Soldatengesetz. Stefan Sohm
Eignung (vgl. zu Einzelheiten die Komm. zu § 37 Rn. 38 ff., zum Sonderfall der Weiterverwendung Einsatzgeschädigter, die nicht dienstunfähig sind, als BS u. Rn. 120 ff.), der angesichts der Forderung nach ständiger Einsatzfähigkeit der Soldaten herausragende Bedeutung zukommt[45], spielt insbes. vor der erstmaligen Begr. eines Wehrdienstverhältnisses eine Rolle. Bewerber, die als BS oder SaZ eingestellt werden wollen, müssen sich einer entspr. medizinischen Annahmeuntersuchung unterziehen. Dies gilt insbes. auch für FWDL, die SaZ oder BS, sowie für SaZ, die BS werden wollen.
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Die körperliche Eignung des Soldaten geht über die für Beamte geltende Anforderungen hinaus, denn die Kernaufgabe des Soldaten – der grds. in dem gesamten Verwendungsspektrum einsetzbar sein muss – ist seinem Berufsbild nach der (trotz hohen Technisierungsgrades auch unmittelbar körperlich geführte) Kampf. Schon ein Bewerber um ein Soldatenverhältnis muss die körperliche Leistungsfähigkeit besitzen, die von ihm in den wesentlichen Dienststellungen der angestrebten Laufbahn und Laufbahngruppe, in den diesen zugeordneten Dienstgraden und in der konkret anzutretenden Verwendung erwartet werden muss,[46]gleiches gilt für denjenigen, der im Wehrdienstverhältnis steht. Notwendig ist, dass sich die körperliche Eignung in einer angemessenen gesundheitlichen Eignung dokumentiert. Der aktuelle Gesundheitszustand[47] darf keinen Anlass zu der Prognose bieten (z.B. wegen bereits vorhandener gesundheitlicher Mängel), der Bewerber werde häufiger über das sozial adäquate Maß hinaus oder chronisch erkranken oder vor dem Erreichen der Altersgrenze dienstunfähig werden.[48] Ändert sich die körperliche Eignung des Soldaten im Laufe der Dienstzeit hat das Auswirkung auf weitere Verwendungen, denen der Dienstherr im Rahmen seines (nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren) Organisationsermessens begegnen kann. Das kann von dem Ausschluss bestimmter Verwendungen bis zur Entlassung bzw. Ruhestandsversetzung reichen – einen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen oder Verwendungen hat der Soldat allenfalls unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten. So ist im Einzelfall bspw. denkbar, bei Adipositas vor einer Entlassung wegen Dienstunfähigkeit eine Frist zur Gewichtsreduktion gewähren zu müssen (nicht jedoch auch die Durchführungsmöglichkeit anzubieten). Schwerbehinderte Soldaten werden durch § 18 Abs. 1 SoldGG bei Maßnahmen, insbes. bei Verwendungsentscheidungen und Beförderungen, vor Benachteiligungen wegen ihrer Behinderung geschützt, es sei denn, die Maßnahme hat die Art der auszuübenden soldatischen Tätigkeit zum Gegenstand, und eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit ist wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit.[49]
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Was an körperlicher Eignung in den soldatischen Laufbahnen zu verlangen ist, und welche gesundheitlichen Voraussetzungen für eine bestimmte Verwendung (z.B. als Offz des militärfachl. Dienstes im Flugsicherungskontrolldienst oder als Offz d. R. des Truppendienstes[50]) zu fordern sind, hat das BMVg im Rahmen eines ihm insoweit zustehenden weiten Einschätzungsspielraums in Dienstvorschriften[51] und Erl. festgelegt. Hierzu bedarf es auch keiner gesetzlichen oder Rechtsverordnungsregelung, solange im Erlassweg lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der „Eignung“ erfolgt (bspw. Festlegung einer Mindestkörpergröße); etwas anderes gilt jedoch dann, wenn mit der Festlegung andere, eignungsfremde Zwecke verfolgt werden oder widerstreitende Grundrechte austariert werden müssen (bspw. Tätowierungen, Körperschmuck).[52] Welche Körperfehler für eine mil. Verwendung nicht mehr tragbar sind, unterliegt mil. Zweckmäßigkeitserwägungen, die gerichtl. nicht überprüft werden können.[53]
