Steuerstrafrecht. Johannes Franciscus Corsten
gegenüber der Jahreserklärung mitbestrafte Vortaten[320] (s. dazu Rn. 439).
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Allein die Missachtung vorgeschriebener Formen (§ 150) begründet keinen Hinterziehungsvorwurf.[321]
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Die Verletzung der nach § 116 Abs. 1 S. 1 für Gerichte und andere Behörden als Finanzbehörden bestehenden Pflicht zur Anzeige von Steuerstraftaten begründet, da es sich nicht um eine Erklärungspflicht i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 handelt, allenfalls eine Strafvereitelung durch Unterlassen nach §§ 258, 13 StGB.[322]
(4) Unzumutbarkeit der Erfüllung der Pflicht zur Abgabe der Erklärung
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Die (strafbewehrte) steuerliche Pflicht zur Abgabe von Erklärungen besteht grundsätzlich auch dann fort, wenn der Erklärungspflichtige Gefahr läuft, mit der Erfüllung der Erklärungspflicht zu offenbaren, dass er sich strafbar gemacht hat (vgl. § 393 Abs. 1 S. 1 sowie die Kommentierung zu § 393 Rn. 37 ff.). Allerdings ist in solchen Fällen das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. aus Art. 6 Abs. 1 EGMR[323] hergeleitete Verbot von Zwang zur strafrechtlichen Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) zu beachten.[324] Die Erfüllung steuerlicher Erklärungspflichten kann danach für den Steuerpflichtigen unzumutbar sein, weil er sich damit selbst belasten und der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen müsste (s. dazu auch § 393 Rn. 6 ff.).[325]
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Im steuerlichen Verfahren besteht die Pflicht zur Mitwirkung auch dann fort, wenn der Steuerpflichtige sich durch die Erfüllung dieser Pflicht selbst belasten könnte. Allerdings enthält § 393 Abs. 1 S. 2 ein Verbot der Anwendung von Zwangsmitteln nach § 328 zur Durchsetzung der steuerlichen Pflichten.[326]
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Im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 im Falle des Unterlassens der Abgabe von den Erklärenden möglicherweise selbst belastenden Erklärungen, gewährleistet die Rspr. die Selbstbelastungsfreiheit nur in Ausnahmefällen dadurch, dass sie die Strafbewehrung der steuerlichen Pflichten suspendiert.[327] In der Regel nimmt sie an, dass die Erklärungspflichten fortbestehen, wenn der Betroffene auf andere Weise, insb. durch eine Selbstanzeige (siehe dazu § 371 Rn. 45) oder ein strafrechtliches Verwendungsverbot, ausreichend geschützt werden kann.[328]
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Ist dem Steuerpflichtigen die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens mitgeteilt worden, ist er nach § 393 Abs. 1 S. 2, 3 von der Abgabe von weiteren Erklärungen betreffend dieselbe Steuerart und denselben Besteuerungszeitraum – also etwa bzgl. der Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung nach Verfahrenseinleitung wegen der Voranmeldungen desselben Jahres – befreit, weil er sich dadurch möglicherweise selbst belasten würde (zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen s. § 393 Rn. 20 ff.).[329] Ist gegen den Erklärungspflichtigen ein Verfahren wegen versuchter Steuerhinterziehung eingeleitet worden, kann der Vorwurf daher nicht zu vollendeter Hinterziehung erweitert werden, wenn der Beschuldigte die Abgabe der Erklärung nach Verfahrenseinleitung weiterhin unterlässt.[330] Die Unzumutbarkeit der Abgabe weiterer Erklärungen betrifft nach der Rspr. des BGH hingegen nicht Steuerarten und Besteuerungszeiträume für die kein Strafverfahren eingeleitet worden ist.[331] Wird der Steuerpflichtige also bspw. nur wegen Einkommensteuerhinterziehung im Veranlagungszeitraum 2013 verfolgt, so muss er die Erklärung für 2014 weiterhin abgeben, auch wenn sich daraus möglicherweise Rückschlüsse hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2013 ergeben können. Zur Begründung weist der BGH darauf hin, dass selbst wenn die Abgabe zutreffender Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollte, dies ihre Unterlassung nicht rechtfertigen könne, weil andernfalls neues Unrecht geschaffen und dem Täter zudem gegenüber anderen Steuerpflichtigen eine ungerechtfertigte Besserstellung eingeräumt würde.[332] Der Nemo-tenetur-Grundsatz könne im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit und die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den Staat dahingehend eingeschränkt werden, dass der Steuerpflichtige grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet bleibt, ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden.[333] Die sich daraus für den Erklärungspflichtigen möglicherweise ergebende Zwangslage will der BGH dadurch lösen, dass für die Angaben, mit denen sich der Erklärende mittelbar selbst belastet, ein strafrechtliches Verwendungsverbot gelten soll.[334] Tatsächlich geschützt wird der Erklärende dadurch allerdings nur, wenn sichergestellt wird, dass das auch die mittelbare Verwendung der Erkenntnisse umfasst.[335]
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§ 393 Abs. 1 S. 2, 3 und der Nemo-tenetur-Grundsatz befreien den Erklärungspflichtigen zudem nicht von den in anderen Verfahrensabschnitten bestehenden Mitwirkungspflichten. So bleibt er nach einer im Festsetzungsverfahren begangenen Hinterziehung verpflichtet, eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse gem. § 284 im Beitreibungsverfahren abzugeben.[336] Auch insoweit soll ausreichender Schutz dadurch gewährt sein, dass ein Verwendungsverbot für die dort gemachten Angaben besteht, sofern diese Rückschlüsse auf die im Festsetzungsverfahren begangene Hinterziehung zulassen.[337]
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Dem Erklärungspflichtigen werden zudem allgemein keine Rechte aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz zugebilligt, solange er die Strafverfolgung für bereits begangene Steuerhinterziehungen durch die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige nach § 371 vermeiden kann.[338] Problematisch sind (insb. nach erneuter Verschärfung der Voraussetzungen des § 371) die Fälle, in denen der Erklärungspflichtige die Wirksamkeit der Selbstanzeige voraussichtlich nicht herbeiführen können wird, weil er finanziell nicht in der Lage ist, die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern und ggf. den nach § 371 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 398a erforderlichen Zuschlag innerhalb einer ihm dazu nach § 371 Abs. 3 bzw. § 398a gesetzten Frist zu entrichten. Die Selbstanzeige ist dann für den Täter nur eine theoretische Möglichkeit, die ihn tatsächlich nicht vor Strafverfolgung schützt. Die Abgabe der Berichtigungserklärung bedeutet in diesen Fällen für ihn faktisch eine Selbstbezichtigung, so dass der Nemo-tenetur-Grundsatz auf andere Weise sichergestellt werden muss.
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Die Erklärungspflicht besteht auch dann fort, wenn die Buchführung für das Strafverfahren sichergestellt oder beschlagnahmt worden ist. Der Steuerpflichtige muss sich in diesem Fall darum kümmern, die benötigten Unterlagen bei der Ermittlungsbehörde zu sichten bzw. zu kopieren.
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Für die Abgabe von Schenkungsteuererklärungen ist der BGH der Auffassung, dass die unterlassene Abgabe von Erklärungen bzgl. in der Vergangenheit erhaltener Schenkungen den Erklärungspflichtigen nicht von der Pflicht befreit, diese im Rahmen einer Erklärung für eine spätere Schenkung als Vorschenkungen anzugeben.[339]