Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz - Eva-Maria Kremer


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juris L = NJW 1984, 1370; Schoch/Schneider/Bier/Möller, § 169 Rn. 145 ff.).

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      Im Übrigen sagt zum Rechtsschutz § 256 AO allgemein aus: Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Damit ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet.

      Gleiches gilt nach Landesverwaltungsvollstreckungsrecht (vgl. OLG Frankfurt B 16.2.2010 – 10 W 49/10, juris = NVwZ-RR 2010, 651). Das ist so für Rheinland-Pfalz ausdrücklich in § 16 LVwVG und für Bayern entsprechend in Art. 38 VwZVG geregelt.

      Die Einwendungen richten sich gegen die Gläubigerbehörde. Sie ist Adressatin im Rechtsschutzverfahren. Dabei könnte es zum Beispiel darum gehen, dass der Schuldner die Einrede der Verjährung erhebt (§ 19 Rn. 47 f.).

      Entsprechendes hat zu gelten, wenn die Gläubigerbehörde irrtümlich annehmen sollte, sie vollstrecke aus einem Verwaltungsakt, ein solcher jedoch nicht vorliegt. Das träfe etwa zu, falls die Behörde keinen Leistungsbescheid erlassen, sondern lediglich eine Rechnung ausgestellt hätte, die kein Verwaltungsakt ist (§ 3 Rn. 25). Hier kommt als Rechtsschutz der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO in Betracht (VGH München B 4.5.1994 – 23 CS. 94.913, juris = NVwZ-RR 1995, 477). Diese ist gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ein vollstreckbarer Titel. Gleiches gilt für eine bloße Zahlungsaufforderung ohne Verwaltungsaktcharakter (OVG Berlin-Brandenburg B 3.7.2010 – 5 S 13/10, juris = NVwZ-RR 2010, 908).

      Dieser Rechtsschutz bezieht sich ausschließlich auf die Vollstreckung wegen Geldforderungen nach dem ersten Abschnitt des Gesetzes (§§ 1 bis 5). Daher können hier die „Rechtsmittel“ des § 18 nicht, auch nicht hilfsweise, zugezogen werden. Denn sie betreffen allein den Rechtsschutz bei der Vollstreckung zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen nach dem zweiten Abschnitt des Gesetzes (§§ 6 bis 18).

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      Gemäß § 42 VwGO kann durch diese Klage die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt werden. Hier kann es sich allein um einen Leistungsbescheid handeln. Denn außer in § 3 Abs. 2 Buchst. a gibt es bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen keinen weiteren Verwaltungsakt. Die Anfechtungsklage einschließlich des Vorverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO und der Untätigkeitsklage des § 75 VwGO gewährt im Zusammenhang mit § 113 VwGO vollen Rechtsschutz, wenn die Behörde die Vollstreckung vor Unanfechtbarkeit des Leistungsbescheides einleitet (§ 3 Rn. 49). Die Anfechtungsklage richtet sich gemäß § 78 Abs. 1 VwGO gegen die Anordnungsbehörde, welche den Leistungsbescheid erlassen hat, also nicht gegen die Vollstreckungsbehörde.

      Bei der Anfechtung eines Geldleistungsbescheides kann es zu verschiedenartigen Urteilen kommen.

      Vordringlich bestimmt § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO: Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf.

      Folgerichtig bestimmt sodann § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO: Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat (vgl. VG Magdeburg U 14.12.2012 – 7 A 126/11, juris = NVwZ-RR 2013, 453). Dieser Ausspruch ist aber nach § 113 Abs. 1 S. 3 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. In einem solchen Fall käme eine Fortsetzungsfeststellungsklage laut § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO in Betracht.

      Gemäß § 113 Abs, 2 S, 1 VwGO kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung des Betrages durch eine andere ersetzen.

      Ist diese Entscheidung aus Zeitgründen nicht möglich, erlässt das Gericht ein Bestimmungsurteil nach § 113 Abs. 2 S. 2 VwGO (BVerwG U 3.6.2010 – 9 C 4/09, juris = BVerwGE 137, 105).

      Eine mit der Anfechtungsklage verbundene vorbeugende Feststellungsklage, mit welcher der Kläger den Vollzug des Leistungsbescheides abwehren will, ist nicht zulässig. Denn insoweit fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellung (BVerwG U 3.6.1983 – 8 C 43/81, juris = NVwZ 1984, 168).

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      Ebenfalls nach § 42 VwGO kann durch diese Klage die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Die Verpflichtungsklage einschließlich des Vorverfahrens und der Untätigkeitsklage gewährt im Zusammenhang mit § 113 VwGO vollen Rechtsschutz, wenn der Schuldner sich gegen einen unanfechtbaren Leistungsbescheid wendet. Er beantragt, die Anordnungsbehörde zur Aufhebung dieses Bescheides zu verurteilen.

      Hier ist die Rechtslage geklärt (vgl. BVerwG B 16.1.1968 – 4 B 156/67 –: Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 27; BVerwG U 26.5.1967 – 7 C 69/65, juris = BVerwGE 27, 141S. ; OVG Lüneburg U 18.6.1970 – 4 A 143/69, juris = NJW 1971, 72; VGH Kassel B 4.5.1988 – 4 TH 3493/86, juris = NVwZ-RR 1989, 507).

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      Überwiegend wird der Rechtsschutz des Schuldners durch die Feststellungsklage gewährleistet. Gemäß § 43 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden. Beklagte ist auch hier die Anordnungsbehörde.

      Beispiele:

Die Anordnungsbehörde hat keinen wirksamen Leistungsbescheid erlassen. Sie hat dem Schuldner eine bloße Rechnung geschickt. Eine Rechnung ist kein Verwaltungsakt (§ 3 Rn. 25).
Der „Schuldner“ hat einen Rückzahlungsanspruch (§ 6 Rn. 112).
Der Schuldner hat aufgerechnet (§ 3 Rn. 40).
Der Leistungsbescheid ist wegen fehlender sachlicher (Ressort-)Zuständigkeit der Behörde nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig und damit gemäß § 43 Abs. 3 VwVfG unwirksam.
Der Erschließungsbeitragsbescheid des örtlich nicht zuständigen Nachbarbezirks ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 2 Nr. 3, § 43 Abs. 3 VwVfG gleichfalls nichtig und unwirksam.

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      Gemäß § 146 Abs. 1 VwGO ist gegen Entscheidungen des Gerichtsvorsitzenden, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht bzw. an den Verwaltungsgerichtshof gegeben.


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