Eltern werden 40+. Sascha Kauffmann

Eltern werden 40+ - Sascha Kauffmann


Скачать книгу
andere Erklärung könnte sein, dass die Muskelkontraktion der Eileiter das Bauchfell reizen, während sie versuchen, sich über das Eibläschen zu legen. Oder es ist das wachsende Follikel selbst, das durch seinen zunehmenden Umfang für Unbehagen sorgt. Dieser Zustand kann wenige Minuten bis zu mehreren Tagen andauern.

      Nicht alle Frauen nehmen einen Mittelschmerz wahr und selbst bei Frauen, die damit vertraut sind, tritt er nicht bei jedem Zyklus auf. Der Mittelschmerz ist kein sicheres Zeichen für einen Eisprung, weil er auch erst nach dem Eisprung auftreten kann. Er kann aber einen Hinweis auf ein fruchtbares Fenster geben.

      Nach dem Eisprung fällt das Eibläschen in sich zusammen und wandelt sich zu einer Drüse um, die aufgrund ihrer gelblichen Farbe auch Gelbkörper genannt wird. Die Östrogenproduktion wird jetzt heruntergefahren. Der Gelbkörper übernimmt und produziert nun Progesteron. Dieses Hormon wird über verschiedene Stufen aus Cholesterin hergestellt. Bei einer Progesteronerhöhung bekommt der Körper das Signal »Achtung – bereiten Sie sich vor, eine Schwangerschaft steht an.« Und zwar unabhängig davon, ob eine Befruchtung stattgefunden hat oder nicht. Der Körper muss zwischen Eisprung/Befruchtung und Einnistung mithilfe von Progesteron in die Lage gebracht werden, alle Vorkehrungen zu treffen, dass eine Schwangerschaft möglich ist. Dafür hat er in etwa eine Woche Zeit: Die Gebärmutterschleimhaut wird aufgebaut. Es entstehen neue kleine Blutgefäße und Nährstoffe werden eingelagert. Die Brust spannt, wird schwerer, größer und berührungsempfindlich. Sie wird stärker durchblutet und neue Milchdrüsen entstehen. Der Zervixschleim wird wieder dicker, zäher und verändert seine Farbe und verschließt den Muttermund wie ein Pfropfen.

      Wenn keine Schwangerschaft eintritt, wird nach zehn bis vierzehn Tagen die Progesteron- und Östrogenproduktion eingestellt. Die Gebärmutterschleimhaut wird mit der einsetzenden Menstruationsblutung abgestoßen. Für den Körper war die ganze Arbeit umsonst und doch wird er im nächsten Zyklus wieder von vorne anfangen. Unermüdlich. Und das, wenn nicht hormonell verhütet wird, etwa 400-mal im Leben einer Frau.

      Sie haben nun einen relativ einfachen Überblick über das Zyklusgeschehen erhalten. Die erste Zyklushälfte kann unterschiedlich lang sein. Es gibt Frauen, bei denen findet der Eisprung schon am siebten bis zehnten Tag statt. Bei anderen Frauen dauert die erste Zyklushälfte mehrere Wochen. Das sind natürlich Extreme. Im Durchschnitt liegt die Dauer der ersten Hälfte bei 17 Tagen. Die zweite Phase dauert zwischen 10 und 16 Tagen.

      Die Abläufe bei der Frau sind komplexer als beim Mann, aber auch Männer in unseren Praxen wissen oft erstaunlich wenig über ihre eigene Fruchtbarkeit.

      Da wir uns ausführlich mit der weiblichen Fruchtbarkeit beschäftigt haben, möchten wir nun auch auf die Vorgänge bei Männern eingehen.

      Nun betreten die männlichen Hauptdarsteller die Bühne des Lebens: die Hoden und die Nebenhoden. Sie liegen außerhalb des Körpers, da sie große Temperaturen nicht gut vertragen.

      Während die Frau mit allen ihr in ihrem Leben zur Verfügung stehenden Eizellen auf die Welt kommt, nehmen bei Männern irgendwann im Laufe der Pubertät unter dem Einfluss von Testosteron die Hoden die Produktion der ersten Samenzellen auf. Ab dann werden ca. 1.000 fertige Spermien pro Sekunde hergestellt. Täglich entstehen somit 20 bis 100 Millionen neue Spermien. Dabei dauert es von den Anfängen bis zum fertigen Spermium drei Monate. Ihre Reifezeit verbringen die Samenzellen in den Nebenhoden. Dort ist es etwa zwei Grad kühler als im restlichen Körper. Ein wichtiger Aspekt, da zu viel Hitze den Samenzellen schaden kann.

