Systemisches Case Management. Matthias Müller

Systemisches Case Management - Matthias Müller


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die Wirtschaftlichkeit. Hilfen, die (»nur«) so lange wie nötig und so kurz wie möglich durchgeführt werden, sind – so ist zumindest zu vermuten – kostengünstiger (wirtschaftlicher, effizienter) als Hilfen, die diesen Aspekt nicht beachten. Aus diesem Grund sollte in der Sozialen Arbeit verstärkt systemisch-lösungsorientiert im Sinne von Steve de Shazer (1988; 1991; 1996) gearbeitet werden. Dies würde dann vermutlich auch effiziente zeitsensible Hilfen ermöglichen, die innerhalb von Case-Management-Prozessen begleitet und evaluiert werden könnten.

       Struktur des Buches

      Unser Buch ist deduktiv aufgebaut, wir gehen also vom Allgemeinen zum Konkreten.

      Zunächst wird Heiko Kleve eine kurze Skizze der methodischen Grundlagen Sozialer Arbeit zeichnen. Dabei klärt er die Frage, was überhaupt unter Methodik der Sozialen Arbeit zu verstehen ist, und ordnet die sozialarbeiterische Methodenentwicklung in den historischen Prozess gesellschaftlicher Entwicklung ein. Des Weiteren stellt er knapp die klassischen Arbeitsformen Sozialer Arbeit dar und erläutert drei psychologische/psychotherapeutische Schulen, die die Soziale Einzelfallhilfe ausgesprochen stark geprägt haben und wohl immer noch prägen: die Psychoanalyse/Tiefenpsychologie, die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie/nicht-direktive Beratung und die systemische Familientherapie. Diese Skizze der methodischen Grundlagen Sozialer Arbeit erscheint vor allem deshalb sinnvoll, weil auch ein Systemisches Case Management nicht losgelöst ist von den historischen Prozessen und Einbindungen der sozialarbeiterischen Methodik, es bietet höchstens eine neue Perspektive auf dem Hintergrund des herkömmlichen Sozialarbeiterischen.

      Diese neue Perspektive des Case Management wird im zweiten Beitrag thematisiert. Heiko Kleve vertritt dort die These, dass Case Management mit einer aktuell in der heutigen Sozialen Arbeit sehr ausgeprägten Ambivalenz umzugehen erlaubt: die Ambivalenz von Lebensweltorientierung und Ökonomisierung. Case Management ermöglicht es Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, auf beiden Seiten der Ambivalenz zugleich zu stehen, also sowohl lebensweltorientiert als auch ökonomisch reflektiert zu handeln. Um dies zu begründen, werden zunächst einige grundsätzliche Postulate beider Orientierungen beschrieben, um sodann anhand des Case-Management-Prozesses zu zeigen, welche lebensweltorientierten und ökonomisch ausgerichteten Möglichkeiten des methodischen Handelns Case Management bietet.

      Auf den Case-Management-Prozess geht Matthias Müller in seinem Beitrag vertiefend ein. Zunächst reflektiert er die geschichtliche Entstehung des Case Management und leitet daraus die Möglichkeiten dieser Methode ab: Desintegrationen von KlientInnen hinsichtlich sozialarbeiterischer und anderer Hilfen sowie Diskontinuitäten im Hilfeprozess entgegenzuwirken. Wie dies gelingen kann, wird erläutert anhand der Darstellung eines Fünf-Phasen-Modells zum Case Management. Besonders wichtig sind in diesen Phasen Verfahren und Techniken, die erst ihre Ausgestaltung (z. B. die Erarbeitung und Operationalisierung von Zielen) ermöglichen. Solche Techniken und Verfahren stellt Matthias Müller vor und lädt PraktikerInnen ein, diese sogleich für ihre Case-Management-Arbeit zu nutzen. Am Ende des Textes wird eine Reihe von Werkzeugen angeboten, die ebenfalls sofort in der Praxis genutzt werden können.

      Werkzeuge bietet auch Heiko Kleve im nächsten Text. Er vertritt die These, dass in der Phase der Falleinschätzung die Kontexte insbesondere des Falls und der Hilfe allgemein gründlich zu klären sind. Nur wenn man die Rahmenbedingungen der Arbeit von Anfang an im Auge behält, ist zielwirksames und für KlientInnen sowie HelferInnen erfolgreiches Arbeiten möglich. Für die Klärung dieser Rahmenbedingungen werden unterschiedliche Fragekomplexe angeboten.