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Zur körperlichen Eignung gehören bei Auswahlverfahren für Soldaten die sportliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit.[54] Eine Grenze ist dort gegeben, wo die Erfüllung der soldatischen Aufgaben ein Mindestmaß fordert, unter das der Einzelne nicht gehen kann, ohne dass dies zu einer Belastung für die übrigen und damit zu einer Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte werden würde. Deshalb sind Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zulässig, um allgemeinen Anforderungen an Waffen- und Gerätebedienungen gerecht zu werden, auch wenn in hochtechnisierten SK Körperkraft kein vorrangiges Argument für die Eignung mehr sein mag. Auf das Geschlecht kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Es steht dem Dienstherrn jedoch frei, im Rahmen seines Organisationsermessens für bestimmte Verwendungen ein geringeres oder höheres Maß zu fordern, wobei die tragende Argumentation nur in einer Konkretisierung des Eignungs- und Leistungsmerkmals gefunden werden kann.[55]
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Eine Schwangerschaft ist kein Eignungsmangel mithin kein Fall der Dienstunfähigkeit, sondern der nur vorübergehend eingeschränkten Verwendungsfähigkeit.[56] Dies leitet das BVerfG aus Art. 6 Abs. 4 GG her. Entspr. diesem Schutzgedanken verbietet § 7 Abs. 2 SGleiG in Annahmegesprächen u.a. Fragen nach einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft. Ärztl. Untersuchungen zur Feststellung der körperlichen Eignung dürfen sich ohne ausdrückliche Einwilligung der Soldatinnen (gleiches gilt für Bewerberinnen) trotz § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG nicht gezielt auf das Bestehen einer Schwangerschaft erstrecken. Medizinisch notwendig ist aber der Hinw., dass bei einer Schwangerschaft sowohl die zur Feststellung der körperlichen Eignung notwendigen Tests der sportlichen Leistungsfähigkeit als auch sonstige Untersuchungen (z.B. Röntgenaufnahmen) fruchtschädigend sein können. Zudem ist die Aufklärung unverzichtbar, dass es im Fall einer Schwangerschaft durch schwangerschaftsbedingte Veränderungen in dem Organismus nicht möglich ist, die gesundheitliche Eignung zutreffend festzustellen, weil u.a. Laborwerte individuell von Normwerten abweichen. Teilt eine Soldatin eine Schwangerschaft mit oder wird diese durch die ärztl. Begutachtung während der Eignungsfeststellung bekannt, ist der ihr (diese Pflicht lässt sich aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 SoldGG herleiten) verbindlich (entspr. § 38 VwVfG[57]) zuzusichern, dass sie unmittelbar nach Ablauf des mutterschutzrechtl. Beschäftigungsverbots[58] erneut zur Eignungsfeststellung zugelassen wird. Hat eine Soldatin die Eignungsfeststellung erfolgreich absolviert und stellt sich vor Ernennung oder geänderter Verwendung heraus, dass sie schwanger ist, ist an der Entscheidung solange festzuhalten, wie das unter Berücksichtigung der Anforderungen möglich ist (so ist einerseits bspw. an der Ernennung zur Kommandeurin festzuhalten, andererseits aber bspw. von dem Befehl zur Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung vorläufig abzusehen). Ausnahmsweise darf hiervon abgesehen werden, wenn die Soldatin nach der Ernennung keinen mil. Dienst leisten, sondern Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch nehmen will.[59] Das Absehen von der Ernennung ist in diesen Fällen sachgerecht, weil der Zweck der Verwendung von vornherein vereitelt wird, wenn schon zu Beginn feststeht, dass es zu einer Dienstleistung in den SK auf absehbare Zeit nicht kommen wird.[60]
Für Soldatinnen besteht grds. Pflicht zur Meldung einer Schwangerschaft nach § 1 MuSchSoldV.[61]
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Bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung trifft den Soldaten eine Mitwirkungspflicht aus § 17a Abs. 2 Nr. 2 und ggf. aus § 44 Abs. 4; vgl. insoweit die Komm. bei §§ 17a und 44.
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Vgl. zu den geistigen Eigenschaften im Rahmen der Ermittlung der Eignung im engeren Sinne die Komm. zu § 37 Rn. 37.[62]
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Zu den charakterlichen Eigenschaften als Teil der Eignung im engeren Sinne vgl. die Komm. zu § 37 Rn. 33 ff. Zur charakterlichen Eignung gehört, dass der Dienstherr jederzeit von dem Soldaten