Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
man kann durchaus mit dem Mandanten auf die jeweils andere Seite schimpfen, sollte sich dabei aber niemals emotional beeinflussen lassen. Denn es ist eine der vornehmsten Aufgaben des sorgfältigen Anwalts, gerade bei diesen Mandaten rechtzeitig die Bremse zu ziehen, wenn ansonsten der Totalausfall droht, um wenigstens eine noch vertretbare gütliche Lösung zu finden.
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Ganz anders die Vertretung von Krankenhäusern, Medizinprodukteherstellern oder pharmazeutischen Unternehmen. Hier hat man es mit Gesprächspartnern zu tun, die, i.d.R. geprägt von den wirtschaftlichen Zielen, die ihr Unternehmen ansteuert, argumentieren und kommunizieren. Eine professionelle Interaktion mit diesen Mandanten ist meistens selbstverständlich.
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Der Vertragsarztrechtler wiederum sieht sich einem Mandaten gegenüber, dem der formale Charakter des Verwaltungsverfahrens, sei es im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, der Honorarverteilung oder der Zulassung nur noch Kopfschütteln abnötigt, dennoch aber juristischer Aufarbeitung bedarf. Solide Kenntnisse der untergesetzlichen Normen sind unverzichtbar. Man sollte sich im Übrigen davor hüten, „Feindbilder“ (KV, Prüfgremien, Kassen) aufzubauen, auch wenn die eine oder andere Polemik – fallbezogen – notwendig sein kann. Mandanten, die sich als Vertreter der Rosinentheorie verstehen, und ihren Vertragsarztstatus als Paket von Rechten und Pflichten nicht anerkennen wollen, sind schwierig zu führen.
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Wichtig
Mandanten, die betonen es ginge ihnen nicht um Geld, sondern nur um Gerechtigkeit, sollten rechtzeitig darauf hingewiesen werden, dass dieser Idealismus eine verständliche (aber auch ihre ureigenste) Angelegenheit ist, weil der Anwalt seine Tätigkeit für diese selbstlosen Streiter nun einmal nicht unter Gemeinnützigkeitsgesichtspunkten betrachten kann, sondern seinen Beruf u.a. auch zum Lebensunterhalt betreibt.
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Der Berater in Kooperationsfragen wird sich zum Teil mit erheblichen Fehlvorstellungen der Beteiligten auseinandersetzen müssen. Sei es, dass sie ihren eigenen Wert überschätzen (häufig), sei es, dass Externe die finanziellen Fragen maßgeblich beeinflussen. Natürlich gilt auch hier der abgedroschene, aber dennoch richtige Satz, dass eine ausgewogene Regelung den Vorzug verdient. Gerade in Kooperationsfragen gewinnt die steuerrechtliche Betrachtung besondere Bedeutung. Wer diesbezüglich keinen eigenen Zugang hat, sollte sich unbedingt externen Sachverstands bedienen.
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Das Medizinstrafrecht nimmt gewissermaßen eine Sonderstellung ein. Während der Medizinrechtler das materielle Medizinstrafrecht, insbesondere wenn es um Vermögensdelikte im vertragsärztlichen oder Krankenhausbereich geht, vielfach besser beherrschen wird, als ein Spezialist im Strafrecht, sieht es im Prozess (vielleicht mit Ausnahme der reinen Straftaten gegen Gesundheit und Leben) möglicherweise anders aus. Hier kann es hilfreich sein, sich die Aufgaben zu teilen und das Mandat z.B. mit einem Fachanwalt für Strafrecht gemeinsam zu führen.