      Und obwohl auch die männliche Fruchtbarkeit im Alter nachlässt, sind Männer prinzipiell vom ersten bis zum letzten Samenerguss zeugungsfähig. 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche. Was für ein Unterschied zu den maximal 24 Stunden, in denen eine Eizelle befruchtungsfähig ist und eine Frau sich fortpflanzen kann.

      Eine Samenzelle ist nur wenige Hundertstelmillimeter lang und setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem Schwanz, dem Mittelstück und dem Kopf, der nicht nur die Erbinformationen (DNA) enthält, sondern auch das Akrosom, ein Zellteil, in dem sich Enzyme befinden, die dem Spermium helfen, die Hülle der Eizelle zu durchdringen. Im Mittelstück der Spermien befinden sich die Mitochondrien. Diese Zellorganellen sind in fast jeder Körperzelle vorhanden. Sie regeln wichtige Zellfunktionen. Ohne Mitochondrien sind Zellen nicht lebensfähig. Für die Spermazellen sind Mitochondrien die treibende Kraft, denn sie produzieren unentwegt Energie, die die Spermazellen für ihre Fortbewegung benötigen. Ohne funktionierende Mitochondrien sind die Spermazellen lahme Schwimmer.

      Je schneller sich ein Spermium fortbewegen kann, desto eher ist es an seinem Zielort, der Eizelle, angekommen. Langsame Spermien sind eher ein Nachteil bei der Fortpflanzung.

      Interessant ist, dass die Mitochondrien des Mannes nicht mit der Eizelle bei der Befruchtung verschmelzen. Das Mittelstück mit den Energiekraftwerken fällt genauso wie der Schwanz der Spermazelle ab. Nur der Kopf, der die männliche DNA enthält, vereinigt sich mit der Eizelle. Diese besitzt bis zu 120.000 Mitochondrien – keine Körperzelle hat hier mehr zu bieten! Alle Mitochondrien, die wir besitzen, haben wir also von unserer Mutter geerbt.

      Beim Samenerguss werden die Spermien an den Samenbläschen und der Prostata vorbeigeführt, wo sie mit einem Sekret versorgt werden, das Energie liefert und das Ejakulat flüssiger macht. Beim Samenerguss machen sich durchschnittlich 150 Millionen Spermien auf den Weg.

      Der Eisprung ist der Moment, ab dem die Zeit läuft. Einen halben bis maximal einen dreiviertel Tag haben die Spermazellen nun Zeit, die Eizelle zu erreichen. In dieser Zeit müssen die Spermien die Vagina durchqueren, den Gebärmutterhals, die Gebärmutter erklommen haben und in den Eileiter gelangt sein. Eine bis anderthalb Stunden dauert es, bis die Hülle der Eizelle von den sie bearbeitenden Spermien mithilfe von Enzymen geknackt wird. Aber nur ein einziges Spermium darf eintreten. Und auch nur der Kopf wird hineingelassen. Der Schwanz und der Mittelteil sowie alle anderen Samenzellen müssen draußen bleiben. Nun ist der Grundstein für ein neues Leben gelegt: Ein Wunder ist geschehen!

      Den Eileitern kommt eine ganz entscheidende Rolle zu: Sie müssen durchlässig genug sein, damit sowohl die Spermien hochschwimmen als auch das befruchtete Ei in die Gebärmutter hinuntergelangen kann. Das befruchtete Ei erreicht nach ca. drei bis fünf Tagen die Gebärmutter und nistet sich dort ein. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die befruchtete Eizelle bereits vielfach geteilt.

      Wie entsteht also ein Wunder? Im Detail wissen wir es (noch) nicht, es ist immer noch ein Geheimnis der Natur oder der Schöpfung – ein Wunder eben, das uns jedes Mal wieder in Staunen versetzt.

      Wir wissen aber, dass die Entstehung neuen Lebens nur dann möglich ist, wenn die Bedingungen für alle Beteiligten zumindest ausreichend gut sind.

      Auf der Seite der Frau:

      • Die Gebärmutterschleimhaut wurde in der ersten Zyklushälfte hoch genug und wohl genährt aufgebaut.

      • Es hat ein Eisprung stattgefunden oder dieser steht unmittelbar bevor.

      • Der pH-Wert in der Vagina ist leicht basisch.

      • Die Eileiter sind durchlässig (in beide Richtungen).

      • Die Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut funktioniert reibungslos.

      Auf der Seite des Mannes:

      • Möglichst viele, schnelle, normal geformte Spermazellen.