Das Arrangement. Justin C. Skylark

Das Arrangement - Justin C. Skylark


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der Tatsache, dass er mehr als tolerabel fremdging.

      Er stritt es ja nicht einmal ab! Er stand vor mir und verteidigte sich nicht.

      „Entscheide dich“, forderte ich ihn auf. „François oder ich?“

      *

      Allein sein Zögern sorgte dafür, dass wir an diesem Abend auf keinen Nenner kamen. So machte ich Nägel mit Köpfen und zog aus. Mit den nötigsten Sachen quartierte ich mich in ein Hotel ein.

      Von da an nahm das Elend seinen Lauf.

      Wenn ich am späten Nachmittag von der Arbeit dort einkehrte, stand Robert schon davor. Manchmal wartete er in der Lobby oder vor meiner Zimmertür.

      Er war ständig da. Plötzlich hatte er Zeit. Jeden Tag. Und jeden Tag schickte ich ihn weg.

      Er machte Telefonterror, bombardierte mich mit SMS und Sprachnachrichten, ließ mir Blumen zusenden, die ich postwendend in den Abfalleimer warf.

      Er lud mich zum Essen ein – zu dem ich nicht erschien. Ich ließ ihn warten, ließ ihn zappeln.

      Er litt. Von Tag zu Tag wurde er schwächer. Ich quälte ihn mit meiner Ablehnung, folterte ihn mit meiner Abwesenheit.

      Bis er vor mir auf die Knie ging und flehte. Es war das erste Mal, dass ich ihn hatte weinen sehen.

      Es zerbrach mir das Herz, denn selbstverständlich konnte ich sein Leid nicht ertragen.

      Zermürbender war allerdings die Tatsache, dass er sich nicht entscheiden konnte.

      Überspitzt erzählte er mir von François, der bislang nirgends Fuß fassen konnte.

      Dabei war das Tanzen sein Leben. Robert hatte ihn unterstützt, seit dem ersten Moment, in dem er im Club nach einem Job gefragt hatte. Dadurch hatte er sich fangen können.

      Wenn François den Raum betrat, ging die Sonne auf. Wenn er sich auf der Bühne bewegte, blieb einem das Herz stehen.

      Aus Roberts Gutmütigkeit wurde Schwärmerei, letzten Endes die Leidenschaft.

      Er war François verfallen und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln.

      Bisweilen hatte ich über den Zustand gelacht und redete mir ein, selbst standhaft zu bleiben, indem ich wegsah.

      Ich ging nicht in den Club und mied die Konfrontation. Wenn ich ihm begegnete, sah ich ihm nicht in die grün-blauen Augen.

      Robert hätte das niemals gekonnt und das wusste ich.

      Eine Lösung musste her, ansonsten hätte ich ihn verloren und das wäre wohl die größte Niederlage meines Lebens gewesen.

      „Oh bitte, Nielo, schick mich nicht mehr weg!“, jammerte er. Vornübergebeugt krümmte er sich auf dem Boden. Er klammerte sich an meine Beine und schluchzte auf. „So kann das nicht weitergehen. Ich liebe dich doch so sehr!“

      Es waren die Worte, die ich hören wollte, und ehrlich gesagt schmeichelte es mir, wie der große Robert Saxen vor mir kroch wie ein Wurm und mir das Blaue vom Himmel versprach.

      In diesem Moment hatte ich ihn in der Hand. Ich hatte ihn so weit und so weit waren meine Überlegungen gewesen.

      „Es wird weitergehen“, sagte ich kühl. Mein Herz machte einen Sprung, denn was ich mir überlegt hatte, war eigentlich genial. „… unter einer Bedingung.“

      *

      Der Augenblick war perfekt gewesen, denn François hatte erst vor kurzem seine Bleibe verloren.

      Sein Vermieter hatte ihm die Wohnung gekündigt, kaum hatte er davon Wind bekommen, dass sich sein schwuler Mieter die Brötchen beim nächtlichen Poledance verdiente. Seitdem wohnte er in einem Hinterzimmer im Club.

      Das war der Punkt, an dem ich ansetzte, der Trumpf, den ich ausspielte. Es war das As im Ärmel zu meinen Gunsten.

      Mit dieser Strategie, so glaubte ich, konnte ich sie auseinanderbringen – zumindest für gewisse Zeiten.

      „Was für eine Bedingung?“, fragte Robert. Mit geweiteten Augen sah er mich an. Meinen Triumph über ihn kostete ich aus.

