BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
Sachen des Mieters, die in einem sachlichen Zusammenhang mit seinem Mietgebrauch auf das vermietete Grundstück verbracht werden. Deshalb erfordert die Einbringung von Sachen das willentliche Hineinschaffen der Sachen durch den Mieter in den durch das Mietverhältnis vermittelten Machtbereich des Vermieters,[82] womit das Vermieterpfandrecht entsteht.[83] Gesichert sind nur fällige Entschädigungsforderungen des Vermieters sowie die Miete für das laufende und das folgende Mietjahr (§ 562 Abs. 2). Das Pfandrecht des Vermieters erlischt grundsätzlich mit der Entfernung der dem Pfandrecht unterliegenden Sachen von dem Grundstück, außer wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters oder trotz seines Widerspruchs erfolgt (§ 562a S. 1). In den zuletzt genannten Fällen gewährt § 562b Abs. 1 dem Vermieter zugleich ein (problematisches) erweitertes Selbsthilferecht. Kein Widerspruchsrecht und folglich auch kein Selbsthilferecht hat der Vermieter jedoch nach § 562a S. 2, wenn die Entfernung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht oder wenn die zurückbleibenden Sachen zu seiner Sicherung ausreichen. Beispiele für eine danach zulässige Entfernung von Sachen sind bei einem Geschäft die Veräußerung von Waren oder die Ausfahrt von Geschäftsfahrzeugen.
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Die Verwertung der belasteten Sachen für die offenen Forderungen des Vermieters richtet sich nach den Vorschriften über das Vertragspfandrecht (§§ 1257, 1228, 1233 ff). Ein Pfandverkauf durch den Vermieter setzt folglich voraus, dass er sich im Besitz der Sachen befindet (s. §§ 1233 Abs. 1, 1235). Fehlt es daran, so muss er nach § 1231 vorgehen. In der Insolvenz des Mieters gewährt ihm sein Pfandrecht ein Absonderungsrecht (§ 50 InsO)[84]. Wird die dem Pfandrecht des Vermieters unterliegende Sache des Mieters durch einen Dritten gepfändet wird, so kann der Vermieter lediglich gemäß § 805 ZPO vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös verlangen.
2. Kaution
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In der Praxis der Wohnraummiete ist das umständliche Vermieterpfandrecht (o. Rn 53 ff) mittlerweile weitgehend durch die Sicherheitsleistung des Mieters, meistens Kaution genannt, verdrängt worden. Eine partielle gesetzliche Regelung findet sich seit 1992 (nur) für die Wohnraummiete in dem grundsätzlich zwingenden § 551. Diese Vorschrift gilt an sich für sämtliche Sicherheitsleistungen des Mieters einschließlich etwa einer Bürgschaft Dritter; ganz im Vordergrund des Interesses und damit auch der gesetzlichen Regelung steht jedoch die verbreitete Geld- oder Barkaution, auf die sich deshalb die folgenden Ausführungen beschränken sollen. Bei der Barkaution zahlt der Mieter, in der Regel bei Vertragsschluss, eine bestimmte Summe an den Vermieter, aus der sich der Vermieter befriedigen kann, wenn der Mieter seinen Zahlungspflichten aus dem Mietvertrag nicht pünktlich nachkommt. Die rechtliche Konstruktion ist umstritten. Richtiger Meinung nach dürfte es sich dabei um ein treuhänderisch gebundenes Darlehen handeln (§§ 242 und 488).[85] Kommt der Mieter mit der Leistung der Kaution in Verzug, so hat der Vermieter außerdem nach § 569 Abs. 2a ein außerordentliches Kündigungsrecht.
