DS-GVO/BDSG. David Klein

DS-GVO/BDSG - David  Klein


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6 jedenfalls dann problematisch ist, wenn dadurch das durch Art. 9 intendierte Schutzniveau gesenkt würde.[55] Art. 9 sperrt insofern die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 lit. f und damit einen Rückgriff auf die allgemeine Interessenabwägungsklausel im Rahmen der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten.[56] Zum Verhältnis von Art. 6 und 9 im Rahmen der Videoüberwachung vgl. Rn. 81. Ebenso kann eine Weiterverarbeitung sensibler Daten nicht ohne Weiteres nach Art. 6 Abs. 4 zulässig sein.[57] Indem Art. 9 somit eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, lässt sich die Systematik daher so deuten, dass Art. 6 Mindestvoraussetzungen normiert und Art. 9 dabei eine konkretisierende Vorschrift für die Verarbeitung sensibler Daten darstellt.[58] Um aber das hohe Schutzniveau des Art. 9 nicht zu unterlaufen, darf Art. 6 Abs. 4 keinesfalls dazu missbraucht werden, Datenverarbeitungen zu rechtfertigen, die zu einer Aushöhlung von Art. 9 führen.[59] Dabei lässt sich aus der Nennung von Art. 9 im Rahmen von Art. 6 Abs. 4 keine Aussage dahingehend entnehmen, dass eine Zweckänderung im Rahmen sensibler Daten nach Art. 6 Abs. 4 zulässig sein soll, weil die Erwähnung von Art. 9 im Rahmen der Abwägung auch ein Ausschlusskriterium im Rahmen der Vereinbarkeitsprüfung darstellen kann.[60] Der fehlende Verweis in Art. 9 auf Art. 6 stützt diese Annahme.[61] Für ein restriktives Verständnis spricht zudem ErwG 51 S. 4, der postuliert, dass eine Verarbeitung sensibler Daten nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 9 zulässig sein soll.[62] Folglich sind bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten sowohl die Voraussetzungen von Art. 6 als auch von Art. 9 zu beachten. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer zweckändernden Weiterverarbeitung verdrängt Art. 9 als speziellere Norm Art. 6 Abs. 4 jedenfalls dann, wenn dadurch das Schutzniveau von Art. 9 gefährdet würde.[63] In diesem Fall kann eine Verarbeitung sensibler Daten nicht ausschließlich über Art. 6 Abs. 4 gerechtfertigt werden.[64] Hinzutreten muss stets ein Erlaubnistatbestand aus Art. 9. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Auswertung besonderer Kategorien personenbezogener Daten bei Big Data-Anwendungen, da Art. 6 Abs. 4 die Verarbeitung sensibler Daten nicht eigenständig rechtfertigen kann. Die Zulässigkeit der Verarbeitung richtet sich im Ausgangspunkt nach Art. 9.[65] Eine Anwendung von Art. 6 Abs. 4 kommt damit nur dann in Betracht, wenn für die ursprüngliche Datenverarbeitung ein Erlaubnistatbestand nach Art. 9 vorliegt. Der Weg über Art. 6 Abs. 4 ist allerdings dann versperrt, wenn sich die Datenverarbeitung auf eine Einwilligung der betroffenen Person nach Art. 9 Abs. 2 lit. a stützt. Dies geht aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 4 hervor. Art. 6 Abs. 4 kann daher nur im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 lit. b–j herangezogen werden.[66]

B. Kommentierung zu Art. 9

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