      Für die Umsetzung in der Praxis bietet auch der nächste Aufsatz von Britta Haye und Heiko Kleve viele Möglichkeiten. Es wird nämlich ein Sechs-Phasen-Modell zur Strukturierung der Kommunikation in der Fallarbeit angeboten, das sich im Rahmen des Case Management insbesondere für die Falleinschätzung und die Hilfeplanung eignet. Ausgehend vom klassischen methodischen Dreischritt der Sozialen Arbeit mit Einzelnen und Familien wird ein erweiterter Sechs-Schritte-Rhythmus angeboten und die Ausgestaltung der Schritte thematisiert. So schlagen die AutorInnen vor, dass SozialarbeiterInnen während der Falleinschätzung insbesondere kontextualisieren, Probleme klar definieren, Ressourcen gründlich analysieren und Hypothesen über die Problembedingungen entwickeln sollten. Die Hilfeplanung zeichnet sich dadurch aus, wie auch Matthias Müller in seinem Text zeigt, dass Ziele benannt und die Schritte zu den Zielen genau entwickelt werden (Handlungsplanung, Operationalisierung).

      Schließlich zeigt Andreas Hampe, wie die systemischen Sechs-Schritte helfender Kommunikation im Rahmen eines Case Management im Jugendamt, im Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienst (ASD) realisiert werden könnten. Da sich die Arbeit des ASD häufig auf »Multiproblemfamilien« bezieht, ja hier gerade die Herausforderung der Sozialen Arbeit liegt, beschäftigt er sich vor allem mit der Frage, wie derartigen Familien erfolgreich geholfen werden kann. Dazu stellt er – im Teil 1 seines Beitrags – zunächst theoretische Überlegungen an, die ein systemisches Verständnis von den KlientInnen Sozialer Arbeit ermöglichen und eine Haltung der SozialarbeiterInnen herausfordern, die genau dazu passt. Mit vielen Beispielen und Schaubildern wird deutlich gemacht, wie ein lösungs- und ressourcenorientiertes Arbeiten im Jugendamt gelingen kann, ohne zu vernachlässigen, dass gerade in diesem Bereich Sozialer Arbeit Hilfe und Kontrolle häufig zusammenfallen. Im Teil 2 bespricht er einen konkreten Fall und strukturiert diesen mit Hilfe des von Britta Haye und Heiko Kleve beschriebenen Sechs-Phasen-Modells für die Falleinschätzung und Hilfeplanung. Der Beitrag von Andreas Hampe stellt gewissermaßen die Synthese dessen dar, was in den Texten zuvor vorgestellt und erläutert wurde.

      Ich hoffe, dass die Beiträge dieses Buches dazu einladen, die vorgestellten Konzepte auf ihre praktische Brauchbarkeit zu testen, denn die Autoren sind der Meinung, dass gerade die systemisch-konstruktivistische Orientierung in der Sozialen Arbeit kombiniert mit einem strukturierten Case-Management-Prozess das ermöglicht, was SozialarbeiterInnen anstreben: erfolgreich zu helfen – nämlich so, dass KlientInnen im Sinne von Empowerment ermächtigt werden, ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände zu nehmen.

       Methodische Grundlagen Sozialer Arbeit

       Eine fragmentarische Skizze

       Heiko Kleve

       Praxis, Wissenschaft und Methoden Sozialer Arbeit

      Sozialarbeit und Sozialpädagogik sind in Deutschland die beiden zentralen Wissens- und Handlungsbereiche der Sozialen Arbeit. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass Sozialarbeit (»Armenfürsorge«) Ersatz für schwindende familiäre Sicherungsleistungen bietet, während Sozialpädagogik (»Jugendfürsorge«) die schwindenden familiären Erziehungsleistungen kompensiert (vgl. Mühlum 1996). Inzwischen können wir allerdings von einer Identität von Sozialarbeit und Sozialpädagogik sprechen (vgl. Merten 1998), d. h., eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Bereichen ist kaum noch möglich, sodass das Berufsfeld immer häufiger als Soziale Arbeit bezeichnet wird.

      Soziale Arbeit lässt sich in Praxis (Profession Soziale Arbeit) und Wissenschaft (Disziplin bzw. Fachwissenschaft Soziale Arbeit, Sozialarbeitswissenschaft) unterscheiden. Die Methoden der Sozialen Arbeit können als ein Bindeglied zwischen Praxis und Wissenschaft verstanden werden.

Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Soziale Arbeit
Sozialarbeitspraxis Sozialarbeitswissenschaft
Profession Soziale Arbeit Disziplin Soziale Arbeit
Sozialarbeiterische Organisationen, freiberufliche Sozialarbeit Hochschulen bzw. hochschulische Fachbereiche für Soziale Arbeit
Wirksamkeit und Angemessenheit des Handelns
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