Mamas Alzheimer und wir. Peggy Elfmann
oder Therapeuten können helfen, die Verunsicherung und Angst zu bewältigen. Diese können dabei unterstützen, die Diagnose und die Veränderungen anzunehmen und damit umzugehen. Gerade am Anfang der Erkrankung kann dies sehr hilfreich sein, aber auch im Verlauf sind Gespräche mit Psychologen und anderen Experten sinnvoll. Auch Gesprächsgruppen von Menschen mit Demenz, wo man sich untereinander in kleinem Kreis austauschen kann, können eine gute Unterstützung sein.
Künstlerische Therapien: Kunst-/Musik-/Tanztherapien bieten von Beginn an eine gute Unterstützung bei Unruhe, Aggression, depressiver Stimmung oder Ängsten. Über verschiedene Aktivitäten können kommunikative und soziale Kompetenzen gefördert werden. Bei der Musiktherapie werden Menschen mit Demenz über die Stimme oder Instrumente zum Mitmachen oder aktiven Anhören angeregt. Untersuchungen haben gezeigt, dass unabhängig von der Phase der Demenz eine Musiktherapie positiv auf die Psyche und das Verhalten wirken kann, vor allem bei Angstzuständen. Musik wirkt stärker als Worte, denn darüber werden vor allem die Gefühle erreicht.
Biografiearbeit und Erinnerungspflege: Therapeuten oder Psychologen arbeiten dabei häufig mit Bildern, Gegenständen, Musik oder Büchern aus der Vergangenheit des Menschen mit Demenz. Ziel ist es, in den Gesprächen schöne Erinnerungen zu wecken, um ein positives Selbstbild zu entwickeln und den Menschen mit Demenz zu stärken. Welche Gegenstände sich eignen, hängt dabei von der Person und auch vom Stadium der Erkrankung ab. Das Vorspielen von Musik mit biografischem Bezug wird auch bei sehr unruhigen und aggressiven Menschen empfohlen, da es Effekte auf ihr Verhalten haben kann und sie beruhigt.
Tiergestützte Therapie: Dabei handelt es sich in der Regel um Besuchstherapien. Am häufigsten eingesetzt werden Hunde, aber auch andere Tiere wie Pferde, Esel, Kaninchen oder Meerschweinchen kommen infrage. Durch den Kontakt, das Kümmern oder das Beobachten werden die Sinne und Emotionen der Menschen mit Demenz angeregt. Studien zeigen, dass die Tiertherapie depressive Verstimmungen verbessert, Unruhe und Aggressionen lindern kann und Menschen mit fortgeschrittener Demenz reger und wacher werden können.
Sensorische Verfahren: Dazu gehören Methoden, um die Sinne anzuregen, etwa Aromatherapie, Massagen und Lichttherapie. So hat sich gezeigt, dass bestimmte Duft- und Aromastoffe auf Menschen mit einer mittleren bis schweren Demenz bei starker Unruhe eine entspannende Wirkung haben. Auch körperliche Berührungen wie bei einer Massage können beruhigend wirken.
Angebote für Angehörige:
Alzheimer betrifft nicht nur den Menschen, der die Diagnose erhält, sondern auch seine Angehörigen. Sie werden mit neuen Aufgaben und Herausforderungen konfrontiert und fühlen sich oftmals mindestens genauso alleine. Gut, wenn sie sich Hilfe und den Austausch mit anderen suchen. Das kann in einer Gesprächstherapie mit einem Psychologen oder einem Coaching mit einem Therapeuten sein, aber auch Angehörigengruppen oder -beratungen sind Möglichkeiten, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich über seine eigenen Gedanken und Gefühle klar zu werden. Ich kann den Austausch in einer Angehörigengruppe sehr empfehlen und rate auch dazu, dies schon früh zu beginnen. In solchen Gruppen ist es manchmal sehr gemischt, was die Demenzformen und -stadien angeht, aber dennoch ist der Austausch untereinander oftmals sehr wertvoll und gewinnbringend. In einem Coaching wie auch in einer Therapie kann gezielter auf die individuelle Situation eingegangen werden. Solche Coachings und Beratungen finden auch telefonisch oder digital statt. Manche werden von den Krankenkassen bezahlt, bei anderen muss man die Kosten selber tragen oder sie funktionieren auf Spendenbasis. Egal wie, aber ich kann nur raten: Suchen Sie sich als Angehöriger ebenfalls jemanden zum Reden. Das kann auch eine befreundete Person oder der Partner sein. In jedem Fall tut es gut, sich auszutauschen, und ich möchte alle ermuntern, das zu tun. Denn nur wenn es den Angehörigen gut geht, können sie sich auch gut um den Menschen mit Demenz kümmern.
Angebote für Betroffene – unterstützte Selbsthilfe:
In Selbsthilfegruppen können Menschen mit Alzheimerdemenz und anderen demenziellen Formen von Vergesslichkeit über ihre Situation reden. Nicht alle haben ein tragfähiges privates Netzwerk oder sie möchten die Familie nicht belasten. Hier kann der Austausch mit anderen Betroffenen sehr hilfreich sein.
