AGB-Recht. Martin Schwab
Zutreffend BGH NJW 1977, 624, 625 f.; OLG Saarbrücken NZM 2016, 50 Rn. 26; LG Berlin GE 2017, 477; LG Frankfurt NJW 1984, 2419, 2420.
BGH NJW 1987, 1634 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 275.
OLG Hamm NJW 1981, 1049.
OLG Hamburg IBR 2005, 3.
BGHZ 200, 326 Rn. 28 ff.
Häublein/Moussa MittBayNot 2011, 46, 47 f.
Teil 2 Die Einbeziehung von AGB in den Vertrag › 1. Kapitel Die Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 II BGB
1. Kapitel Die Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 II BGB
Inhaltsverzeichnis
I. Die Erfordernisse des § 305 II BGB
II. Persönlicher Geltungsbereich und Bereichsausnahmen
III. Einbeziehung von AGB und Rechtsgeschäftslehre des BGB
IV. Der Hinweis des Verwenders auf die AGB
V. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den AGB
VI. Das Einverständnis des Kunden
VII. AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr
VIII. Kollidierende AGB
I. Die Erfordernisse des § 305 II BGB
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Nach § 305 II BGB ist die Einbeziehung von AGB in den geschlossenen Vertrag von drei Voraussetzungen abhängig:
(1.) | Der Kunde muss bei Vertragsschluss auf die AGB hingewiesen werden (§ 305 II Nr. 1 BGB). |
(2.) | Dem Kunden muss die Möglichkeit verschafft werden, von den AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (§ 305 II Nr. 2 BGB). |
(3.) | Der Kunde muss mit der Geltung der AGB einverstanden sein. |
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Die Beweislast für die Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen trägt der Verwender. Ihm obliegt dieser Beweis auch dann, wenn er sich mittels einer vorformulierten Klausel bestätigen lässt, dass der Kunde auf die AGB hingewiesen bzw. ihm die Möglichkeit zur Kenntnisnahme verschafft worden sei; denn eine solche Klausel ist nach § 309 Nr. 12 b BGB unwirksam: Es wird die Beweislast für Umstände, welche für die Einbeziehung von Bedeutung sind und in der Sphäre des Verwenders liegen, auf den Kunden abgewälzt[1].
Anmerkungen
Vgl. BGH NJW 1988, 2106, 2108: Bestätigung des Kreditnehmers, dass ihm die AGB der Bank ausgehändigt worden sind.
II. Persönlicher Geltungsbereich und Bereichsausnahmen
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Diese qualifizierten Erfordernisse gelten freilich in dieser Form nur im Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern, gemäß § 310 I 1 BGB dagegen nicht im unternehmerischen Geschäftsverkehr (vgl. dazu unten Rn. 107 f.). Des Weiteren sieht das Gesetz in § 305a BGB selbst für den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern einige bedeutsame Bereichsausnahmen vor, in denen die Erfordernisse des § 305 II BGB ebenfalls nicht eingreifen. Es handelt sich hierbei um Beförderungsbedingungen für öffentliche Verkehrsmittel (§ 305a Nr. 1 BGB) sowie um AGB für bestimmte Dienstleistungen der Post und der Telekommunikation (§ 305a Nr. 2 BGB) sowie für Arbeitsverträge (§ 310 IV 2 Hs. 2 BGB). In diesen Fällen kann auf Hinweis und Möglichkeit der Kenntnisnahme verzichtet werden, niemals aber auf das Erfordernis, dass der Kunde mit der Geltung der AGB einverstanden sein muss[1]: Auch im AGB-Recht gilt das Konsensprinzip (sogleich Rn. 4).
Anmerkungen
Zutreffend Schimmel/Buhlmann/Börner/Arentz Frankfurter Handbuch zum neuen Schuldrecht, S. 347.
1. Das Konsensprinzip
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Das Erfordernis, dass der Kunde mit der Geltung der AGB einverstanden sein muss, enthält für sich gesehen keine Abweichung von den allgemeinen Regeln über den Abschluss von Verträgen: Selbstverständlich gilt auch hier das Konsensprinzip. Niemandem werden Vertragsbedingungen aufgedrängt, die er nicht in seinen Geschäftswillen aufgenommen hat.
2. Keine konkludente Einbeziehung von AGB
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Dagegen zeigt § 305 II Nr. 1 BGB mit Deutlichkeit, dass eine konkludente Einbeziehung von AGB kategorisch ausscheidet: Wer im Geschäftsverkehr mit einem Verbraucher AGB verwenden will, muss ausdrücklich auf sie hinweisen und kann sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, der Kunde habe mit den AGB, da branchenüblich, rechnen müssen. Anknüpfend daran wird der Verwender auch nicht mit dem Argument gehört, der Kunde habe sich, da er mit den AGB rechnen müsse, aus eigenem Antrieb Kenntnis von ihnen zu verschaffen, bevor er den Vertrag schließe: Nach § 305 II Nr. 2 BGB ist es Aufgabe des Verwenders, dem Kunden die Kenntnisnahme zu ermöglichen.
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Der Einbeziehungskontrolle nach § 305 II BGB liegt damit ein wichtiger, für die Lösung von Einzelproblemen höchst bedeutsamer Kerngedanke zugrunde: Die Initiativlast für die Einbeziehung von AGB liegt beim Verwender. Das bedeutet:
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Nicht der Kunde muss die Gedanken des Verwenders lesen, sondern |