Mund, dass ich nicht umhin konnte zu lächeln. Um es zu verbergen, sie sollte ja nicht denken, ich würde mich mit meinem Lächeln über sie lustig machen, biss ich ihr ins Ohrläppchen, leckte an ihrem Hals und nutzte dabei die unmittelbare Nähe ihres Gehörsinnes, um mehrmals zu flüstern: Meine Liebe . . ., jedes Mal ein wenig lauter und etwas wilder im Ton. In diesem Augenblick klingelte es an der Tür: ein langes, überlanges Klingeln. Sie sah mich an. Ich sah sie an. Mein Aufstehen entschuldigte ich mit einer Handbewegung. Ich komme gleich zurück, Liebling. Sie wendete (diskret) den Blick von meiner Erektion ab, die ich nicht verbergen konnte. Mit einem Kimono bekleidet begab ich mich nach unten, um die Tür zu öffnen: Der Kutscher brachte den Hut der Dame vorbei, den wir (von unseren Gefühlen überwältigt) auf dem Sitz vergessen hatten. Da ich keine Hosen anhatte, gab es keine Hosentaschen mit Münzen, um diesem übereifrigen Kutscher zu danken. Ich musste ins Büro nach oben, fand dort aber auch keine, nahm einen Schein, eilte wieder nach unten und steckte den Schein in seine Tasche. Er dankte mir, ich sagte ihm, keine Ursache, schlug die Tür zu (wieder bildete sich eine Staubwolke, eine Türangel fiel herunter) und rannte die Treppen hinauf ins Schlafgemach. Sie erwartete mich sehnsüchtig. Zwei Mal flüsterte sie meinen Namen und bat mich, sie zu küssen und mit meinem Körper zu wärmen. Sie hatte noch ganz keusch das weiße, feine Höschen an (das ich zuvor nicht auszuziehen gewagt hatte, um nicht gar zu ungeduldig zu erscheinen). Nun ja: Ich kniete mich vor ihr hin und zog es ganz sachte herunter. Innen war es feucht und ihre betörend duftende Nässe nebelte meine Sinne ein. Liebstes, oh mein Liebstes, . . . wiederholte ich ein ums andere Mal und zeichnete dabei mit meiner Zunge ihren Oberkörper nach. Ich spürte, wie sie sich immer noch scheute, irgendeine Art von Initiative zu zeigen. Sie wollte nicht zu forsch erscheinen. Da nahm ich ihre Hand und legte sie auf mein Glied, das sich ganz heiß anfühlte. Ein Oh entfleuchte ihr, das ich erstickte, indem ich jeden Quadratzentimeter ihres Halses mit Küssen bedeckte. Etwas grob zog sie die Haut von der Eichel zurück und betrachtete misstrauisch den bedrohlichen Zyklopen. Ihr Liebesfluss hatte bereits die Laken durchnässt und tropfte auf den Boden. Sachte schob ich ihre Beine auseinander. Die Schamlippen umschlossen eine klebrige Öffnung, die sich bei jeder Berührung unkontrollierbar zusammenzog. Mein Täubchen, sagte ich und brachte meinen Schwanz in die Nähe der saugenden Quelle. Genau in diesem Augenblick klingelte es wieder. Ich fluchte laut, beschloss so zu tun, als hörte ich es nicht, und drang weiter vor. Sie hielt mich auf. Geh, mach die Tür auf, sagte sie, wer weiß, wer es nun ist. Nur halb bekleidet, stieg ich die Treppen hinunter: An der Tür bot mir ein feister Winzling eine Lebensversicherung auf Raten an, die ich je nach meinen Bedürfnissen in soundso vielen Monaten abzahlen könnte. Ich schlug ihm ohne ein Wort die Tür vor der Nase zu und eilte wieder die Treppen hoch. Als sie mich kommen sah, zog sie ihre Hand zurück. Ich küsste ihre Finger, die nun nach ihrem Geschlecht dufteten. Um keine Zeit mehr zu verlieren, drang ich ohne weitere Umschweife in sie ein, und es umgab mich das Paradies: der peppermintfarbene Himmel, die Sterne in ihren Augen, all das, was ich bereits weiter oben gesagt habe. Sie hatte die Augen geschlossen, biss sich auf ihre Lippen und wiederholte dabei: Oh. Mit dem ersten Beben strömten die Säfte noch stärker aus ihr heraus, flossen unsere Schenkel hinab und tränkten die Laken mit der klebrigen Nässe. Sie sagte mit der Gleichmäßigkeit eines Metronoms: Ja, ja, und zerkratzte dabei meinen Rücken. Zwischen ihre mannigfachen Seufzer mischte sich plötzlich das Rring-rrring des Telefons im Zimmer unter uns. Diese verfluchten modernen Erfindungen, dieses Teufelszeug! Ich tat so, als hörte ich nichts; doch sie hielt in der Bewegung inne und zwickte mich mit den Scheidemuskeln. Ich sah sie ihre Lippen bewegen, vermutlich wollte sie mir etwas sagen, ihre Stimme war aber so leise, dass sie im Geklingel unterging. Geh. Bei diesem Läuten kann ich nicht weitermachen: Es blockiert mich. Das wunderte mich überhaupt nicht. Bei diesem scheppernden Geläute blockierte sogar ich. Ich kam zwischen ihren Schenkeln hervor (die Möse schloss sich, machte plopp, und verströmte noch mehr ihrer Köstlichkeiten) und rannte zum endlos klingelnden Telefon. Ja, bitte, sagte ich in die schwarze Trompete hinein. Jemand fragte nach einem Namen, den ich noch nie in meinem Leben gehört hatte und der weder mit mir noch mit meiner verrückten, kurzsichtigen Tante im Exil etwas zu tun hatte oder je gehabt hatte. Sie haben sich verwählt, sagte ich (ob vor oder nach dem Auflegen, weiß ich nicht mehr). Doch anstatt auf der Stelle die Treppen nach oben zu erklimmen, ließ ich mich auf einen Stuhl fallen und zündete eine Zigarette an: besser, wenn ich mich erst einmal etwas beruhige. Ich bin so nervös! Aber noch ehe ich die halbe Zigarette geraucht hatte, fragte ich mich, was ich denn hier unten wollte, wo sie doch oben auf mich wartete. Ich warf die Zigarette auf den Boden und kehrte in das Schlafzimmer zurück. Du hast geraucht, sagte sie. Ich nickte voll Angst, der Nikotinatem könne ihr missfallen und die Sache verkomplizieren. Doch nein. Ich mag den Geschmack von Tabak auf deinen Lippen, sagte sie lächelnd und knabberte an ihnen. Ich drängte mich zur Eile, sonst


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