Handbuch Ausstellungstheorie und -praxis. Группа авторов

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in die Museologie, Darmstadt 2005; Vieregg, Hildegard, Museumswissenschaften. Eine Einführ­ung, Paderborn 2006; Waidacher, Friedrich, Museologie – knapp gefasst, Wien / Köln / Weimar 2005.

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      1.1 Museologie und Museumsgeschichten

      Wie sehr Museen mit der Gesellschaft verknüpft sind beziehungsweise sein sollen und wo die Grenzen zwischen einer privaten und einer öffentlichen Sammlung zu ziehen sind, darüber lässt sich genauso trefflich streiten, wie über den Ursprung des Museums. Etymo­logisch gesehen, führt der Weg in die griechische Antike, als die den Musen geweihten Kulturstätten als museion bezeichnet wurden. Wird das Museum als ein Ort des systematischen Sammelns verstanden, kann das von Ptolemaios I. (305 – 283/2 v. Chr.) gegründete Institut in Alexandria, das eigentlich einer Akademie glich, als früheste Referenzinstitution gelten. Wer die Geschichte des Museums als Aufbewahrungs- und Präsentationsort von Sammlungen, als Ort des Ordnens, Kategorisierens und Erfassens mit den Kunst- und

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      Naturalienkabinetten der Renaissance beginnen lassen möchte, für den oder die stellt das Jahr 1565 einen bedeutenden Einschnitt dar, in dem Samuel Quiccheberg sein Traktat Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi veröffentlichte, das früheste Handbuch der Museumskunde im deutschsprachigen Raum. Quiccheberg war am Münchner Hof mit der Ordnung und Klassifizierung der Kunstkammer von Herzog Albrecht V. betraut, der dem Vorbild der Medici in Florenz folgend, Kunstgegenstände zu sammeln begonnen hatte. Quicchebergs Traktat gibt den Idealplan einer Kunstkammer wieder, die er als Bildungsinstitution verstand, an der Theorie und Praxis verschränkt werden sollten. Zwischen diesem und dem nächsten hier nun vorgestellten museologischen Grundlagenwerk liegt eine fundamentale Bedeutungsverschiebung für die ausgestellten Artefakte und Naturafakte: Hatten die einzelnen Objekte im 16. Jahrhundert eine singuläre Position inne, wurden sie ab dem 18. Jahrhundert vermehrt in Serien angeordnet, austauschbar und vergleichbar; die ästhetische Anmutung geriet ins Hintertreffen. Auf seinen eigenen Erfahrungen und Recherchen in den Kunst- und Schatzkammern verschiedener europäischer Städte beruhte das Werk Museographia des Hamburger Kaufmanns Caspar Friedrich ­Neickelius, das 1727 erschien und den Gelehrten als Vermittler zwischen den „Curiositäten“ und den Büchern verstand. Nicht zufällig entstand es selbst nach den neuen Prinzipien der Beobachtung und des Vergleichens. Seine Publikation ist nicht zuletzt ein Hinweis darauf, dass die Macht und Prestige vermittelnden Kuriositätenkabinette im Verlauf des 17. Jahrhunderts bereits zunehmend wissenschaftlichen Charakter bekamen und zum Fixpunkt für Bildungsreisende wurden. Fast einer Handlungsanleitung gleich, schlägt er ein Ordnungssystem sowie richtige Verhaltensweisen und Umgangsformen mit den Objekten und den Menschen im Museum vor. Befördert von Carl von Linnés systema naturae, das 1735 erstmals erschien, verabschiedeten die empirischen Naturwissenschaften das kosmologische Weltbild der Einheit von Kunst und Natur.

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      vermittelten hegemoniale Kunst- und Geschichtsbilder lehrhaft bereits durch die äußere Fassadengestaltung und die innere Ausstattung des neuen Bautypus. Das Konzept von der Linearität der Zeit und der Isolierung der Kunstgegenstände von den Kuriositäten und Naturalien wurde zu einer Signatur der Museumsarbeit im 19. Jahrhundert.

      Befördert durch die kriegerischen und politischen Ereignisse der napoleonischen Ära, erlebten Museen als regionale Zentren der Nationalisierung und der Auseinandersetzung mit der Geschichte der eigenen Region enormen Aufwind: Als Schnittstelle zwischen historischer Aufarbeitung und Forum für die Auseinandersetzung mit den jüngsten Entwicklungen, die nicht zuletzt der Ökonomie dienten, fungierten die in der Habsburgermonarchie entstehenden Regionalmuseen, wie z. B. das 1811 in Graz gegründete Joanneum, das als ein Kristallisationspunkt bürgerlicher Identitätskonstruktion wirkte. Diese war auch Movens des 1852 als Reaktion auf die gescheiterte Revolution von 1848 ins Leben gerufenen Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Zentralistisch agierend, setzte es sich die Fundierung eines Narrativs von der Einheit des deutschen Reiches zum Ziel, die politisch erst 1871 Realität wurde. Berlin konnte im Gegensatz zu anderen Städten wie Wien, Paris oder Madrid kaum auf dynastische Sammlungen zurückgreifen, weshalb es durch den Ankauf von Privatsammlungen sowie eine intensive Bautätigkeit für die Museen versuchte, seine kulturelle Reputation in der sich steigernden europäischen Städtekonkurrenz zu erhöhen. Diese kulturpolitischen


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