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Die Barkaution darf nach § 551 Abs. 1 höchstens das Dreifache einer Monatsmiete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. Der Mieter ist außerdem berechtigt, den Kautionsbetrag in drei gleichen monatlichen Teilzahlungen zu erbringen, die erste Rate bei Beginn des Mietverhältnisses (§ 551 Abs. 2) und die beiden folgenden Raten zusammen mit den unmittelbar folgenden Mietzahlungen (§ 551 Abs. 2 S. 3 idF von 2013). Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, den Betrag verzinslich bei einem Kreditinstitut anzulegen, wobei die Zinsen dem Mieter zustehen und die Sicherheit erhöhen (§ 551 Abs. 3 S. 1, 3–4). Die Parteien können aber auch eine andere Anlageform, z. B. in Aktienfonds, vereinbaren (§ 551 Abs. 3 S. 2). Die Anlage muss vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen, um zu verhindern, dass sich das Pfandrecht der Banken auf den Kautionsbetrag erstreckt; außerdem kann der Mieter dann nach § 771 ZPO intervenieren, wenn Gläubiger des Vermieters in den Betrag vollstrecken. In der Insolvenz des Vermieters hat der Mieter unter denselben Voraussetzungen ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO)[86].
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Während des Mietverhältnisses kann sich der Vermieter (nur) wegen sofort liquider Forderungen gegen den Mieter aus dem Kautionsbetrag befriedigen und sodann Wiederauffüllung der Sicherheit verlangen[87]. Nach Beendigung des Mietverhältnisses muss er dagegen binnen einer angemessenen Frist, die meistens auf drei bis sechs Monate bemessen wird, mit dem Mieter über seine noch offenen Forderungen und die Kaution abrechnen, widrigenfalls der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution fällig wird[88].
Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › IX. Kauf bricht nicht Miete
1. Eintritt des Erwerbers
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Nach § 566 Abs. 1 (iVm § 578 Abs. 1) tritt im Falle der Veräußerung des vermieteten Grundstücks der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn die Veräußerung nach der Überlassung des Grundstücks an den Mieter erfolgt. Diese Regelung soll den Mieter – der nur ein obligatorisches, kein dingliches Besitzrecht hat –, dessen Besitzrecht also grundsätzlich nicht gegen Dritte wirkt, davor bewahren, im Falle der Veräußerung des Grundstücks sein Besitzrecht gegenüber dem Erwerber zu verlieren. Die vom Gesetzgeber dafür auf Druck der Öffentlichkeit gewählte Lösung in den §§ 566 und 578 Abs. 1 wird überwiegend dahin interpretiert, dass im Augenblick des Eigentumsübergangs in der Person des Grundstückserwerbers kraft Gesetzes ein neues Mietverhältnis, freilich mit dem Inhalt des alten entsteht (sog. Novationslösung).[89] Vorzugswürdig ist indessen die gleichfalls mögliche Interpretation des § 566 als gesetzlich angeordneter Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber, so dass von Fall zu Fall auch Raum für eine entsprechende Anwendung der §§ 404 ff ist.[90] Die Folge der gesetzlichen Regelung ist, dass es unter den in § 566 Abs. 1 genannten Voraussetzungen (Rn 60) zu einer Zäsur in dem Mietverhältnis kommt: Bereits vor dem Eigentumsübergang begründete und fällige Ansprüche des Vermieters wie z. B. Schadensersatzansprüche wegen Zahlungsverzugs des Mieters verbleiben bei dem ursprünglichen Vermieter, während die erst nach dem Eigentumswechsel fällig werdenden Ansprüche allein dem nunmehrigen Grundstückseigentümer zustehen (sog. Fälligkeitsprinzip).[91]
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Der Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag hat nach § 566 Abs. 1 drei Voraussetzungen: Erste Voraussetzung ist Identität des Eigentümers, des Vermieters und des Veräußerers[92]; § 566 findet nur Anwendung, wenn der Vermieter zugleich der das Grundstück veräußernde Eigentümer ist. Diese Voraussetzung muss (zweitens) spätestens im Augenblick der Veräußerung des Grundstücks, d. h. bei Übergang des Eigentums auf den Erwerber auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages vorliegen. Solange das Eigentum noch nicht übergegangen ist, ändert sich daher nichts an der Vermieterstellung des Grundstücksveräußerers. Dritte Voraussetzung des § 566 ist schließlich, dass dem Mieter das Grundstück im Augenblick der Veräußerung, d. h. des Eigentumsübergangs bereits übergeben war und sich der Mieter in diesem Augenblick auch noch im Besitz der Mietsache befindet[93]. In der Zeit vor Übergabe