Theologie des Alten Testaments. Michaela Bauks
Wagner, und der ehemaligen Doktorandin und im Schuldienst tätigen Dr. Lilli Ohliger zwei Anhänge, in denen die beiden den Lehrstoff mit den alttestamentlichen Themenfeldern in den Perikopenreihen bzw. den Curricularen Standards aus verschiedenen Bundesländern zur Darstellung gebracht haben. Für diese sehr aufwändige Arbeit sei Ihnen an dieser Stelle besonders herzlich gedankt.
Last but not least, danke ich Bruno Biermann für die umsichtige Erstellung der Druckformatvorlage und eine Reihe redaktioneller Arbeiten.
Zuletzt geht mein Dank für die gute Kooperation an den Herausgeber der Reihe „Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft“, Lukas Bormann (Universität Marburg), sowie an den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, dessen Mitarbeiter Christoph Spill, Dr. Bernhard Kirchmeier, Elisabeth Hernitscheck und Miriam Espenhain verschiedene Stadien des Lehrbuchs zielführend und kompetent begleitet haben.
Koblenz, den 11. März 2018 | Michaela Bauks |
Dieses Buch ist ein Lehrbuch, das die zentralen theologischen Themen des Alten Testaments/der hebräischen Bibel zusammenstellt. Darin folgt es verschiedenen Voraussetzungen, die an dieser Stelle kurz dargelegt werden.
Der rote Faden einer solchen Darstellung ließe sich entweder – historisch vorgehend – literaturgeschichtlich knüpfen, indem die alttestamentlichen Texte entsprechend ihrer rekonstruierten Entstehungsund Überlieferungsgeschichte zur Darstellung kommen und das chronologische Nacheinander theologischer Strömungen in den Blick kommt. Alternativ dazu ließe sich die Darstellung systematisch ausrichten und z. B. ausgehend von der Frage nach einer theologischen Mitte entwerfen, welche die alttestamentlichen Texte dominiert. Oder aber sie fragt ausgehend von der kanonischen Endgestalt nach den Erzählblöcken, anhand derer eine Erinnerungskultur entstanden ist, die nachhaltig Wirkung entfaltet und die jüdisch-christliche bzw. abendländische Kultur der Gegenwart prägt.
Die vorliegende Darstellung wird die drei möglichen Herangehensweisen berücksichtigen, ohne die Idee einer „theologischen Sach- oder Wirkmitte“1 aufzugeben. Sie verfolgt ihr Anliegen unter besonderer Berücksichtigung der altorientalischen Traditionsgeschichte wie auch bibelhermeneutischer Überlegungen zur Wirkungsgeschichte der biblischen Texte.
1.1 Die Entstehung der Theologie des Alten Testaments als Disziplin und die Frage nach seiner Mitte
Erst das Aufkommen der historischen Bibelkritik (J.G. Eichhorn) sowie die Aufspaltung der theologischen Disziplinen in Dogmatik und Bibelwissenschaft (J.P. Gabler) hat seit dem 18. Jh. die Entstehung der historisch-kritischen sowie im 19. Jh. die religionsgeschichtliche Forschung vorbereitet. Anfangs war die hebräische Bibel (Altes Testament) als theologische Vorstufe des Neuen Testaments begriffen (z. B. B. Stade)2, so dass sich erst allmählich ein Bewusstsein für den Eigenwert ihrer theologischen Themen entwickelt hat. Neben der Literarkritik, die sich der literaturgeschichtlichen Entstehung der Bibel widmet, entsteht gleichzeitig ein Interesse an den genuin alttestamentlichen Formen und Themen der Bibel (J.G. Herder, „Vom Geist der Ebräischen Poesie; 1782/83). Die Historisierung der Forschung führt die Bibelwissenschaft zwar zuerst einmal von theologischen und hermeneutischen Fragen weg und vertieft den Graben zwischen Exegese und Dogmatik. Doch bewirkte die in dieser Zeit einsetzende Erschließung der altorientalischen Nachbarreligionen mit der Entdeckung ihrer archäologischen wie literarischen Quellen, dass die Frage nach der theologischen und kulturellen Bedeutung der biblischen Texte neu kontextualisiert, die Frage nach dem Exklusivitätsanspruch biblischer Literatur erneut gestellt wurde und die Bezogenheit der beiden Testamente aufeinander („Biblische Theologie“) wieder in den Blick kam.3 Lässt sich das Zentrum des Neuen Testaments in der Figur Jesus Christus gut bestimmen, ist die Mitte des Alten Testaments komplizierter zu definieren. Aus der ersten Hälfte des 20. Jh. sind insbesondere zwei wirkungsgeschichtlich wichtige Konzepte zur Mitte des Alten Testaments beispielhaft zu erwähnen (W. Eichrodt, 1933; L. Köhler, 1936), bevor mit dem Entwurf W. Zimmerlis ein Entwurf vorgestellt wird, der noch heute einen gangbaren Ansatz bietet.4
