Eltern werden 40+. Sascha Kauffmann
dadurch fremd und unverständlich.
Die eigene Fruchtbarkeit ist und bleibt für viele Frauen und auch Männer ein Leben lang ein Buch mit sieben Siegeln – zu viele scheinbar verwirrende biologische Prozesse.
Zum Glück liegen nun schon einige Jahre hinter unserer Schullaufbahn, sodass wir uns in der Theorie ganz entspannt dem widmen können, worum es in diesem Buch eigentlich geht: nicht das Verhüten, sondern das Schaffen neuen Lebens – damit wir unser ganz eigenes persönliches Wunder erleben.
Die Entstehung neuen Lebens ist tatsächlich ein Wunder. Und um dieses einzufangen, ist es wichtig, die Abläufe des weiblichen Zyklus und auch die wesentlichen Aspekte männlicher Fruchtbarkeit zu verstehen, um den optimalen Zeitpunkt für eine Befruchtung nicht zu verpassen. Dieser liegt nämlich keinesfalls immer am 15. Zyklustag, wie uns viele Biologiebücher so gerne glauben machen wollen. Widmen wir uns zunächst dem Schauplatz der Befruchtung und Schwangerschaft, quasi der Bühne des Lebens.
DIE WEIBLICHEN HAUPTDARSTELLER: EIERSTÖCKE, EILEITER UND GEBÄRMUTTER
Wie bei einem richtigen Theaterstück geht ohne die Hauptdarsteller gar nichts. Wir finden sie umgeben von Darm, Blase und Bauchwand gut geschützt durch unsere Beckenknochen und das Schambein. Die Eierstöcke sind etwa walnussgroß und mit Haltebändern an der Beckenwand befestigt. Sie beherbergen unzählige Eizellen.
Haben Sie übrigens gewusst, dass die gesamten Eizellen eines weiblichen Babys schon in der 20. Schwangerschaftswoche der Mutter angelegt sind? Es sind zu der Zeit ca. drei Millionen, die sich aber bis zur Geburt schon bereits auf zwei Millionen reduziert haben. Beim Einsetzen der Pubertät sind immer noch 400.000 Stück vorhanden. In jedem Zyklus gehen ca. 1.000 Eizellen zugrunde. In der Regel hat eine Frau um die 40 immer noch eine hohe Anzahl Eizellen, die sogenannte »ovarielle Reserve«. Diese schwankt jedoch von Frau zu Frau sehr. Wir kommen später noch einmal darauf zu sprechen.
Die Eierstöcke sind nicht nur die Hüter der Eizellen, sondern in ihnen werden auch Östrogen und Progesteron gebildet. Diese beiden wichtigen Geschlechtshormone sind, wie wir später noch sehen werden, entscheidend für das Zustandekommen einer Schwangerschaft.
Die Gebärmutter ist ein birnenförmiges, etwa fünf bis sieben Zentimeter großes Organ, das im Inneren mit einer Muskelschicht versehen ist. Dieser Muskel kann sich enorm dehnen, um einem Baby den Raum zum Wachsen zu geben, den es in der Schwangerschaft braucht. Er kann sich aber auch zusammenziehen, was sich manchmal während der Perioden bemerkbar machen kann und natürlich auch während der Geburtswehen.
Rechts und links der »Gebärmutterbirne«, die übrigens auf dem Kopf steht, also mit dem dicken Ende Richtung Bauchnabel zeigt, gehen die Eileiter ab. Bei ihnen handelt es sich um tunnelförmige ca. 10 bis 15 Zentimeter lange Schläuche, die einen Durchmesser von 0,1 Milimeter haben. Sie sind von innen mit Flimmerhärchen bedeckt, die sich wellenförmig bewegen und auf denen das Ei nach dem Eisprung in Richtung Gebärmutter transportiert wird. In den Eileitern treffen in der Regel Ei und Samenzelle aufeinander. Hier ist der Ort, an dem dem Wunder in einem magischen Moment durch das Verschmelzen von Ei- und Samenzelle erstes Leben eingehaucht wird.
Damit die Eizelle beim Eisprung nicht einfach irgendwo in der Bauchhöhle verschwindet, befinden sich am Ende der Eileiter wie Finger anmutende Enden, die die Eizelle nach dem Eisprung auffangen und so sicherstellen, dass sie dort hingelangt, wo sie hingehört.
Das untere schmale Ende der Gebärmutter bildet den Gebärmutterhals (Zervix). Er ragt etwa vier Zentimeter in die Scheide hinein und wird von dem äußeren Muttermund verschlossen. Dieser verändert sich im Laufe des Zyklus. Direkt nach der Periode ist er verschlossen, hart und liegt tief in der Scheide, d.h. er ist dann auch gut tastbar. Je näher der Eisprung rückt, desto weicher wird der Muttermund und desto höher steigt er auch, sodass er manchmal gar nicht mehr ertastet werden kann. Dies ist eine Körperbeobachtung, die man sich selbst zunutze machen kann, um die fruchtbaren Tage einzugrenzen bzw. abzutasten. Denn nach dem Eisprung kehrt der Gebärmutterhals wieder zu seiner ursprünglichen Position zurück und wird auch wieder härter.
