Theologie des Alten Testaments. Michaela Bauks
Phänomen begegnet, das der reflektierenden Prüfung und Interpretation religiöser Phänomene dient. Und dieser Vorgang einer impliziten Theologisierung der Texte bestimmt nicht nur den Redaktionsprozess im Zuge der Zusammenführung älterer Überlieferungen und die Kanonbildung, sondern begegnet bereits bei der Abfassung von Werken wie des Deuteronomiums, der Priesterschrift, Deutero-Jesajas oder der Chronik-Bücher in Form von innerbiblische Exegese. Besonders deutlich lässt sich der einsetzende Prozess von Theologisierung in der prophetischen und in der Rechtsliteratur rekonstruieren.25
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Bauks, Michaela: Art. Religionsgeschichtliche Methode, wibilex (mit weiterer Literatur).
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Keel, Othmar: Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament, Einsiedeln, Köln und Neukirchen-Vluyn 1972.
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Zgoll, Annette: Die Kunst des Betens. Form und Funktion, Theologie und Psychagogik in babylonisch- assyrischen Handerhebungsgebeten an Ischtar, Münster 2004 (AOAT 308).
1.3 Die Rekonstruktion alttestamentlicher Theologie(n) – literarische und materiale Zeugnisse
Bundesvorstellungen s. u. 2.5.1.2 und 2.5.1.4
Bezugsrahmen der „Heiligen Schrift“ s. u. 3.6
Bundes vorstellungen s. u. 2.5.1
Königsideologie s. u. 3.4
Ein Resultat der Debatten, inwiefern es überhaupt zuträglich ist, von einer „Theologie des Alten Testaments“ zu sprechen, ist die Voraussetzung eines methodischen Plurals; d. h. die alttestamentliche Theologie gibt es de facto nicht, da es sich um ein Konglomerat von Glaubenserfahrungen handelt (Gerstenberger, Theologie, 9).26 Stattdessen ist von einer Reihe theologischer Strömungen und Traditionen auszugehen, welche sich in den biblischen Texten wiederspiegeln und Wandlungen des Gottesbildes implizieren.27 Diese können zeitlich und räumlich verschieden, ja sogar widersprüchlich zueinander sein und lassen sich nach „Schulrichtungen“ gliedern (z. B. die Bundeskonzepte bei P oder im DtrG). Sie lassen aber auch Kontinuitäten erkennen, welche sich durch die Jahrhunderte der Literaturgeschichte Israels ziehen (z. B. Gottkönig- und Zionstheologie im Psalter; die mehrteilige Jesajarolle). So komplex und z. T. umstritten einerseits die rekonstruierte Literargeschichte der alttestamentlichen Einzeltexte ist (s. die Entwürfe von K. Schmid und D. Carr), so offensichtlich ist doch zugleich die Kontinuität bestimmter Figuren, Motive und Konzepte über die jeweilige Einzelschrift sowie die drei einzelnen Kanonteile hinaus, die bis in die Literatur des Neue Testaments und die antik-jüdische Rezeption reicht. Dennoch sind diese Traditionen nicht genuin „jüdisch“, d. h. in Israel-Palästina entstanden. Zahlreiche theologische Themen verdanken sich – wenn auch z. T. umfassend modifiziert – Anleihen aus dem Alten Orient (Bund als Vasallenvertrag), die bereits in der innerbiblischen Exegese einen größeren kulturgeschichtlichen Vermittlungs- und Aneignungsprozess erfuhren. So lassen sich einschlägige theologische Aussagen wie z. B. die Gottebenbildlichkeit des Menschen ohne die altorientalische Königsideologie nicht erklären. Allerdings sind es nicht nur die literarischen Texte der Nachbarkulturen, die biblische Konzepte rekonstruieren helfen, sondern auch archäologische Materialien, Inschriften oder Bildträger, die wichtige Informationen für ein historisch angemessenes Verständnis liefern.
Othmar Keel
Seit den 70er Jahren des 20. Jh. hat insbesondere die „Freiburger Schule“ (Schweiz) wichtige Grundlagenforschung zu den ikonographischen Quellen Palästinas geliefert28, die die alttestamentliche Exegese in vielerlei Hinsicht verändert und prägt. Die außerbiblischen, aber dennoch aus der Region Palästinas und Nordsyriens stammenden Quellen haben theologische Grundvoraussetzungen wie z. B. den Monotheismus, das Namensverbot oder das Bilderverbot beträchtlich relativiert bzw. in eine historische Entwicklungslinie gestellt, die Veränderungsprozesse innerhalb der Religionsgeschichte Israels beispielhaft nachvollziehbar werden lassen.
Carr, David: Einführung in das Alte Testament. Biblische Texte – imperiale Kontexte, Stuttgart 2013.
Frevel, Christian: Medien im antiken Palästina? Materielle Kommunikation und Medialität als Thema der Palästinaarchäologie, Tübingen 2005 (FAT II/10).
Gunkel, Hermann: Die israelitische Literatur (1906), Darmstadt 1963.
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Keel, Othmar/Christoph Uehlinger: Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen, Freiburg i. Br. 72012.
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Kratz, Reinhard G.: Die biblische Tradition, in: Ders., Historisches und biblisches Israel. Drei Überblicke zum