Oliver Hell - Dämonen (Oliver Hells elfter Fall). Michael Wagner J.

Oliver Hell - Dämonen (Oliver Hells elfter Fall) - Michael Wagner J.


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wissen, hat Bonn eine aktive Islamistenszene. Anders wie in ähnlich gelagerten Szenarien, liegt uns bisher noch kein Bekennerschreiben des IS vor. Im Zuge der bisherigen Ermittlungen sind trotzdem zwei Verdächtige aus dem islamistischen Spektrum in den Fokus der Strafverfolgung gerückt. Bei beiden Beschuldigten wurden die Wohnungen durchsucht. Einer der beiden wurde vorläufig festgenommen. Es wird jetzt geprüft, ob gegen ihn Haftbefehl beantragt wird. Meine Damen und Herren von der Presse, Sie dürfen jetzt Ihre Fragen stellen.“

      Sofort reckten sich überall im Raum die Arme empor. Hansen übernahm die Moderation. „Was ist mit dem zweiten Verdächtigen?“, fragte ein Reporter vom Bonner Generalanzeiger aus der ersten Reihe.

      Lanev schob das Glas ein wenig zur Seite, bevor er antwortete. „Der zweite Verdächtige wird gesucht.“ Ein Raunen ging durch die Menge. Ein flüchtiger Salafist, das war natürlich genau das, was die hungrige Reportermeute hören wollte.

      „Ist er auf der Flucht?“, hakte der Reporter auch sofort nach.

      „Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Er wurde nicht zu Hause angetroffen. Die Durchsuchung seiner Wohnung fand auf richterlichen Beschluss statt.“

      „Besteht Gefahr für die Bevölkerung? Gibt es Hinweise, die auf weitere Anschläge hindeuten?“ Der Reporter vom GA war sehr zum Leidwesen Lanevs hartnäckig.

      „Ich kann Ihnen zum jetzigen Stand der Ermittlungen nichts weiter sagen.“

      Die Meute tippte eifrig in ihre Tablets und Laptops. Viele schrieben den Text für die Morgenausgabe der Tageszeitungen an Ort und Stelle.

      „Gibt es überhaupt keine Bekennerschreiben? Ich meine, bei einem solchen Anschlag kommen doch ständig Trittbrettfahrer auf den Plan“, fragte jetzt ein Kollege aus dem Auditorium.

      „Es gibt sehr wohl ein Bekennerschreiben. Darin wird ein linksextremistischer Hintergrund des Anschlags behauptet. Nach einer ersten Bewertung bestehen erhebliche Zweifel an der Echtheit dieser Bekennung.“

      „Warum nehmen Sie das Schreiben der Linken nicht ernst?“

      „Wie schon gesagt, wir haben erheblich Zweifel an der Echtheit. Hier handelt es sich allzu offensichtlich um einen Trittbrettfahrer.“

      „Wie soll sich die Bevölkerung verhalten? Sind wir in Bonn jetzt noch sicher?“

      Mit genau dieser Frage hatte Lanev natürlich gerechnet. Sie wurde auf jeder Pressekonferenz gestellt, auf der es um einen möglichen Anschlag mit IS-Hintergrund ging. Daher kam die Antwort ebenso schnell wie professionell. „Wir sind in Bonn am heutigen Tag genauso sicher wie in jeder anderen Stadt in Europa. Man kann nie ausschließen, dass sich erneut etwas ereignen wird. Aber wenn wir von unserer Erfahrung ausgehen, dann bleibt es immer bei einem Anschlag. Das haben uns Paris, Brüssel und Nizza gezeigt.“

      „Wenn es kein Anschlag islamistischer Terroristen war, es ebenfalls keinen links- oder rechtsextremistischen Hintergrund gibt, was bleibt dann noch?“, wollte jetzt eine junge Frau aus der zweiten Reihe wissen.

