Einführung in die Beratungspsychologie. Susanne Nußbeck
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8 Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Glossar
Literatur
Sachregister
Online-Antworten zu den Fragen im Buch stehen auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlags unter http://www.reinhardt-verlag.de sowie auf der UTB-Homepage unter http://www.utb-shop.de/ zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuches
Zur schnelleren Orientierung werden in den Randspalten Piktogramme benutzt, die folgende Bedeutung haben:
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Das Buch von Susanne Nußbeck „Einführung in die Beratungspsychologie“ erscheint nunmehr in vierter Auflage. Das allein ist schon ein Qualitätsmerkmal, denn nicht viele Lehrbücher werden überarbeitet und erneut verlegt. Es enthält einen umfassenden Überblick über Theorie und Praxis insbesondere der psychologischen Grundlagen der Beratung. Das Buch beginnt im ersten Kapitel mit einer allgemeinen, zunächst historischen Einführung, um sich dann den aktuellen Entwicklungen und Definitionen zu widmen.
Grundlagen der Kommunikationspsychologie werden ebenso vermittelt (Kapitel 2) wie theoretische Konzepte der Beratung, die überwiegend auf der Grundlage klinisch-psychologischer Therapieschulen entwickelt wurden. Hier werden im dritten Kapitel psychoanalytische, klientenzentrierte und kognitiv-behaviorale Ansätze ebenso wie systemische Modellvorstellungen kurz und prägnant dargestellt. Dies ist für die LeserInnen sehr wertvoll, da entsprechendes Wissen nicht nur hilft, den „Praxisdschungel“ der großen Beratungsangebote einzuordnen, sondern auch die vielfältigen Aus- und Weiterbildungsangebote kritisch zu prüfen.
Beratung findet in der Regel nicht einmalig statt, stattdessen handelt sich sich um einen Beziehungsprozess mit zwei oder mehreren Personen. Kapitel 4 fokussiert den Beratungsprozess und Kapitel 5 die Beziehungsgestaltung. Diese sind ganz wesentliche Grundlagen des Beratungshandelns, da der Erfolg von Beratung ganz wesentlich von der Beziehung zwischen dem Ratsuchenden und der BeraterIn abhängt. Können Unsicherheiten und Ängste der KlientIn vor der Beratung insoweit überwunden werden, dass die Beratungsstelle betreten werden kann? Ist die Atmosphäre angenehm? Kann sich die Ratsuchende öffnen? Wie geht die BeraterIn mit Kritik um? Dies sind nur einige der wichtigen Fragen, die bei negativen Antworten zum Scheitern der Beratungsbemühungen führen können. Empathie, Kongruenz und Akzeptanz sollten die Grundhaltungen der BeraterIn sein, aber was heißt das konkret? Weitere sogenannte Beratervariablen und Basiskompetenzen, die für die Beziehung entscheidend sind, werden im Kapitel 5 diskutiert. Auch die große Gefahr des Burn-outs wird thematisiert, den gerade sehr engagierte BeraterInnen erleiden können. Es handelt sich um einen anspruchsvollen Beruf, dessen tägliche Herausforderungen mitunter unterschätzt werden.
Erfreulicherweise wird auch der Evaluation und Interventionsforschung ein eigenes Kapitel gewidmet. Es gibt nach wie vor einen Mangel an fundierter Forschung zu Beratungsprozessen, der mit daran liegen mag, dass es kaum universitäre Professuren für Beratung gibt. Die klinisch-psychologische Forschung beschäftigt sich mit den Effekten von Psychotherapie, so dass das viel größere, vielleicht auch komplexere, Praxisfeld der Beratung vernachlässigt wird. Hinzu kommt, dass in der Praxis häufig ein Misstrauen gegenüber Forschung vorzufinden ist, da bezweifelt wird, ob sich ein komplexes Beratungsgeschehen adäquat in der Forschung abbilden lässt. In der Psychotherapieforschung waren ähnliche Bedenken von der Praxis vorgetragen worden, die sehr anspruchsvolle Forschungsmethodenentwicklungen zur Folge hatten. Es wäre äußerst wünschenswert, wenn es einen entsprechenden Entwicklungsschub auch in der Beratungsforschung geben würde.
