PLATON - Gesammelte Werke. Platon
aber wenn uns etwa manches unwichtige entgangen ist, was sich in eines von diesen größeren nicht fügen kann, wie die Idee des Geldes, der Insiegel und aller aufgedruckten Zeichen. Denn für diese ist keine unter jenen großen Gattungen ganz angemessen, sondern einiges davon würde sich zum Schmuck anderes zu den Werkzeugen, mit Gewalt zwar, aber doch ganz gewiß ziehen lassen und zusammenstimmen. Was aber zum Besitz der zahmen Tiere gehört, wenn man die Knechte ausnimmt, das wird die Herdenzucht wie wir sie vorher eingeteilt haben wohl ganz in sich befassen.
Der jüngere Sokrates: Allerdings.
Fremder: Nun sind also noch die Knechte und alle anderen Diener übrig, unter denen ich wohl ahnde daß sich uns auch die zeigen werden, die sich auch um das Geflechte selbst mit dem Könige streiten, wie vorher mit dem Weber die, welche das Spinnen und Wollkämmen und anderes erwähnte treiben. Die übrigen alle sind als Mitursachen bezeichnet schon mit den eben erwähnten Werken drauf gegangen und von dem königlichen und staatskünstlerischen Geschäft abgesondert.
Der jüngere Sokrates: Das scheinen sie wenigstens.
Fremder: Laß uns also die noch übrigen betrachten und zwar nahe hinzutretend, damit wir sie fester ins Auge fassen.
Der jüngere Sokrates: Das müssen wir freilich.
Fremder: Bei den hauptsächlichsten Dienern, von hier aus gesehen, werden wir freilich ein ganz entgegengesetztes Geschäft und Leben finden als uns jetzt ahndete.
Der jüngere Sokrates: Welche meinst du?
Fremder: Die erkauften verkäuflichen und auf diese Art erwerblichen, welche wir ohne Widerrede Knechte nennen, und von ihnen sagen dürfen daß sie am wenigsten Anspruch machen auf die königliche Kunst.
Der jüngere Sokrates: Wie sollten wir das nicht?
Fremder: Und wie? diejenigen Freien welche sich den eben erwähnten freiwillig zugesellen in der Dienstbarkeit, des Ackerbaues und der andern Künste Erzeugnisse einander zutragend und gegen einander ausgleichend, die einen auf dem Markte, die andern von Stadt zu Stadt ziehend über See und zu Lande, und Geld gegen Waren oder auch gegen sich selbst umsetzend, welche wir Geldwechsler und Kaufleute und Schiffsherren und Krämer nennen, sollten die sich wohl irgend dazu drängen zur Staatskunst zu gehören?
(290) Der jüngere Sokrates: Vielleicht wohl zu der der Kaufleute.
Fremder: Niemals aber werden wir doch die wir als Söldner dienen sehen und als Jedem bereitwillige Tagelöhner zugleich als solche erfinden, die auf die königliche Kunst Anspruch machen.
Der jüngere Sokrates: Wie sollten wir wohl!
Fremder: Und wie? etwa diejenigen, welche uns dergleichen Dienste zu leisten pflegen?
Der jüngere Sokrates: Wen? und was für Dienste meinst du?
Fremder: Die, zu denen das Geschlecht der Herolde gehört, und die sich auf öffentliche Schriften verstehen und uns damit oft Dienste leisten, und manche andere, die vielerlei anderes für die öffentlichen Gewalten mühsam auszurichten gar trefflich sind, wie sollen wir die nennen?
Der jüngere Sokrates: Wie du schon sagtest, Diener, nicht Herrscher in den Staaten selbst.
Fremder: Aber ich habe doch wohl nicht ein Traumgesicht gesehen, daß ich sagte, hier würden sich uns wohl die zeigen, welche ganz vorzüglich mit der königlichen Kunst im Streit begriffen wären? Wiewohl es freilich ganz ungereimt scheinen kann, diese in irgend einem dienenden Zustande suchen zu wollen.
Der jüngere Sokrates: Freilich wohl.
