PLATON - Gesammelte Werke. Platon

PLATON - Gesammelte Werke - Platon


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wir das nicht auch beschreiben als ein wirklich werdendes, wodurch ja auch vorzüglich die Guten und die Bösen unter uns sich von einander unterscheiden?

      Der jüngere Sokrates: Offenbar.

      Fremder: Diese zwei verschiedenen Arten zu sein und beurteilt zu werden müssen wir also annehmen für das Große und Kleine, und nicht wie wir vorher sagten sie dürften in Beziehung auf einander sein; sondern vielmehr, wie es jetzt erklärt worden, ist die eine in Beziehung beider auf einander, die andere in ihrer Beziehung auf das angemessene zu setzen. Weshalb aber, wollen wir das wohl sehn?

      Der jüngere Sokrates: Warum nicht?

      Fremder: Wenn jemand nicht zugeben will, daß der Begriff des Größeren sich auf etwas anderes beziehe als auf das (284) kleinere, so wird er sich nie auf das angemessene beziehen. Nicht wahr?

      Der jüngere Sokrates: Gewiß.

      Fremder: Und würden wir nicht die Künste selbst und alle ihre Werke zerstören durch diese Rede? und wird uns nicht eben auch die jetzt gesuchte Staatskunst und die vorher erklärte Weberkunst verschwinden? Denn alle solche suchen was größer oder geringer als das Angemessene ist; nicht als nichtseiend, sondern als für ihr Geschäft verderblich zu vermeiden; und nur indem sie auf diese Weise das Angemessene bewahren vollbringen sie alles Gute und Schöne.

      Der jüngere Sokrates: Wie könnten sie anders?

      Fremder: Machen wir aber daß die Staatskunst uns verschwindet: so bleibt unsere Untersuchung der königlichen Wissenschaft ohne Ausgang.

      Der jüngere Sokrates: Gewiß gar keiner.

      Fremder: Sollen wir nun, wie wir bei dem Sophisten durchsetzten, das Nichtseiende sei, weil dahin allein die Rede sich retten konnte, so auch jetzt durchsetzen, das Mehr und Weniger müsse meßbar sein nicht nur gegen einander, sondern auch gegen die Entstehung des Angemessenen? Denn unmöglich kann weder ein Staatsmann noch irgend ein Anderer von denen die es mit Handlungen zu tun haben unbestritten ein wahrhaft Kundiger sein, wenn dies nicht zugestanden wird.

      Der jüngere Sokrates: Also müssen wir auf alle Weise auch jetzt dasselbe tun.

      Fremder: Nur noch größer ist diese Arbeit, o Sokrates, als jene, und wir erinnern uns doch noch an jene wie lang sie währte. Aber voraussetzen können wir darüber wohl dieses mit allem Recht.

      Der jüngere Sokrates: Was doch?

      Fremder: Daß allerdings das jetzt angeführte nötig sein wird zur Darlegung des genauen selbst. Daß es aber zu unserm jetzigen Bedarf schön und genügend gezeigt ist, dazu scheint dieser Satz uns reichlich zu helfen, daß man doch auf gleiche Weise annehmen muß, alle Künste bestehen, und größeres und kleineres sei meßbar nicht nur gegen einander sondern auch gegen die Entstehung des Angemessenen. Denn wenn dies statt finden können auch jene bestehen, und bestehen jene so muß auch dieses sein; ist aber eines von beiden nicht, so kann auch keines von beiden jemals sein.

      Der jüngere Sokrates: Das ist richtig; allein was folgt weiter?

      Fremder: Offenbar werden wir nun die Meßkunst auf die Art wie jetzt erklärt ist teilen, indem wir sie in zwei Teile zerschneiden, als den einen Teil derselben alle Künste setzend, welche Zahlen, Längen, Breiten, Tiefen und Geschwindigkeiten gegen ihr Gegenteil abmessen; als den andern alle die es tun gegen das angemessene und schickliche und gelegene und gebührliche und alles was in der Mitte zwischen zwei äußersten Enden seinen Sitz hat.

      Der jüngere Sokrates: Gar groß ist jeder von diesen Abschnitten und gar weit unterschieden einer vom andern.

