Wie kommunizieren Start-ups?. Lydia Prexl

Wie kommunizieren Start-ups? - Lydia Prexl


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Beispiel eine kreative Absage-​E-Mail an Kandidat:innen schicke, ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass Bewerber:innen das Unternehmen weiterempfehlen und es in Zukunft noch einmal versuchen werden, auch wenn es dieses Mal nicht geklappt hat. Das gilt im Übrigen auch für Stellenausschreibungen. Es ist schon kurios, wenn ich als Unternehmen viel investiere, um potentielle Bewerber:innen auf meine Stellenausschreibung zu locken und diese dann völlig unlesbar ist, weil viel zu lang, langweilig, voller Fehler oder im schlimmsten Fall alle drei zusammen.

       Social Med iaSocial Media , Jobbörsen und Karrieremessen, ein eigener Bl ogBlog , die Karriereseite, Veranstaltungen, Anzeigen, Sponsorin gsSponsoring , Corporate-​Social-​Responsibility-​Aktivitäten – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um auf sich aufmerksam zu machen. Mit was habt ihr besonders gute Erfahrungen gemacht? Was hat weniger gut funktioniert?

      Benjamin · Bei Social MediaSocial Media setzen wir, wie erwähnt, vor allem auf LinkedInLinkedIn und InstagramInstagram. Dort haben wir sowohl positive Erfahrungen gemacht, was die ReichweiteReichweite angeht, als auch direktes FeedbackFeedback von Bewerber:innen erhalten, dass sie sich von den Inhalten angesprochen fühlen, weil sie Einblicke in das Team geben und menschlich sind, obwohl ja offensichtlich ein Unternehmen kommuniziert. Und das ist auch das Entscheidende: nicht wie ein Bot zu wirken, auch wenn Inhalte und Ton natürlich nie genauso sein können wie im Privaten.

      Mit großen Messen haben wir tatsächlich nicht so gute Erfahrungen gemacht, weil ein Stand dort vergleichsweise teuer ist und unsere Teams vor Ort kaum mit interessanten Bewerber:innen in Kontakt gekommen sind. Dann kann es sinnvoll sein, eine eigene, wenn auch kleinere Veranstaltung zu organisieren, speziell für bestimmte Profile wie etwa Entwickler:innen.

      Klassische PRPR ist nach wie vor ein wichtiges Instrument. Zum einen werden Bewerber:innen so natürlich auf das Unternehmen aufmerksam und zum anderen macht es einen guten Eindruck, wenn die Firma beim Googeln in namhaften MedienMedien, die auftaucht – am besten auch mit Geschichten über das Team und nicht nur über das Produkt oder das letzte FundraisingFundraising. Auch MedienMedien, die mit kleinerer ReichweiteReichweite können sehr interessant sein, etwa ein PodcastPodcast speziell für Vertriebler, in dem jemand aus dem eigenen Vertriebsteam als Experte Auftritt. Personal BrandingBranding und Thought Leadership von Teammitgliedern sind generell ein wichtiger Faktor für die Employer BrandEmployer Brand.

      Was viele Unternehmen vergessen: Die eigenen Mitarbeiter:innen sind immer noch die wichtigsten, weil glaubwürdigsten Botschafter für die Employer BrandEmployer Brand. Wenn das Team positiv über die Firma spricht, online wie offline, ist das einer der effizientesten Kanäle. Nicht umsonst sind Empfehlungen auch ein wichtiger Faktor beim Hiring. Der Anreiz, Freunden und Bekannten die eigene Firma als ArbeitgeberArbeitgeber:in zu empfehlen, sollte allerdings nicht ausschließlich ein finanzieller sein, sondern auch wirklich der eigenen Überzeugung folgen. Viele Unternehmen bieten ja teils hohe Bonuszahlungen für erfolgreiche Empfehlungen. Bei SpendeskSpendesk haben wir diesen Bonus deshalb in eine Spende an eine wohltätige Organisation der eigenen Wahl umgewandelt, was an sich auch schon wieder eine schöne Geschichte fürs Employer BrandingEmployer Branding ist.

      Marina · Employer BrandingEmployer Branding ist komplex. Angenommen, dein Unternehmen hat an den größten Tech-​Konferenzen teilgenommen, um Software-​Developer anzuziehen, hat viel Geld, Personal und Zeit investiert, und die Teilnehmer:innen der Veranstaltung waren sehr zufrieden. Doch bei den Bewerbungsgesprächen kommt raus, dass Arbeiten aus dem Homeoffice doch nicht möglich ist und das Tech Stack viel weniger progressiv als bei der Veranstaltung behauptet. Erste Zweifel machen sich breit, und die Kandidat:innen suchen weiter nach Informationen zum Unternehmen. Negative Kommentare und schlechte Bewertungen bei GlassdoorGlassdoor führen dazu, dass die Kandidat:innen ihre Bewerbungen zurückziehen.