2. Kapitel Das medizinrechtliche Mandat › E. Das Honorar
E. Das Honorar
2. Kapitel Das medizinrechtliche Mandat › E. Das Honorar › I. Mandatsbearbeitung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
I. Mandatsbearbeitung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
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Anwälte haben gelegentlich Scheu, mit ihren Mandanten über das eigene Honorar zu sprechen. Dabei könnte jetzt schon § 49b Abs. 5 BRAO helfen, der den Anwalt verpflichtet, seinen Auftraggeber vor Annahme des Mandats darauf hinzuweisen, wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert bemessen. Gerade im Medizinrecht gibt es etliche Fallgruppen, für die eine Abrechnung nach gesetzlichen Gebühren und Gegenstandswert aber eher unwirtschaftlich (für den Anwalt) ist. Hier bieten sich Vergütungsvereinbarungen an, wobei die Stundensätze sehr variieren. Auf der anderen Seite beutet sich ein erfahrener Gesellschaftsrechtler, der einen Gemeinschaftspraxis- oder MVZ-Vertrag nach Stundensätzen abrechnet, selbst aus, zumal das Haftungsrisiko nicht zu unterschätzen ist. Natürlich darf man dies nicht verabsolutieren, da der Konkurrenzdruck, der auf der Kollegenschaft lastet, erheblich ist. Der „arrivierte“ Medizinrechtler wird sich da naturgemäß leichter tun als der „Jungexperte“, der sich seinen Platz vielleicht auch zunächst über den Preis zu sichern sucht (was völlig legitim ist). Dennoch – Medizinrecht ist eine Spezialmaterie mit sehr hohem Qualifizierungsaufwand, der angemessen vergütet werden sollte.
Beispiele für Gegenstandswerte:
2. Kapitel Das medizinrechtliche Mandat › E. Das Honorar › II. Auszug aus dem Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit 2017
II. Auszug aus dem Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit 2017
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Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit Streitwertkatalog 5. Auflage 2017 [Stand: März 2017]
Überarbeitung des von der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte am 16.5.2006 auf Vorschlag des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz beschlossenen Streitwertkatalogs 2006
I. SGB V – Vertragsarztrecht | ||
1. | Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen außerhalb der Zulassung (§ 72 Abs. 2, § 82 Abs. 1 S. 1 SGB V iVm den Verträgen; u.a. §§ 73 Abs. 1a S. 5, 121a, 135 Abs. 2 SGB V) | erzielbare Einkünfte für einen Dreijahreszeitraum (LSG Nordrhein-Westfalen, 4.1.2012 – L 11 KA 140/10 B –), hilfsweise Regelstreitwert (BSG, 26.2.1996 – 6 RKa 20/95 –). Wenn eine Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung <Bestehen eines Kolloquiums> Gegenstand ist: Regelstreitwert (Bayerisches LSG, 23.12.2010 – L 12 KA 110/10 B –). |
2. | Anstellung eines Arztes in der Vertragsarztpraxis <Entlastungsassistent> (§ 95 Abs. 9, § 115, § 98 Abs. 2 Nr. 13 iVm der Zulassungsverordnung) | Wie bei B.VI.15.7.; zusätzliche Einnahmen aus der Tätigkeit des Assistenten für drei Jahre, es sei denn, die Genehmigung bezieht sich auf einen kürzeren Zeitraum. Abzuziehen sind die durchschnittlichen Praxiskosten und das zu zahlende Gehalt des Assistenten (BSG, 27.11.2006 – B 6 KA 38/06 B –); evtl. Auffangstreitwert (LSG Niedersachsen-Bremen, 26.5.2010 – L 3 KA 69/09 –). |
3. | Belegarzt (§§ 103 Abs. 7, 121 SGB V) | Wie bei B.VI.15.7. (SG Marburg, 22.3.2007 -S 12 KA 80/07 ER-; Hessisches LSG, 2.3.2007 – L 4 KA 5/07 ER -: im einstweiligen Rechtsschutz durchschnittliche Zeitdauer eines erstinstanzlichen Klageverfahrens im Vertragsarztrecht; Wenner/Bernard, NZS 2006, 1, 4). |
3.1 | Zulassung nach § 103 Abs. 7 S. 3 SGB V |
Wie bei B.VI.15.8, 15.11. (BSG, 1.4.2015 – B 6 KA 48/13 R – ; LSG Niedersachsen-Bremen, 18.2.2009 – L 3 KA 98/08 ER –; Hessisches LSG, 02.03.2007 – L 4 KA 5/07 ER -: im einstweiligen Rechtsschutz durchschnittliche |