      „Wir haben die freie Einliegerwohnung“, startete ich und er nickte sofort, denn seit Monaten suchten wir einen Nachmieter für die Räume im Untergeschoss. Da Robert aber keine Zeit hatte und ich keine Lust, einen Makler zu aktivieren, geschweige denn eine Anzeige aufzugeben, stand die Wohnung leer. Wir nutzten sie nicht. Unser Haus bot genug Platz.

      „François wird dort einziehen“, bestimmte ich.

      Die Überraschung war mir gelungen. Roberts Augen leuchteten plötzlich und ich grinste in mich hinein. Er erkannte die Heimtücke in meinem Beschluss nicht.

      „Meinst du das ernst?“ Er rappelte sich auf und strich die Falten aus seinem Anzug. Das Trauerspiel vor meinen Füßen hatte ein Ende genommen. Die Verhandlung über unsere Ehe begann.

      Ich bejahte. „Er wird nicht mehr im Club schlafen, nur noch dort arbeiten. Wir nehmen ihn als Untermieter auf, jedoch muss er sich an gewisse Regeln halten.“

      „Okay …“ Robert nickte die Ansage ab, ohne Details zu wissen. Das war sein Fehler. Aber ich hatte ihn längst in der Hand.

      „François hat den Hintereingang zur Wohnung zu nutzen. Am Haupteingang des Hauses hat er nichts zu suchen. Er darf den Rasenabschnitt Souterrain betreten, aber nicht unseren Garten. Sein Auto, sollte er eins haben, steht weder in unserer Auffahrt noch in der Garage. Kein Nachbar soll auf die Idee kommen, irgendeine Verbindung zwischen dir und ihm zu sehen.“

      „Gut.“ Robert stimmte auch dem zu, aber ich registrierte die Nachdenklichkeit in seinem Gesichtsausdruck. Er ahnte wohl, dass das nicht alles war. Der Clou fehlte und den präsentierte ich ihm mit einem siegreichen Lächeln auf den Lippen.

      „Er hat auch in unserem Haus nichts zu suchen. Die Treppe von der Einliegerwohnung ins Erdgeschoss ist für ihn tabu. Ich will ihn dort nicht sehen.“

      Robert nickte verhalten, aber er sagte nichts, denn ich war noch nicht fertig mit meiner Aufzählung.

      „Du siehst ihn im Club …“ Ein sarkastisches Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. „… lässt sich ja auch kaum vermeiden, wenn er weiterhin dort arbeitet. Aber nach Feierabend trennen sich eure Wege.“

      Robert stutzte wie erwartet. Sein Körper bog sich etwas nach hinten, er neigte den Kopf in den Nacken, sah mich dennoch prüfend an. „Wie meinst du das?“

      „Du kommst jeden Abend nach Hause.“

      „Nielo, das geht nicht so einfach. Der Club hat bis 5 Uhr geöffnet.“

      „Spätestens um 1 Uhr liegst du bei mir im Bett und am Samstagabend gehst du gar nicht hin, lediglich im Notfall.“ Mir war bewusst, dass das eine strenge Forderung war, denn besonders am Wochenende herrschte reges Treiben im einschlägigen Milieu. Doch auf der anderen Seite wusste ich, dass selbst ein Robert Saxen entbehrlich war. Früher, als unsere Beziehung noch frisch gewesen war, hatte er die Abende ja auch lieber mit mir als im Club an der Bar verbracht.

      „Du kannst Sonntagabend nach dem Rechten gucken, aber generell gehört das Wochenende uns.“

      Er zögerte mit der Antwort. Ich sah ihm an, wie er überlegte und die Sachlage im Kopf durchspielte. Schließlich lächelte er unsicher. „Du möchtest, dass François in die Wohnung zieht, aber ich soll ihn nicht außerhalb der Dienstzeit privat treffen?“

      Das hatte er richtig erkannt. Doch da ich wusste, dass er dem niemals zugestimmt hätte, hatte ich eine klitzekleine Ausnahme in das Regelwerk eingebaut.

      „Ich überlasse euch den Freitag. An den anderen Tagen hast du dich zu benehmen wie ein treuer Ehemann.“

      „Aber …“ Es war absehbar, dass er mit Gegenargumenten kam, doch ich hörte sie mir erst gar nicht an.

      „Das ist keine Sache, um die wir feilschen werden“, stellte


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