AGB-Recht. Martin Schwab
wurde.
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Dagegen liegt der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Hinweis und Vertragsschluss vor, wenn zunächst ein Hinweis gegeben wird und sich sodann der Vertragsschluss verzögert, ohne dass dadurch der Verhandlungszusammenhang aufgehoben würde. Bietet der Verwender unter (genügendem) Hinweis auf seine AGB dem Kunden einen Vertragsschluss an und wird dies Angebot verspätet angenommen, so gilt die Annahme nach § 150 I BGB als neues Angebot des Kunden. Da sich die verspätete Annahme auf das ursprüngliche Angebot bezieht, übernimmt sie dessen Inhalt; die verspätete Annahme durch den Kunden enthält also ein neues Angebot, das inhaltlich komplett mit dem ursprünglichen Angebot des Verwenders übereinstimmt. Enthielt das Angebot des Verwenders AGB, so sind diese Bestandteil auch des Angebots des Kunden. Wird dies Angebot nunmehr vom Verwender angenommen, so kommt der Vertrag unter Einschluss der AGB zustande[16]. „Verwender“ ist in diesem Fall derjenige, der das ursprüngliche Angebot abgegeben hat; denn er hat die Einbeziehung der AGB veranlasst[17].
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Das gleiche gilt generell, wenn der Verwender im Laufe von Vertragsverhandlungen auf seine AGB hinweist und diese Verhandlungen, sei es auch mit zeitlicher Verzögerung (etwa infolge einer vereinbarten längeren Frist für die Annahme des Vertragsangebots), zum Abschluss eines Vertrags führen[18]. Dagegen reichen Hinweise aus früheren Verträgen oder früheren gescheiterten Vertragsverhandlungen nicht aus, um die Anforderungen des § 305 II Nr. 1 BGB zu erfüllen[19]; dies selbst dann nicht, wenn der neue Vertrag im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung geschlossen wird[20]. Man wende namentlich nicht ein, dem Kunden habe aus den früheren Verhandlungen klar sein müssen, dass der Verwender nur zu seinen AGB abschließe: § 305 II Nr. 1 BGB will dem Kunden gerade solche Gedankenoperationen ersparen. Nicht er soll ermitteln müssen, zu welchen Bedingungen der Verwender vermutlich abschließen will; vielmehr ist es Aufgabe des Verwenders, seinen Wunsch nach Einbeziehung seiner AGB klar nach außen kundzutun. Wer beabsichtigt, für eine Mehrzahl von Verträgen pauschal im Vorhinein seine AGB zur Geltung zu bringen, muss seinen Vertragspartner zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung nach § 305 III BGB bewegen.
a) Schriftlicher Vertragsschluss
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Tipp
Bei schriftlichen Verträgen muss der Hinweis des Verwenders auf seine AGB auf der Vorderseite des Vertrags- bzw. Angebotsformulars stehen.
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Dies bedeutet insbesondere, dass AGB, die auf der Rückseite der Vertragsurkunde abgedruckt sind, nicht Vertragsbestandteil werden, wenn nicht die Vorderseite einen Hinweis hierauf enthält (z.B.: „Es gelten unsere umseitig abgedruckten AGB“)[21]. Selbst ein Hinweis auf der Vorderseite reicht nicht aus, wenn selbst ein geübter Leser ihn nicht sofort erkennt[22]. Was Vorder- und was Rückseite ist, hängt zudem nicht von der Bezeichnung durch den Verwender, sondern vom Erwartungshorizont des durchschnittlichen Kunden ab: Wenn sich die „Seite 1“ des beidseitig bedruckten Vertragsformulars aus der Sicht des Kunden als Rückseite darstellt, werden die AGB nicht Vertragsbestandteil, wenn nicht auf der anderen Seite auf sie hingewiesen wird[23]. Der Hinweis auf der Vorderseite muss des weiteren deutlich klarstellen, welcher Text auf der Rückseite vom Hinweis erfasst werden soll: Wenn auf der Vorderseite auf die umseitig abgedruckten AGB verwiesen wird und die Rückseite einen Text unter dem Titel „Vorbemerkungen“ und einen weiteren Text unter dem Titel „AGB“ enthält, so sind nur die „AGB“ einbezogen, nicht aber auch die „Vorbemerkungen“: Auf sie war auf der Vorderseite nicht hingewiesen worden[24].