In Kapitel 7 werden die Beratungsfelder Erziehung und Familie, Schule, Aus- und Weiterbildung, Entwicklung und Frühförderung, Behinderung und chronische Krankheit, Abhängigkeit und Sucht sowie die Beratung von Menschen mit Migrationshintergrund fokussiert. Das Buch schließt mit der Beschreibung aktueller Entwicklungen, einem Glossar und einer umfangreichen Literaturliste.
Susanne Nußbeck gelingt es, komplexe Sachverhalte sowohl in verständlicher Sprache als auch auf hohem wissenschaftlichen Niveau darzustellen. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis machen ihren Text sehr anschaulich und sie greift aktuelle Entwicklungen kompetent auf. Ein Beispiel dafür ist ihre differenzierte Diskussion der Vor- und Nachteile von Online- Beratungsangeboten, deren Verbreitung und somit Bedeutsamkeit erheblich zunehmen wird. Kurzum: Die Leserinnen und Leser gewinnen einen umfassenden, fundierten Einblick in die vielfältigen Themenfelder der psychosozialen Beratung. Ihren Kenntnisgewinn können sie anhand der Übungsfragen am Ende der Kapitel selber überprüfen und sie werden feststellen, dass sie bei aufmerksamer Lektüre viel gelernt haben. Etwas Besseres lässt sich über ein Lehrbuch nicht sagen.
Köln, im Juli 2019 Prof. Dr. Susanne Zank
Beratung hat eine lange Tradition in vielen Lebensbereichen. Im einführenden Kapitel erhält der Leser einen Überblick über die Entwicklung der Beratungswissenschaften, wie sie sich in der Geschichte in Deutschland und in den angloamerikanischen Ländern darstellt, und darüber, welche Themen heute aktuell sind. „Beratung“ wird von verschiedenen Autoren mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung definiert. Abgrenzungen zu „Therapie“ auf der einen und „Mediation“ auf der anderen Seite, die beide ebenso wie die Beratung auf Veränderungen zielen, von denselben Berufsgruppen ausgeübt werden, oft denselben theoretischen Hintergrund haben und sich häufig gleicher Mittel bedienen, stellen das Spezifische des Konzeptes „Beratung“ heraus. Beratungen geschehen in Kommunikation mit Menschen, die sich in einer Phase der Entscheidungsnot oder Orientierungslosigkeit befinden. Dem Berater kommt daher eine hohe ethische Verantwortung zu, seine Position nicht auszunutzen und dem Klienten nicht zu schaden.
Beratung ist ein allgegenwärtiges und zeitloses Phänomen. Jeder Herrscher hatte und hat seine Berater, für jeden Anlass finden sich kundige Experten. Mehr oder weniger seriöse Beratung kann man für alle Lebenslagen erhalten. Professionelle Beratung hingegen findet häufig im pädagogisch-psychologischen Bereich und in der Sozialen Arbeit statt, wo sie schon früh institutionalisiert wurde. In der Familien- und Jugendfürsorge gibt es Beratung seit Ende des 19. Jahrhunderts. Seither hat sie einen umfassenden Wandel in ihren Grundannahmen und Zielen durchgemacht.
Geschichte der Erziehungsberatung
Schon im Kaiserreich gab es Beratungen für die Betreuung unehelicher Kinder und Waisenkinder, „Kinderrettungsvereine“, deren „Reiseagenten“ beratende Hausbesuche bei ihrer hilfsbedürftigen Klientel machten (Sommer 1995). Stellen, die für „Beratung in Fragen der Erziehung“ zuständig waren, wurden in Deutschland nach dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 etabliert (Schröder 2004). Die damit verbundenen staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in die Familien, die damals – wie auch heute noch – besonders sozial schwache Familien trafen, wurden abgeleitet aus der Maxime, dass jedes deutsche Kind ein Recht auf Erziehung zur leiblichen,