Die „Mitte“ des Alten Testaments
Bundesmotiv
Während L. Köhler seinen Entwurf einer Theologie des Alten Testaments an den Topoi der evangelischen systematischen Theologie ausrichtet, versucht W. Eichrodt die diversen alttestamentlichen Texte durch das eine Reihe von Büchern bestimmende Bundesmotiv theologisch zu strukturieren. Somit setzt die Beschäftigung mit der Theologie des Alten Testaments die Frage nach der inhaltlichen Mitte seiner Texte voraus. Während im Neuen Testament Jesus Christus im Mittelpunkt steht5, erweist sich die Konzentration im Alten Testament auf ein Hauptthema oder eine Figur als Sinn- oder Sachmitte als weitaus schwieriger.6 Denn die verschiedenen Bücher sind zu vielgestaltig, um auf ein einziges Konzept oder Motiv hin definiert zu werden. Pentateuch/Tora, Prophetische Bücher und Schriften sind formal wie inhaltlich wenig vergleichbar und verhindern es geradezu, einen Einzelaspekt als zentrales alttestamentliches Thema zu bestimmen.
Gerhard von Rad
Nacherzählung
Deshalb schaut in der Mitte des 20. Jahrhunderts der Heidelberger Alttestamentler G. von Rad kritisch auf die Vorschläge zurück, die Mitte des Alten Testaments z. B. im Bundesmotiv zu sehen. Er betont (Theologie II, 386), dass zahlreiche Texte in ein solches Schema nicht hineinpassen (Hohelied, Ester, Hiob u. a.). Schließlich zieht er es vor, seine Theologie des Alten Testaments als eine Geschichte der alttestamentlichen Literatur zu konzipieren und auf theologische Systematisierung weitgehend zu verzichten: „Die legitimste Form theologischen Redens vom Alten Testament ist die Nacherzählung“ (Theologie I, 134 f.). Allerdings setzt er zugleich einen thematisch-theologisch fundierten Zugang voraus, wenn er feststellt, „daß der Glaube Israels grundsätzlich geschichtstheologisch fundiert ist“ und die alttestamentlichen Literaturwerke sich darauf beschränken, „das Verhältnis Jahwes zu Israel und zur Welt eigentlich nur in einer Hinsicht darzustellen, nämlich als ein fortgesetztes göttliches Wirken in der Geschichte“ (Theologie I, 118). Dass die Identität Israels sich anhand geschichtlicher Wandlungen und Umbrüche konstruieren lässt, ist zwar richtig, lässt aber zugleich weite Teile des dritten Kanonteils (Ketubim) wie die theologisch bedeutsamen Weisheitsschriften Sprüche, Hiob und Kohelet außer Betracht. Ihnen hat von Rad dreiundzwanzig Jahre später eine eigene Untersuchung gewidmet.
Walther Zimmerli
Offenbarungsgeschichte JHWHs als perspektivischer Fluchtpunkt
Seinem Kollegen W. Zimmerli war dieses Vorgehen theologisch zu unbestimmt. Deshalb schlägt er vor, das Alte Testament als eine „Offenbarungsgeschichte JHWHs“ zu beschreiben, die in besonderer Weise in der Selbstvorstellung JHWHs zum Ausdruck kommt und deren Mitte in der inneren, von Israel geglaubten Kontinuität mit seinem Gott JHWH besteht, die über Themen wie Schöpfung, Exodus, Bund, Gericht immer wieder anders artikuliert wird. Es geht ihm also nicht um die Bestimmung eines zentralen theologischen Themas oder Buchs, sondern um die Fixierung eines perspektivischen Fluchtpunkts hinter den Texten.7 Er betont außerdem, „dass es bei dieser ‚Mitte‘ nicht um ein statisch zu erfassendes ‚Gottesbild‘ geht“, in das die Menschen Gott bannen wollen, sondern um ihr anhaltendes Ringen (Grundriß, 11). Charakteristisch ist für seinen Entwurf die Rede vom „Glauben an die Selbigkeit Gottes“ in den alttestamentlichen Schriften, wobei „Selbigkeit“ nicht bedeutet, dass das Gottesbild keinen Wandlungen unterliegt.8 Zwar lassen sich charakteristische