Zeitkapseln - Botschaften in die Welt von morgen. Bertwin Minks

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hindurch nachhaltig verändert. Dieses Szenario hält bis heute an und selbst in der Zukunft wird die Handschrift der Evolution neben dem Wirken des Menschen das Antlitz der Erde mit ihrer gestalterischen Kraft prägen.

      Entstehung des Planeten Erde vor ca. 4,5 Milliarden Jahren

      Erdzeitalter:

      Hadaikum

      Archaikum

      Proterozoikum

      *

      Kambrium/Ordovizium/Silur/Devon/Karbon/Perm

      *

      Trias/Jura/Kreide

      *

      Paläozän/Eozän/Oligozän/Miozän/Pliozän/Quartär

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      Zukunft

      (wie auch immer die sich die gestalten mag)

      Die Evolution ist ein eigenwilliger Teil des kosmologischen Prozesses, der sich nicht zwangsläufig in Gang setzt. Nicht zu jeder Zeit und an auch nicht an jedem Ort eines Universums wird ihr dafür eine Bühne bereitet sein. Die biologische Evolution, wo und wann auch immer sie Leben entstehen lässt und dessen Entwicklung vorantreibt, muss als ein kostbares Privileg der Natur verstanden werden. Die Architektin und Baumeisterin des Lebens ist ein hochkomplexer Experimentator, der fleißig, beharrlich, lernfähig und geduldig daherkommt. Manchmal wird sie von einer erstaunlichen Kühnheit getrieben und bringt zuweilen Schöpfungen hervor, die von wundervoller Genialität inspiriert sind. Hin und wieder scheint die Evolution aber auch vergesslich und oberflächlich zu sein und mitunter sogar in einfallslose Plakativität und stupide Replikation zu versinken. Diese evolutionären Blackouts lassen Verwunderung und Befremden aufkommen und nähren Zweifel an der Perfektion der Architektin des Lebens. Doch gerade das Spannungsfeld zwischen gestalterischer Vollkommenheit und evolutionärer Fehlleistung, von dem Unmengen fossiler Hinterlassenschaften zeugen, macht den Prozess der Selbstorganisation der belebten Materie so spannend, dramatisch und interessant.

      Die Wege, die die Evolution auf ihrer ständigen Suche nach Vollkommenheit und Perfektionierung beschreitet, sind vielfältig. Sie werden von mannigfaltigen Trümmerfeldern des Lebens gesäumt. Manche Entwürfe scheinen rasch skizziert und schnell wieder verworfen zu werden. Andere Baupläne erweisen sich dagegen als wahrhaft fundamental, sodass sie Hunderte von Millionen Jahren überdauern. Es gibt solide Visionen und wenig geeignete Ansätze, Erfolgsrezepte und fatale Irrtümer, lange Zeiten evolutionärer Untätigkeit und stürmische Epochen biologischer Entwicklung. Die Evolution versucht, Bewährtes zu bewahren, aber sie verwirft auch bedenkenlos ungeeignete Konzepte. Vor allem jedoch variiert und verändert sie biologische Architekturen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und wechselndem Erfolg im Strom der Zeit. Ihre Geschichte gleicht einem epischen Ringen zwischen originärer Schöpfung, ständiger Neuerfindung, permanenter Optimierung und Anpassung sowie biologischer Auslöschung, frühem Artentod und gnadenlosem Untergang von einst verheißungsvoll kreierten biologischen Schöpfungen.

      Um ihre Prozesse in Gang setzen zu können, bedarf die Evolution einer bestimmten kosmischen Konstellation. Ein Universum, in dem die Naturkonstanten und Naturgesetze so fein abgestimmt sind, dass Elemente höherer Ordnungszahlen und komplexe chemische Verbindungen entstehen können, ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Erschaffung von Leben. Das kann die Natur nur gewährleisten, wenn die Stärken der vier fundamentalen Kräfte

       starke Kernkraft

       schwache Kernkraft

       Elektromagnetismus

       Gravitation

      im Verhältnis zueinander Werte haben, die die Existenz stabiler Atomkerne und Elemente sowie großräumige, differenzierte kosmische Strukturen ermöglichen. Dabei kommt der Feinstrukturkonstanten Alpha () eine Schlüsselrolle zu. Alpha ist dimensionslos und bestimmt die Stärke der elektromagnetischen Kraft. Außerdem ist auch die Gravitationskonstante von Bedeutung, über deren mögliche lokale und zeitliche Schwankungen im Standarduniversum die Wissenschaftler bis heute philosophieren!