      Fremder: Denn was bisweilen, o Sokrates, viele preiswürdige Männer sagen in der Meinung etwas recht weises vorgetragen (285) zu haben, daß nämlich die Meßkunst auf alles werdende geht, das ist eben dies jetzt erklärte. Denn Messung findet gewissermaßen bei allem Kunstmäßigen statt. Weil sie aber nicht gewöhnt sind was sie betrachten nach Arten einzuteilen: so werfen sie diese so sehr von einander verschiedenen Dinge in Eins zusammen, und halten sie für ähnlich; eben so tun sie dann auch wieder das Gegenteil indem sie anderes gar nicht nach einer ordentlichen Teilung von einander trennen, da doch, wer zuerst die Gemeinschaft zwischen vielen bemerkt nicht eher ablassen sollte, bis er alle Verschiedenheiten in derselben gesehen hat, so viele nur ihrer auf Begriffen beruhen; und wiederum wenn die mannigfaltigen Unähnlichkeiten an einer Mehrheit erschienen sind, man nicht im Stande sein sollte eher sich zu scheuen und aufzuhören, bis man alles verwandte innerhalb Einer Ähnlichkeit eingeschlossen und unter das Wesen Einer Gattung befaßt hat. Dies sei nun aber hierüber und über Mangel und Übermaß zur Genüge gesprochen. Nur dies laß uns in Acht nehmen, daß wir zwei Arten der Meßkunst dafür gefunden haben, und laß uns erinnern worin wir sagten daß beide beständen.

      Der jüngere Sokrates: Das wollen wir erinnern.

      Fremder: Nach dieser Erklärung nun laß uns eine andere hinzufügen über das Gesagte selbst, und über jedes Verkehr in solchen Reden.

      Der jüngere Sokrates: Was doch für eine?

      Fremder: Wenn uns jemand fragte über die Zusammenkünfte derer, welche die Buchstaben lernen, ob wenn einer nach irgend einem Worte gefragt wird aus was für Buchstaben es bestehe, wir dann sagen wollen, die Frage geschehe mehr wegen des einen aufgegebenen, oder vielmehr damit er in allem was aufgegeben werden kann sprachkundiger werde.

      Der jüngere Sokrates: Deshalb offenbar damit er es in allem werde.

      Fremder: Und wie? unsere Frage über den Staatsmann ist sie uns mehr um seinetwillen selbst aufgegeben worden, oder damit wir in allem dialektischer werden?

      Der jüngere Sokrates: Offenbar auch dies um es in allem zu werden.

      Fremder: Gewiß wird doch wenigstens kein irgend vernünftiger Mensch die Erklärung der Weberei um ihrer selbst willen suchen wollen. Aber das glaube ich merken die meisten nicht, daß einige Dinge leicht zu erkennende zur Wahrnehmung gehörige Ähnlichkeiten an sich tragen welche es dann gar nicht schwer ist aufzuzeigen, wenn jemand einem, der Rechenschaft über etwas verlangt, nicht auf eine mühsame Weise, sondern ohne Erklärung leicht etwas darüber deutlich machen will; daß aber von den größten und wichtigsten es kein handgreifliches Bild für die Menschen gibt, durch dessen Aufzeigung, (286) wer die Seele eines Forschenden befriedigen will, wenn er es etwa irgend einem Sinne vorhielte, sie hinlänglich befriedigen könnte. Deshalb muß man darauf bedacht sein von jedem Erklärung geben und auffassen zu können. Denn das unkörperliche als das größte und schönste wird nur durch Erklärung und auf keine andere Weise deutlich gezeigt. Und hierauf bezieht sich alles jetzt gesagte; aber die Übung ist in allen Stücken leichter am geringeren als am größeren.

      Der jüngere Sokrates: Sehr schön gesagt.

      Fremder: Weshalb wir nun dieses alles vorgetragen laß uns ja nicht vergessen.

      Der jüngere Sokrates: Weshalb also?

      Fremder: Zunächst und gar nicht am wenigsten wegen eben jener Beschwerde über jene Weitläuftigkeit in der Erklärung der Weberei, die wir gar beschwerlich empfunden haben, und in der von der Umwälzung des Ganzen, und in der über das Sein des Nichtseienden beim Sophisten, indem wir bemerkten wie sehr lang dies alles war. Und über alles dieses haben wir uns Vorwürfe gemacht, besorgend daß wir außer dem langen auch ungehörig sprächen. Damit uns also dieses in Zukunft nicht wieder begegne, deshalb, sage, hätten wir alles bisherige erörtert.

      Der jüngere Sokrates: Das soll geschehen; sprich nur weiter.

      Fremder: Ich sage demnach, daß wir, du und ich, uns des jetzt gesagten zu erinnern und immer Lob und Tadel über Länge und Kürze, wovon wir auch jedesmal reden mögen,


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