Baurecht Baden-Württemberg. Christoph Wassermann
häufig erst die Konsequenzen einer Baugenehmigung seien, müsse der obligatorisch Berechtigte im Rahmen des baurechtlichen Nachbarschutzes schon in diesem Stadium Klagerechte aufgrund einfachgesetzlicher Normen besitzen.[10] Obligatorisch Berechtigte treffe eine bauliche Veränderung auf dem Nachbargrundstück weiterhin häufig intensiver als den Eigentümer.
31
Herrschend wird dies verneint.[11] Lediglich obligatorisch Berechtigte seien nicht geschützt.
Hierfür wird angeführt, dass das Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen sei. Es werden die oben dargestellten Argumente (Rn. 27) vorgebracht.
Ein lediglich obligatorisch Berechtigter müsse hingegen seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen.[12] Könnte ein Mieter oder Pächter eine Verletzung bauplanungsrechtlicher Vorschriften gegenüber Dritten selbständig beispielsweise auch dann geltend machen, wenn der Eigentümer dies nicht will, so würde er damit in den Interessenausgleich der unmittelbar berechtigten Grundstückseigentümer einwirken.
In das Miet- bzw. Pachtrecht werde ebenso wenig eingegriffen, wie in das aus dem Miet- oder Pachtverhältnis folgende Besitzrecht.[13]
Es bestehe auch deshalb kein Bedürfnis für den baurechtlichen Schutz von obligatorisch Berechtigten, weil diese Gefährdungen von Leben und Gesundheit gestützt auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG mit einer Nachbarklage abwehren können.[14]
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe dem nicht entgegen, da in der von der a.A. herangezogenen Entscheidung nur auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkung, die der Planfeststellungsbeschluss auch hinsichtlich dieses obligatorischen Rechts am Grundstück entfaltet, abgestellt werde.[15]
JURIQ-Klausurtipp
Sollte in dem von Ihnen zu bearbeitenden Fall ein Mieter oder Pächter involviert sein, so müssen sie dieses Problem darstellen.
Anmerkungen
BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.
Bayerischer VGH BayVBl 2004, 664.
BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.
BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.
Determann UPR 1995, 215; Thews NVwZ 1995, 224.
BVerfGE 89, 1.
Determann UPR 1995, 215.
V. Mutius GS Sonnenschein, 69, 95
Determann UPR 1995, 215.
Determann UPR 1995, 215.
BVerwG NVwZ 1998, 956; Muckel JuS 2000, 132, 137; Ortloff NVwZ 1999, 955,.
BVerwG NJW 1989, 2766 m.w.N.
BVerwG NVwZ 1998, 956.
BVerwG NJW 1989, 2766 m.w.N.
BVerwG NVwZ 1998, 956.
2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz
E. Bestandsschutz
Hinweis
Fragen des Bestandsschutzes haben insbesondere bei der Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich Bedeutung (Rn. 381 ff.). Bestandsschutz wird jedoch auch im Bereich der präventiven (s. Rn. 419 ff.) und der repressiven Bauüberwachung (s. Rn. 437 ff.) relevant.
2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › I. Der Begriff des (baurechtlichen) Bestandsschutzes
I. Der Begriff des (baurechtlichen) Bestandsschutzes
32
Wegen der Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG kommt dem Bauherren nicht nur die Baufreiheit (s. Rn. 20), sondern als deren weiterer Bestandteil auch der Bestandsschutz zu.
33
In allgemeiner Hinsicht wird unter Bestandsschutz die Frage angesprochen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte vorteilhafte Rechtsposition auch in Zukunft aufrechterhalten bleiben kann, obwohl sich die äußeren Umstände verändert haben.[1] Das Institut des Bestandsschutzes zielt also darauf ab, etwas tatsächlich Vorhandenes gegen Eingriffe zu schützen.[2] Dieser Schutz kommt bestehenden Rechten bzw. sonstigen Positionen zu. Eingriffe können auch in den Anforderungen veränderter öffentlich-rechtlicher Normen liegen.[3] Wegen des Schutzes durch den Bestandsschutz soll der vorhandene Bestand nicht nur erhalten, sondern auch weiterhin genutzt werden dürfen.[4]
Hinweis
Die Reichweite des Bestandschutzes kann in den einzelnen Rechtsgebieten vom Gesetzgeber unterschiedlich ausgestaltet sein. So gelten z.B. im Immissionsrecht u.a. wegen der dynamischen Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 BImSchG[5] andere Bestandsschutzregeln als im Baurecht. Maßgeblich für die gesetzliche Ausgestaltung des Bestandsschutzes ist zum einen die Schutzwürdigkeit des Bestandes und zum anderen die Schutzwürdigkeit des vom Bestandsschutz Betroffenen.[6]
34
Der baurechtliche Bestandsschutz umfasst grundsätzlich das Recht, dass eine bauliche Anlage, die seinerzeit formell und bzw. oder materiell rechtmäßig errichtet worden