NEUER MONAT, NEUE CHANCE: DER WEIBLICHE ZYKLUS
Jeden Zyklus, seit dem Einsetzen der ersten Periode (insofern er nicht durch Hormone künstlich verändert wurde), betreiben die Eierstöcke und die Gebärmutter einen unglaublichen Aufwand, um sich darauf einzustellen, einem neuen Menschen Raum zum Wachsen und Gedeihen zu geben.
Wenn man davon ausgeht, dass eine Eizelle, nachdem sie »gesprungen« ist, nur maximal 18 bis 24 Stunden lebensfähig ist, wird das Zeitfenster der Befruchtung schon sehr klein. Umso wichtiger ist es, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen und optimal auf allen Ebenen vorbereitet zu sein. Sehen wir uns also den weiblichen Zyklus einmal genau an. Die Schauplätze des Geschehens kennen wir ja bereits.
Der Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periodenblutung und endet mit dem letzten Tag vor der nächsten Blutung. Bei einigen Frauen kündigt sich das Zyklusende durch Schmierblutungen an. Diese gelten aber nicht als erster Zyklustag. Gezählt wird ab dem Tag, an dem die Blutung richtig einsetzt. Im Menstruationsblut finden sich übrigens jede Menge Nährstoffe, wie Vitamine, Eiweißstoffe, Eisen, Kupfer, Kalzium oder Magnesium sowie Abwehrstoffe und sogar Stammzellen.
Noch während eine Frau blutet, werden in den Eierstöcken etwa 20 Follikel (unreife Eizellen) durch das follikelstimulierende Hormon (FSH) angeregt zu wachsen. Dieses wird in der Hypophyse im Gehirn gebildet und ist der übergeordnete Dirigent für die Östrogenbildung. Ohne FSH kann die Gebärmutterschleimhaut nicht aufgebaut werden und die Follikel nicht reifen. Sie liegen in einer mit Flüssigkeit gefüllten Hülle, die wie eine kleine Blase aussieht und daher Eibläschen oder eben Follikel genannt wird. In der Hülle wird das Hormon Östrogen gebildet. Östrogen bewirkt, dass die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut neu aufgebaut wird, die Haltebänder der Gebärmutter sich straffen und sich die Gebärmutter dadurch aufrichtet. Zudem verändert sich der Zervixschleim, der in den Einbuchtungen des Gebärmutterhalses, den sogenannten Krypten, gebildet wird. Die Schleimmenge nimmt zu und verändert ihre Konsistenz. Ist sie zu Beginn des Zyklus oft dicklich, zäh, klumpig oder cremig, wird sie je näher der Eisprung rückt und umso mehr Östrogen gebildet wird, immer durchsichtiger, flüssiger und spinnbar – d.h. der Schleim kann zwischen den Fingern mehrere Zentimeter auseinandergezogen werden.
Nicht nur die Beschaffenheit verändert sich, sondern auch die Farbe. Am Zyklusanfang ist der Zervixschleim eher weißlich, gelblich oder milchig. Um den Eisprung herum erhält er ein glasiges Aussehen, das auch an rohes Eiweiß erinnern kann. Der Schleim, sonst eher spermienfeindlich und »sauer«, verändert sich und wird nun alkalisch. Die Samenzellen finden in ihm Nährstoffe, die sie einige Tage am Leben halten und mit neuer Energie versorgen. So haben auch die Spermien, die schon vor dem Eisprung ihren Weg in die Gebärmutter gefunden haben, eine Befruchtungschance. Damit erhöht sich der fruchtbare Zeitraum eines Zyklus von wenigen Stunden auf bis zu 6 Tage. Maximal 5 Tage vor dem Eisprung bis maximal 24 Stunden danach. Dieser Zeitraum ist nur bei idealen Bedingungen möglich. Im Normalfall überleben Spermien eher 2 bis 3 Tage.
Das Östrogen verändert aber nicht nur den Zervixschleim. Es sorgt auch dafür, dass unsere Knochen härten und die Blutgefäße vor Ablagerungen geschützt werden.
Der über eine längere Zeit erhöhte Östrogenspiegel löst in der Hirnanhangdrüse das Signal aus, das luteinisierende Hormon (LH) zu produzieren, was zur Folge hat, dass das größte Follikel den Eisprung wagt. Das LH ist übrigens das Hormon, auf das Ovulationstests im Urin anspringen und so die (bevorstehenden) fruchtbaren Tage anzeigen können. Wir gehen auf diesen Test später noch ein.
Der Eisprung kann, muss aber nicht von einem Mittelschmerz begleitet sein. Auch wenn nicht ganz klar ist, was diesen Schmerz auslöst, wird vermutet, dass etwas Flüssigkeit in die Bauchhöhle läuft und das Bauchfell reizt. Der Mittelschmerz kann sich durch krampfartige