      Doch wie auch immer sich die Stärken der physikalischen Grundkräfte zueinander in einem Universum verhalten mögen, die Evolution benötigt für ihr Wirken noch eine Reihe weiterer astrophysikalischer Voraussetzungen. Es bedarf vor allem einer Galaxie mit einem hinreichend hohen Alter, damit im interstellaren Gas und im Staub der Sterne die erforderlichen Bausteine des Lebens in ausreichender Häufigkeit vorhanden sind. In einer solchen Galaxie muss ein Hauptreihenstern existieren, dessen Spektraltyp und Größe mehrere Milliarden Jahre lang eine mehr oder weniger gleichmäßige Kernfusion ermöglichen. Diese Sonne sollte zumindest in ihrem Strahlungsverhalten möglichst stabil und wenig veränderlich sein. Eine weitere unabdingbare Voraussetzung ist die Anwesenheit eines Planeten, der eine geeignete Masse, Rotation, Atmosphäre und ein nennenswertes Magnetfeld aufweist. Darüber hinaus muss die stabile Umlaufbahn des Trabanten innerhalb der habitablen Zone des Sterns liegen.

      Doch es gibt noch mehr astrophysikalische Erfordernisse für die Entstehung und Entfaltung des Lebens. Im nahen Umfeld des Sternensystems von einigen Dutzend Lichtjahren sollten sich mehrere Milliarden Jahre lang keine lebensfeindlichen Prozesse wie Nova- und Supernova-Szenarien oder Gamma-Strahlenausbrüche ereignen. Darüber hinaus darf in dem Sonnensystem das Impakt-Geschehen nicht zu intensiv und langandauernd sein. In galaktischen Zentralgebieten mit hungrigen schwarzen Singularitäten und einer turbulenten chaotischen Himmelsmechanik werden das Leben und seine Evolution keine guten Karten haben. Angesichts der vielfältigen kosmischen Randbedingungen ist es schon erstaunlich, dass Leben im Weltall überhaupt entstehen konnte. Dass es sich auch zu höheren Formen entwickeln würde, mag wie ein Wunder erscheinen.

      Vor 4,5 Milliarden Jahren schienen im System einer gelben Sonne vom Spektraltyp G 2/V am inneren Rand des Orionarms der Milchstraße die vielfältigen kosmischen Rahmenbedingungen weitgehend erfüllt gewesen zu sein. Es war der dritte Planet der noch jungen solaren Welt, der sich im Laufe der Zeit zu einem grandiosen Schauplatz für das Wirken des Schöpfertums der Evolution und die Entfaltung ihrer Wunderwerke entwickeln sollte.

      Die Ausformung des Systems Erde-Mond in einer Entfernung von reichlich acht Lichtminuten vom Zentralgestirn könnte nach dem Einschlag von Theia, einem etwa Mars großen Protoplanten, im Hadaikum stattgefunden haben. Nach diesem gewaltigen Impakt-Ereignis verdichteten sich die herausgeschleuderten Magma-Massen zu einem Trabanten, der den Planeten Erde fortan begleiten würde. Durch das Ereignis beschleunigte sich die Erdrotation. Der Tag verkürzte sich auf ungefähr zehn Stunden. Der junge entstandene Mond muss damals viel größer als heute am fahlen feuerfarbenen Himmel geleuchtet haben, weil er die Erde auf einer engeren Umlaufbahn umkreiste. Am Ende des ersten Erdzeitalters, dem Hadaikum, hatte sich der Planet vermutlich so weit abgekühlt, dass die sich in der Atmosphäre angereicherten Wassermassen abregnen konnten. Infolgedessen begann sich auf der Oberfläche des Planeten ein gewaltiger Ozean auszubreiten.

      Zu Beginn des Archaikums vor etwa 3,8 Milliarden Jahren fand in einer stickstoffreichen schwefeligen Atmosphäre ohne Sauerstoff zunächst eine chemische Evolution statt. Heftige Gewitter und eine intensive Gamma-Strahlung schufen unter einem fortwährenden kosmischen Bombardement von Asteroiden, Kleinplaneten und Kometen die erforderlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Lebens. Kurze Zeit später scheint sich das Leben auf der Erde dann tatsächlich etabliert zu haben. 3,5 bis 3,7 Milliarden Jahre alte fossile Spuren lassen das zumindest vermuten.

      Am Anfang der evolutionären Geschichte auf der Erde standen Einzeller wie Bakterien und Archaeen sowie die mysteriösen Viren. Bei den Viren sind sich die Biologen aufgrund des fehlenden Stoffwechsels bis heute allerdings nicht einig, ob diese überhaupt dem (normalen) Leben zuzurechnen sind.

      Nach diesem Schöpfungsakt verharrte die Evolution im Urozean jedoch 1,5 Milliarden Jahre lang in einer unbegreiflichen Starre und Untätigkeit. Es ist bis heute rätselhaft, warum sie so lange gebraucht hat, um nach den ersten erfolgreichen Schritten das Alphabet der Biochemie mit DNS, RNS, Proteinen und Nukleotiden zu buchstabieren und die Dynamik genetischer Veränderungen


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