      Daher ist es wichtig, konsistent zu sein und alle Kanäle im Blick zu haben. Und es ist wichtig, kulturelle Besonderheiten und Vorlieben der ZielgruppeZielgruppe zu berücksichtigen. Ein:e Designer:in schätzt attraktive visuelle Inhalte. Bewerber:innen aus dem technischen Bereich nehmen gerne an Hackathons, Coding-​Events oder Podiumsdiskussionen teil. Für Student:innen und Praktikant:innen sind Bürobesichtigungen mit offenen Präsentationen und Möglichkeiten für Fragen und Antworten ein gutes Mittel der Wahl.

       Als Start-​up konkurriert man mit großen, sehr bekannten Unternehmen um die besten Talente. Gerade als Start-​up hat man vielleicht kein großes Budget, um tolle Videos für die sozialen Netze oder einen Imagefilm zu produzieren, oder große Veranstaltungen zu sponsern. Wie können Start-​ups sich hier hervortun?

      Marina · Manchmal ist der WettbewerbWettbewerb mit großen Unternehmen gar nicht nötig. Manche Leute mögen Start-​ups wegen ihres frischen Umfelds, der Möglichkeit, ProdukteProdukt und Teams von Grund auf neu aufzubauen, oder wegen der fehlenden Bürokratie. Für andere Kandidat:innen ist es sehr wichtig, in bereits etablierten Prozessen und Teams zu arbeiten und bereits bestehenden Richtlinien zu folgen. Ich kenne nur sehr wenige Menschen, die gleichermaßen gerne in Start-​ups und großen Unternehmen arbeiten. Das ist wie die Wahl zwischen Tee und Kaffee. Beides sind gute Getränke, aber meistens hat man eine klare Vorliebe.

      Benjamin · Ich stimme dem zu. Als Start-​up macht es eigentlich nicht viel Sinn, mit großen, traditionellen Unternehmen um Bewerber:innen zu konkurrieren. Denn diese Profile passen im Zweifel auch gar nicht so gut ins eigene Team. Wer für ein Start-​up arbeiten möchte, weiß in der Regel, dass hier – zumindest kurzfristig – nicht das ganz große Geld wartet und einem oft mehr Flexibilität abverlangt wird als bei einem DAXDAX-Konzern. Dafür muss man sich nicht mit vielen Prozessen herumschlagen, hat enormen Gestaltungsspielraum und kann viel ausprobieren und lernen. Wenn man als Start-​up diese Punkte klar kommuniziert, hat man bei den relevanten Bewerber:innen schon mal einen Vorsprung.

      Und was das Budget betrifft, gilt meiner Ansicht nach Ähnliches wie für die Employer BrandEmployer Brand im Allgemeinen: Hauptsache authentisch. Ein unterhaltsames DIY-​Video erzählt viel mehr darüber, wie das Team tickt, als ein aufwendig produzierter Imagefilm. Die günstigere Lösung kann also auch durchaus die effektivere sein. Hier gilt mal wieder das bekannte Prinzip: Show, don’t tell. Wenn ich als Außenstehender in einem Video selbst nachvollziehen kann, wie viel Spaß die Leute bei der Arbeit haben, ist das besser, als wenn mir das ein:e Sprecher:in aus dem Off zu gestellten Hochglanzbildern erzählt. Bei SpendeskSpendesk haben wir zum Beispiel ein kurzes InterviewInterview gemacht mit zwei Geschwisterpaaren (ja, wir haben tatsächlich zwei), die einfach aus ihrem Alltag im Unternehmen erzählen. So kann man zeigen: Wenn Mitarbeitende die Firma der eigenen Familie als ArbeitgeberArbeitgeber:in empfehlen, kann sie so schlecht nicht sein.

      Marina · Genau. Wenn du kein großes Budget oder kein eigenes Team hast, hilft es bereits, die Mitarbeiter:innen einzubeziehen. Heute nutzt jede und jeder von uns eine Reihe von sozialen PlattformenPlattform wie InstagramInstagram, LinkedInLinkedIn, FacebookFacebook oder TwitterTwitter. Positives FeedbackFeedback der Mitarbeitenden, die begeistert über ihren Job, ihr Team, ihren Manager sprechen, sind fast immer authentischer und wirksamer als ein aufwendig produziertes Video. Insofern sind die Mitarbeitenden eine starke Ressource. Als Employer-​BrandingBranding-Team müssen wir dann „nur noch“ die richtigen Werkzeuge und Leitlinien an die Hand geben, damit sich die Mitarbeiter:innen trauen, über ihren Arbeitsalltag zu sprechen.

       Eine Frage, der ihr sicher schon häufiger begegnet seid: Lohnt sich Employer Brandi ngEmployer Branding überhaupt?

      Marina · Ja! Tausendmal ja! Es lohnt sich. Die MarkeMarke eines Arbeitgebers ist heute viel mehr als ein schönes Logo oder ein TVTV-Spot. Sie ist eine Kombination aus materiellen, funktionalen und psychologischen Vorteilen für Arbeitnehmer:innen eines Unternehmens. Und sie wirkt sich positiv auf die Geschäftsergebnisse aus. Denn loyale und zufriedene Mitarbeiter:innen arbeiten produktiver, kreativer und oft mit qualitativ besseren Ergebnissen, was wiederum die Kund:innenzufriedenheit steigert. Infolgedessen steigen die Umsätze, das Geschäft


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