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Das Hinweiserfordernis ist hingegen in jedem Fall erfüllt, wenn die AGB integraler Bestandteil der Vertragsurkunde sind (sog. Formularverträge)[25]; hier weiß der Kunde, dass alles, was oberhalb der Zeile mit seiner Unterschrift steht, Bestandteil des Vertrags werden soll, sei es nun vorformuliert und vom Verwender gestellt oder aber im Einzelnen ausgehandelt. Ebenso ist das Hinweiserfordernis erfüllt, wenn der Verwender den Kunden ein Angebotsformular ausfüllen lässt und dies Formular jenen Hinweis deutlich sichtbar auf der Vorderseite enthält[26]: Entscheidend ist nicht, wer formell das Angebot i.S.d. § 145 BGB und wer die Annahme i.S.d. § 147 BGB erklärt hat. Maßgebend ist vielmehr, ob derjenige, der AGB in den Vertrag einführt, dies seinem Vertragspartner gegenüber so deutlich macht, dass ihm die Einbeziehung der AGB klar vor Augen geführt wird. Das ist bei einem Verweis auf dem vom Kunden auszufüllenden Angebotsformular ebenso der Fall, wie wenn der gleiche Hinweis auf einem Angebotsschreiben des Verwenders selbst enthalten wäre.
b) Mündlicher Vertragsschluss
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Wenn der Vertrag mündlich geschlossen wird, muss der Verwender ausdrücklich erklären, dass er unter Einbeziehung seiner AGB kontrahieren will; es genügt allerdings auch, dass er dem Kunden die schriftlich vorformulierten AGB persönlich aushändigt[27].
c) Hinweis auf geänderte AGB
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Tipp
Geschäftsleute, die nicht nur Laufkundschaft, sondern auch Stammkunden betreuen, sollten bei jeder Änderung von AGB nicht nur auf die AGB an sich, sondern gerade auch auf die erfolgte Änderung hinweisen.
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Wer in regelmäßigen Abständen die Leistungen eines bestimmten Unternehmers in Anspruch nimmt und bei Gelegenheit eines Vertragsabschlusses auf die AGB hingewiesen wird, geht davon aus, dass der Unternehmer auf Dauer mit diesen AGB arbeitet. Mit Änderungen rechnet der Kunde in einer solchen Situation nicht ohne weiteres. Sollen einem Stammkunden gegenüber geänderte AGB einbezogen werden, so bedarf es daher eines gesonderten Hinweises auf die Änderung, wenn diese ebenfalls einbezogen werden soll[28].
d) Vertragsschluss im Internet
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Beim Vertragsschluss im Internet muss der Hinweis auf die AGB so deutlich auf der Website des Verwenders zu lesen sein, dass er nicht übersehen werden kann; ein kleingedruckter Hinweis am unteren Rand der Bestellmaske reicht nicht aus, um den Anforderungen des § 305 II Nr. 1 BGB gerecht zu werden[29]. Das Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises ist etwa erfüllt, wenn der Hinweis unübersehbar auf der Bestellmaske in unmittelbarer Nähe zur eigentlichen Bestellung plaziert ist[30]. Der Hinweis auf einer vorgeschalteten Bildschirmseite genügt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht[31] nicht ohne weiteres – und zwar nicht einmal dann, wenn der Kunde diese Seite auf dem Weg zum Vertragsschluss zwingend durchlaufen muss[32]. Denn es ist nicht sichergestellt, dass der Kunde, der auf der Website des Anbieters zielgerichtet nach dem Bestellformular forscht, den vorgeschalteten Einblendungen genügend Aufmerksamkeit schenkt.
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In den letzten Jahren erlangen zunehmend Kostenfallen Bedeutung. Es handelt sich um Fälle, in denen angeblich kostenlose Angebote präsentiert werden und dabei durch die geschickte Aufmachung von Internetseiten verschleiert wird, dass der Kunde in Wirklichkeit eine entgeltpflichtige Leistung bucht. Um den ahnungslosen Kunden vor solchen Fallen zu schützen, lassen sich mehrere juristische Argumentationsstränge denken, die allesamt geeignet sind, das gewünschte und allein gerechte Ergebnis zu tragen: Selbstverständlich muss der Kunde für solche Leistungen nichts bezahlen. Man mag etwa ins Feld führen, der Kunde handle ohne Erklärungsbewusstsein[33], und dies sei dem Anbieter auch bekannt, da dieser jenes Handeln selbst provoziert habe. Es fehle daher schon an einer Willenserklärung