Das Gift an Amors Pfeil. Marnia Robinson

Das Gift an Amors Pfeil - Marnia Robinson


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Konflikt.

      „In den Monaten meiner Fernbeziehung habe ich sehr eindeutig feststellen können, wie meine Zuneigung und Liebe zu meiner Freundin wächst, wenn ich nicht masturbiere. Ich sehe das an der Art, wie ich ihr schreibe, genauso wie an einem schönen, überfließenden Gefühl der Liebe, spürbar in der Herzgegend. Nach dem Masturbieren verändert es sich. Das Gefühl der Liebe (die zwar immer noch da ist) wird weniger und die Art, wie ich ihr schreibe, verändert sich auch. Ich werde irgendwie distanzierter, und das spiegelt sich auch in meinen Worten. Wenn ich nicht mehr masturbiere, wird es nach ungefähr zwei Wochen wieder so wie vorher.“

      Jeremy

      ENERGIEZIRKULATION Möchten Sie eine schnelle Energiezirkulationsübung ausprobieren? Schließen Sie Ihre Augen, spannen Sie die Beckenbodenmuskeln an und ziehen Sie die Energie an der Wirbelsäule entlang bis zum Scheitel Ihres Kopfes. Dann stellen Sie sich vor, wie Sie die Energie an der Vorderseite Ihres Körpers nach unten ziehen und sie in Ihrem Bauchnabel lagern.

      Aber wohin mit meiner sexuellen Energie? Einige esoterische Sexhandbücher empfahlen Energieübungen, die man allein machen kann und die die sexuelle Energie nach oben ziehen und sie durch den Körper zirkulieren lassen. Diese Techniken brachten einige Erleichterung, genauso wie Meditation, doch es wurde mir klar, dass ein Partner wesentlich dafür war, meine sexuelle Energie langfristig zu stabilisieren, jetzt, wo der Orgasmus von der Speisekarte gestrichen war. Einerseits fand ich den Gedanken an ein gemeinsames Bemühen sehr schön, doch es war andererseits auch ganz schön beängstigend, mich damit zu konfrontieren, dass ich die Illusion der Selbstgenügsamkeit wohl aufgeben musste.

      Während ich die überraschenden Vorteile davon entdeckte, meine Sexual­energie zu konservieren und neu auszurichten, galoppierte der größte Teil der Frauen im Westen genau in die entgegengesetzte Richtung.

      Masturbation war in! Von den Frauenmagazinen in jedem Supermarkt­regal blinkten einem Zeilen entgegen wie: The Clitoral Truth: The Secret World at Your Fingertips, Sex for One: The Joy of Selfloving usw. (Die Wahrheit der Klitoris: Die geheime Welt unter Ihren Fingerkuppen und Sex für Singles: Die Freuden der Selbstliebe) Der gute alte Do-it-yourself-Sex schien die offensichtliche Lösung in vielen Situationen zu sein – eine saubere Sache, die auch noch Spaß macht.

      Es versteht sich, dass Masturbation etwas ganz Natürliches ist. Es ist gut, ein positives Verhältnis zu den eigenen Genitalien und deren Funktionen zu haben. Bei sexuell aktiven jungen Männern dient Masturbation genetisch gesehen außerdem dazu, dafür zu sorgen, dass jederzeit hochgradig motile – also frische und fruchtbare – Spermien zur Verfügung stehen. Was jedoch unnatürlich ist (in dem Sinne, dass es dies bei unseren Vorfahren so nicht gab), ist die Menge und Intensität der heutigen sexuellen Stimulierung.

      Wie wir in Kapitel sechs noch sehen werden, hat eine intensive sexuelle Stimulation bis zu dem Punkt (vorübergehender) sexueller Erschöpfung, auf welche Wege dies auch geschieht, unerwartete Auswirkungen auf unser Gehirn. Kurz gefasst, die auf die Übersättigung folgende Zeit kann unangenehm sein – und ein weiterer Orgasmus sorgt dafür, dass man sich augenblicklich besser fühlt, oder lässt einen zumindest gut einschlafen. Doch auf diese Entspannung folgt eine weitere Phase der Unruhe. Und ohne sich dessen bewusst zu werden, kann es passieren, dass man nur noch masturbiert, um das wiederkehrende Unbehagen loszuwerden, und dabei insgesamt an Wohlbefinden verliert. Und viel schlimmer noch, wenn man dann seine Begierden auch noch für echte Libidoenergie hält, kann man sich gar nicht mehr zurückhalten.

      „Ich habe mit dem Do-it-yourself-Sex quasi aufgehört. Fühlt sich besser an. Denn stellen Sie sich einmal vor: Masturbation macht die Frustration nur noch schlimmer.“

      Kevin

      Wir Menschen haben uns in Stämmen entwickelt. Unser Gefühl von echtem Wohlergehen hängt auch von physischem Kontakt und gegenseitiger Unterstützung ab. Wir sind also nicht wirklich gut geeignet für unseren isolierten modernen Lebensstil. Wen wundert es da, dass viele von uns sich auf jede nur erdenkliche Art selbst behelfen und sich mit zweidimensionalen Partnern und Herzklopfen in Romanform begnügen. Doch zum Glück leben Milliarden von dreidimensionalen Lösungen zu unserem grundlegenden Problem direkt in unserer unmittelbaren Nähe.