Fremder: Laß uns also noch näher an die noch nicht geprüften uns heranmachen. Da sind zuerst die welche an der Wahrsagekunst einen Teil einer dienenden Wissenschaft besitzen. Denn für Dolmetscher der Götter bei den Menschen werden sie ja gehalten?
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Eben so dann auch das Geschlecht der Priester erst kundig, wie die bestehende Meinung sagt von unserer Seite Geschenke an Opfern für die Götter nach ihrem Sinne zu schenken, und von ihrer Seite uns durch Gebete den Besitz des Guten zu erflehen. Und dies sind doch wohl beides Teile einer dienenden Kunst?
Der jüngere Sokrates: Offenbar ja wohl.
Fremder: Endlich also scheinen wir doch nun eine Spur, der wir nachgehn können, gefaßt zu haben. Denn Priester und Wahrsager haben ja ein sehr verständiges Ansehn, und genießen einer hohen Achtung wegen der Wichtigkeit ihres Geschäftes. So daß in Ägypten kein König ohne Priestertum regieren darf; sondern wenn auch etwa einer aus einem andern Geschlecht die Regierung gewaltsam an sich gerissen hat, so muß er doch notwendig noch nachher in dies Geschlecht eingeweiht werden. Auch unter den Hellenen findet man häufig, daß den höchsten obrigkeitlichen Personen die wichtigsten solcher Opfer zu verrichten übertragen sind. Ja auch bei euch liegt ja dies nicht weniger zu Tage. Denn wen das Los zum Archon, der König genannt wird, macht, dem sagt man wären hier die feierlichsten und altväterlichsten Opfer übertragen.
Der jüngere Sokrates: Allerdings.
Fremder: Diese also, die durchs Los ernannten Könige und (291) die Priester und ihre Diener und noch eine große Menge Anderer die uns jetzt erschienen sind müssen wir betrachten, nach gänzlicher Absonderung aller vorigen.
Der jüngere Sokrates: Welche meinst du nur?
Fremder: Einige gar wunderliche.
Der jüngere Sokrates: Wie so?
Fremder: Ein gar vielstämmiges Geschlecht wie sich gleich auf den ersten Anblick zeigt. Denn viele der Männer gleichen den Löwen und Kentauren und anderen der Art; gar viele aber auch den Satyrn und den schwächeren aber gewandteren Tieren; oft verwandeln sie sich auch aus einer Gestalt und Eigenschaft in die andere. Kurz jetzt, o Sokrates, glaube ich die Männer endlich erblickt zu haben.
Der jüngere Sokrates: Sprich nur. Denn du scheinst etwas gar wunderliches zu sehen.
Fremder: Freilich; denn wunderliches kommt Allen aus der Unwissenheit her. Ist mir doch noch jetzt dasselbe gar plötzlich begegnet. Denn ich war ganz zweifelhaft als ich den Chor, der mit den Staatsangelegenheiten sich beschäftigt, erblickte.
Der jüngere Sokrates: Welchen doch?
Fremder: Den größten Tausendkünstler unter allen Sophisten und den erfahrensten in diesen Künsten, den wir, wie schwer er auch von den wahrhaft königlichen und Staatsmännern abzusondern sein mag, dennoch absondern müssen, wenn wir das gesuchte recht klar sehen wollen.
Der jüngere Sokrates: Davon dürfen wir aber doch auf keine Weise ablassen.
Fremder: Gewiß nicht, wenn es nach mir geht. Sage mir also dieses.
Der jüngere Sokrates: Was doch?
Fremder: Ist nicht die Monarchie eine von den Regierungen des Staates?
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Und nach der Monarchie würde einer, glaube ich, die Obergewalt der Wenigen anführen.
Der jüngere Sokrates: Wie sollte er nicht?
Fremder: Und die dritte Gestalt der Staatsverfassung, ist das nicht die Regierung der Menge, welche Demokratie genannt wird?
Der jüngere Sokrates: Allerdings.
Fremder: Und werden diese nicht gewissermaßen aus dreien fünfe, wenn zwei