Multilaterales Instrument. Florian Haase

Multilaterales Instrument - Florian Haase


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sollten insbesondere erste Empfehlungen des BEPS-Projekts der OECD sowie Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie umgesetzt werden, soweit sie sich nicht auf abkommensbezogene BEPS-Maßnahmen (also Maßnahmen, die sachlich in einem DBA geregelt werden sollten) beziehen. Hierfür ist ausschließlich das Multilaterale Instrument vorgesehen. Es steht freilich zu erwarten, dass weitere nationale „BEPS-Umsetzungsgesetze“ folgen werden. Andere Vertragsstaaten verfahren in gleicher Weise.

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      Schwerpunkt des BEPS-Umsetzungsgesetzes I im Entwurf war dabei u.a. die nationale Umsetzung eines Country by Country Reportings (CbCR): (a) Umsetzung der neuen Vorgaben von Seiten der OECD bzgl. Verrechnungspreisdokumentationen in einem entsprechend neu gefassten § 90 Absatz 3 AO (Masterfile/Localfile-Konzept gem BEPS Aktionspunkt 13); (b) Umsetzung der Verpflichtung zur Erstellung von länderbezogenen Berichten (dh eines Country-by-Country Reportings) gem BEPS Aktionspunkt 13 in § 138a AO-E (neu); (c) Umsetzung von Regelungen zum internationalen Informationsaustausch durch eine Anpassung des EU-Amtshilfegesetzes an die Änderungen in der EU-Amtshilferichtlinie; (d) Überschreibung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Umfang des abkommensrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatzes in § 1 AStG (e) sowie weitere steuerliche Anpassungen (beispielsweise Hinzurechnungsbesteuerung oder im Bereich des § 50d EStG).

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      Bei der BEPS-Umsetzung im Allgemeinen muss zwischen dem Mindeststandard und reinen best practice-Empfehlungen unterschieden werden. Zum Mindeststandard gehören lediglich die Aktionspunkte 5, 6, 13 und 14. Diese müssen von den Teilnehmern des BEPS-Projekts umgesetzt werden, weil hier die Überzeugung besteht, dass eine unilaterale Regelung nicht den gewünschten Erfolg bringen kann. Alle anderen Aktionspunkte sind hingegen als reine Empfehlungen zu verstehen, was indes nicht ausschließt, dass auch hier eine flächendeckende Regelung gefunden wird (so etwa durch die ATAD-Richtlinien, dazu sogleich).

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      Die ATAD-Richtlinie soll ausdrücklich (nur) auf alle Steuerpflichtigen – einschließlich Betriebsstätten von Unternehmen aus Drittstaaten – anwendbar sein, wenn diese in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Körperschaftsteuer unterliegen. Die ATAD-Richtlinie enthält Vorgaben an die Mitgliedstaaten, vornehmlich in den folgenden Bereichen Missbrauchsverhinderungsvorschriften zu erlassen: Zinsabzugsbeschränkungen, Wegzugsbesteuerung (Exit Tax), Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR), Hinzurechnungsbesteuerung und vergleichbare Systeme, hybride Gestaltungen (ohne doppeltansässige Gesellschaften).

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      Hierbei sind allerdings die Vorgaben des Primärrechts, namentlich die EU-Grundfreiheiten zu beachten. Dort, wo nationale Vorschriften hinter den Vorgaben zurückbleiben, sind die Mitgliedstaaten nach Art 288 AEUV verpflichtet, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die hierfür vorgesehene Umsetzungsfrist endet am 31.12.2018 – das war zu erwarten, und die Frist erscheint auch angemessen lang. Ob allerdings die Richtlinie als den Steuerpflichtigen belastendes Regelungswerk überhaupt von der Ermächtigungsgrundlage des Art 115 AEUV gedeckt ist, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Das Handeln der EU muss hierfür im Lichte des gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips nämlich streng genommen erforderlich sein, dh ein uni- oder bilaterales Handeln der Mitgliedstaaten darf das Problem nicht ebenso gut beseitigen. Angesichts der bisherigen Arbeiten der OECD-Mitgliedstaaten, aber auch der diesbezüglich weit entwickelten nationalen Steuerrechte vieler Staaten erscheint dies doch zumindest fraglich.

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      Auf ATAD I folgte sodann bereits Mitte 2017 ATAD II: Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 31.12.2019 (bzgl Art 9a der ATAD II bis zum 31.12.2021) Zeit, die ATAD II in nationale Rechtsvorschriften umzusetzen und ab dem 1.1.2020 (Art 9a der ATAD II ab dem 1.1.2022) anzuwenden. Die Änderung der RL (EU) 2016/1164 ist die neueste Maßnahme in einer Reihe von Maßnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung durch große Unternehmen bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern und geht auf den BEPS Aktionspunkt 2 zurück.

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      Das BEPS-Projekt der OECD war ein wahrhaft historisches, internationales steuerpolitisches Vorhaben. Seine Umsetzung ist es auch – sowohl auf der zeitlichen Schiene als auch inhaltlich. Innerhalb kürzester Zeit haben sich die Staaten, deren individuelle Interessen teils gegensätzlicher nicht sein könnten, auf konkrete Ergebnisse geeinigt und schritten sodann nach gerade einmal zwei Jahren zu ihrer Implementierung. Dass die Sinnhaftigkeit des BEPS-Projekts durchaus bezweifelt werden darf, spielt daher angesichts seines Fortschritts heute keine Rolle mehr. Dennoch: Valide empirische/quantitative Untersuchungen zu Gewinnverlagerungen lagen, entgegen den Behauptungen des BMF, kaum vor, und auch dass die Probleme, dh die BEPS-Ursachen, zu einem Gutteil in der Steuerpolitik und Steuergesetzgebung der Staaten selbst zu suchen sind, ist nunmehr müßig zu betonen.

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      Gerade Deutschland gibt hier kein gutes Bild ab. Wenn der Gesetzgeber etwa versucht, im Inbound-Fall über das Institut des Sonderbetriebsvermögens Besteuerungssubstrat in das Inland zu verlagern, dann nimmt es nicht Wunder, wenn im Outbound-Fall eben solches Besteuerungssubstrat verloren geht. Nur hat dies nichts mit BEPS oder gezielten Gewinnverlagerungen von Unternehmen zu tun, sondern ist die logische Folge einer konsequenten und systemgerechten Steuerpolitik, die von einem Staat, dessen Steuereinnahmen beständig ansteigen, hinzunehmen wäre.

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