      „Ich bin sehr klar erwacht, als hätte ich mich in einem Traum befunden. Pornos sind nur noch eine Versuchung und nicht mehr der überwältigende Zwang, der sie mal waren. Gestern habe ich eine tolle Frau kennengelernt. Wenn ich jeden Tag in ihre klaren und liebevollen Augen blicken könnte, würde ich keinen Porno mehr anschauen müssen … denn die Schönheit tatsächlicher Anziehung, die gemeinsam mit einem anderen Menschen empfunden wird, geht so unendlich weit über alles hinaus, was einem ein Orgasmus vor dem PC geben kann. Ich fühle mich, als würde ich mein Leben zurückgewinnen.“

      Kurt

      Es ist traurig, dass der heutige Trend zur Hypersexualität uns so schnell wieder voneinander entfernt. Ich war gerade dabei, dies herauszufinden, und war doch ziemlich entsetzt über das, was ich da erfuhr.

      Alte Weisheiten

      Das Christentum

      Stellen Sie sich bitte einen Moment lang vor, dass Jesus tatsächlich eine heilige Form des Geschlechtsverkehrs gelehrt hat, die den Trennungs­impuls zwischen Intimpartnern heilt und den Blick mehr darauf richtet, spirituell zu erwachen als Kinder in die Welt zu setzen. Könnte es irgendeinen Beweis geben, der diesen Gedankengang stützt? Überraschenderweise ja, auch wenn Sie davon im Mainstream-Christentum nicht einen Ton zu hören bekommen.

      „Am Anfang wurde das Universum geschaffen. Dies war für viele Menschen ein Anlass zur Wut und wurde generell als ein schlechter Schachzug betrachtet.“

      Douglas Adams, Autor

      Schauen wir uns zunächst ein wenig Kontext zu diesem radikalen Gedanken an. Vom Jahre 312 an unterstützten Konstantin und seine Nachfolger mit ihrer Macht des römischen Imperiums eine einzige christliche Sekte. Der Gelehrten Elaine Pagels zufolge umfasste diese Gruppe nur die Hälfte der Christen der Welt.47 Von dieser Zeit an bestimmten diese „Gewinner“ die christliche Doktrin und unterdrückten und verunglimpften andere und sogar frühere Berichte von Jesus’ Lehren. Bis vor sechzig Jahren wusste die Welt nur sehr wenig von den „Verlierern“, einer mystischeren, weniger formalen Sekte des frühen Christentums.

      Dann tauchten in einer Höhle in Oberägypten einige alte Texte auf. Sie sind unter dem Begriff Nag-Hammadi-Schriften bekannt. Diese Texte bieten ein verblüffend anderes Bild von frühen christlichen Überzeugungen. In ihnen steht, dass die Fehlerhaftigkeit dieser Welt ihre Ursache darin hat, dass die Welt das Produkt eines gefallenen Engels oder Demiurgs ist.

      Diese Texte betonen zugleich die androgyne Natur des Göttlichen und berichten, dass Adam unsterblich und ganz war – bis er sich von Eva trennte, indem er „Bestien in die Welt setzte“ (physische Kinder), anstatt sich in heiliger Einheit zu bewegen. Es heißt darin, dass Jesus zurückkehrte, um die Trennung zwischen den Geschlechtern durch ein Mysterium zu heilen, das den Namen des Sakraments der heiligen Hochzeit trug. Hier sind ein paar Passagen aus den Philippusevangelien:

      „Die Umarmung, die die versteckte Einheit ins Leben ruft, [ist] keine fleischliche Realität, denn in dieser Umarmung liegt Stille. Sie entsteht nicht aus einem Impuls oder einer Begierde; sie ist ein Akt des Willens.48 … Suche die Erfahrung der reinen Umarmung; sie hat große Macht.49

      Die Einheit in dieser Welt ist Mann und Frau, der Ort der Macht und der Schwäche.50 … Es wachsen zwei Bäume im Paradies. Der eine bringt Tiere hervor, der andere Menschen. Adam aß von dem Baum der Tiere. Er wurde zum Tier und brachte Tiere hervor.51

      Alle werden in Licht gekleidet sein, wenn sie in das Mysterium der heiligen Umarmung eintreten. Wenn die Frau nicht vom Mann getrennt worden wäre [durch unkorrekte Vereinigung], würde sie nicht mit dem Mann sterben. Ihre Trennung war der Ursprung des Todes. Christus kommt zurück, um diese Wunde zu heilen, die verlorene Einheit wiederherzustellen, die neu zu beleben, die sich in Trennung töten, und


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