3 Alles wie immer! Alles wie immer?
„Liebe Mama, wie geht es dir? Du siehst gut aus, viel entspannter, als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Du hattest immer so viele dunkle Ringe unter den Augen und jetzt ist alles weg. Darüber bin ich sehr froh. Papa und du, ihr geht lange Runden joggen, macht Spaziergänge und Radtouren. Du nimmst sogar wieder an Wettkämpfen teil. Darum beneide ich dich.
Ich wünschte, ich hätte so viel Zeit wie ihr. In den letzten Wochen der Schwangerschaft habe ich so weitergearbeitet wie bisher. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass jemand auf die Idee kommt, ich könne meine Arbeit nicht schaffen. Ich bin gerne Mutter und liebe meine Tochter über alles, aber ich möchte doch nicht nur Mutter sein. Ich möchte gut arbeiten, sodass meine Chefs sehen, dass ich was kann. Ich wollte doch immer Journalistin sein und schreiben und erfolgreich sein, das möchte ich auch unbedingt weiterhin machen. Oder ist das egoistisch, jetzt, wo du krank bist …
Ich möchte das alles schaffen, und zwar mindestens so gut, wie du es geschafft hast. Du hast doch auch mit zwei Kindern immer gearbeitet, da werde ich das doch auch hinkriegen.
Manchmal bin ich traurig, weil du nicht mehr so richtig für mich da bist. Die Schwangerschaft ist anstrengend und ich wünschte mir, ihr würdet mich unterstützen und zu mir kommen und im Alltag mit anpacken. Papa stresst sich so wegen der Versicherung und dem Geld, dabei braucht ihr euch doch keine Sorgen machen. Das wird schon alles laufen. Aber diese unnütze Sorge macht Papa oft fahrig und das tut dir auch nicht gut. Hoffentlich ist das bald alles durch, damit in dieser Hinsicht Ruhe einkehren kann.
Ich bin oft traurig. Liegt das an den Hormonen? Die Schwangerschaft war für mich bisher eine Zeit der Ungewissheit und der Angst. Ich mache mir so viele Gedanken um meine Zukunft, meine Familie, meinen Job, dass ich gar nicht unbeschwert und glücklich sein kann. Ich freue mich sehr auf das Baby, aber ich werde oft traurig wegen dir. Wir haben eine große Feier gehabt, Omas 80. Geburtstag. Und es war wirklich ein nettes Fest. Aber ich konnte es nicht genießen. Ich musste immer wieder daran denken, dass wir deinen 80. Geburtstag auf jeden Fall nicht so feiern werden. Ich weiß nicht mal, ob wir ihn überhaupt feiern werden. Das hat mich so traurig gemacht, aber ich habe mich nicht getraut, das zu sagen. Ich möchte ja nicht mal daran denken, dass es so sein könnte.“
Stark bleiben
Während in meinem Bauch ein Baby wuchs, versuchten meine Eltern sich mit der Alzheimerkrankheit zu arrangieren. Es gab bürokratische Hürden und Fragen, die mit der Krankenversicherung geklärt werden mussten. Das machte meine Eltern unruhig. Mein Papa, der sich in all den Jahren nie um Versicherungen oder Finanzen gekümmert hatte, der nicht einmal zur Bank gegangen war, um Geld abzuheben, musste sich nun um Anträge und Rechnungen kümmern. Auf Mamas Schreibtisch, der früher immer so ordentlich war, lag nun ein Wirrwarr an ausgefüllten und leeren Anträgen, dazu Schreiben von der Krankenkasse und Versicherungen, dazwischen Schnellhefter und Ordner. Ich hätte gerne mal Ordnung gemacht. Einfach alles mal sortieren, um das Chaos zu zügeln. Aber Papa wollte keine Hilfe. „Ach, ich schaffe das schon“, sagte er, wenn mein Bruder oder ich Hilfe anboten.
Darüber war ich eigentlich auch dankbar. So sehr ich meinen Eltern anfangs helfen wollte, so sehr kam ich mittlerweile selbst an meine Grenzen. Ich war in hohem Maße mit meiner Schwangerschaft beschäftigt. Mein Bauch wurde oft hart, das Baby war sehr aktiv und strampelte viel. Ich wollte Ruhe, aber im Alltag gönnte ich sie mir nicht. Ich arbeitete weiter, mittlerweile wieder mehr Stunden, und beschäftigte mich nebenbei mit meiner baldigen neuen Familiensituation. Es sollte noch ein Mädchen werden, und ich freute mich riesig über diese Nachricht. Aber ich war auch unsicher: Wie würde es sein mit zwei Kindern? Könnte ich dieses neue Baby so sehr lieben wie meine Tochter? Ich konnte mir das nicht vorstellen. Aber alle Mütter, die mehrere Kinder haben, meinten, das wäre so. Dass man seine Liebe nicht teilen muss, sondern sie sich verdoppelt.