      Lanev fasste sich kurz an die Nase. „Es kann sein, dass es sich um einen Täter handelt, der sich innerhalb kürzester Zeit radikalisiert hat. Diese Täter haben oft keinen Kontakt zum IS. Die Tatsache, dass es noch keine Reaktion gibt, ließe darauf schließen. Aber wir wissen ja, dass es sich um keinen Rucksack-Bomber handelt, weil die Bomben in den Blumenkübeln versteckt waren. Was auch dagegen spricht: Der Täter verfügte über ein beträchtliches Know-how im Bombenbau. Das lernt man nicht mal eben über Nacht im Internet.“

      „Gibt es Videos von Überwachungskameras?“

      „Diese kleine Straße wird nicht von Kameras überwacht.“

      „Ich weiß, dass der Münsterplatz kameraüberwacht wird. Ist dort vielleicht jemand vor oder nach der Tat auffällig gewesen?“, fragte jetzt Jan-Phillip Wendt. Er stand seit Beginn der Pressekonferenz neben einer der Säulen, verborgen vor den Blicken der Kollegen auf dem Podium. Als Dausend und Grütters Wendt erkannten, verfinsterten sich ihre Mienen schlagartig. Doch Lanev blieb völlig ruhig. „Wir werten im Moment alle Kameras rund um den Münsterplatz und die angrenzenden Straßen aus. Die Sichtung des Materials dauert eine Weile.“

      Als er seinen Blick wieder nach links wendete, war der Platz an der Säule leer. Wendt war gegangen. Was er gehört hatte, reichte ihm. Weder der Staats- noch der Verfassungsschutz hatten auch nur einen Gedanken an Luana Oliveira und ihren Bruder verschwendet. Oder sie hielten damit hinter dem Berg. Wendt stürmte hinauf in die Räume des K11. Er warf sich auf seinen Drehstuhl und griff zum Telefon. Die ganze Zeit über war ihm ein Gedanke wie ein Irrlicht durch den Kopf gegangen. Als sie Oliveira und ihre Freundin Bea Frings befragten, kam ihm dieser Gedanke, ohne dass er ihn genau formulieren konnte.

      „Hallo, hier ist Jan-Phillip Wendt von der Kriminalpolizei Bonn. Ich war heute schon einmal bei Ihnen, es geht um ihre Patientin Luana Oliveira. Ich müsste ihr noch eine wichtige Frage stellen. Wäre es möglich, jetzt noch kurz vorbeizukommen?“, fragte er eilig die Nachtschwester an der Rezeption. Er hörte, wie diese den Namen mehrmals wiederholte, um ihn nicht zu vergessen. „Oh, ja, das ist ja die Frau, die verschwunden ist. Tut mir leid, Herr Kommissar“, hörte er ihre zerknirschte Stimme. „Wie? Verschwunden? Sie ist doch bei dem Anschlag schwer verletzt worden!“

      „Unsere Station kann sich auch keinen Reim darauf machen, sie ist kurz vor der Visite aus dem Krankenhaus verschwunden.“ Wendt murmelte ein kurzes Dankeschön, dann ließ er sich in seinen Stuhl zurückfallen. Also hatte ihn seine Intuition doch nicht getäuscht. Dieser Blick zwischen Oliveira und Frings. „Ist schon gut, Bea. Du kommst sofort wieder rein, wenn die Herren gegangen sind. Dann planen wir weiter“, hatte sie gesagt. Sie waren davon ausgegangen, dass es sich um das erwähnte Begräbnis von Claudia Trenzen handelte, doch plante sie zu dem Zeitpunkt bereits ihre Flucht. Er stieß die Luft aus. „So ein Biest“, murmelte er vor sich hin. Er widerstand dem Impuls, zur PK zurückzugehen, stattdessen rief er Klauk an.

      „Sebi, rate mal, was passiert ist? Die Oliveira ist aus dem Krankenhaus verschwunden“, hielt er nicht lange mit der Neuigkeit hinter dem Berg. Er hörte, wie Klauk seine Worte wiederholte. Offenbar war Rosin in der Nähe. „Sollen wir ins Präsidium kommen? Willst du eine Fahndung nach ihr einleiten?“

      „Unter welchem Verdacht? Weil sie Angst um ihr Leben hat?“

      „Weil sie vielleicht irgendwelchen Dreck am Stecken hat? Wer weiß, was der tatsächliche Grund für den Anschlag ist“, gab Klauk zu bedenken.

      „Ich bespreche das mit Hansen. Offiziell dürften wir nichts von ihrem Verschwinden wissen. Apropos Nichtwissen: Ich habe eben die Pressekonferenz der lieben Kollegen belauscht. Kein Wort über Oliveira. Sie haben sich aus allem herausgeredet, es gibt eine Festnahme aus dem salafistischen Umfeld, ein weiterer Verdächtiger ist flüchtig.“

      Klauk stieß einen merkwürdigen Laut aus, dann verschluckte er sich offenbar und hustete mehrmals. „Sorry, das schlägt mir sogar auf die Stimmbänder! Wieso erfahren wir nichts von einer Festnahme?“

      „Wir sind doch nur die Provinzbullen, das Ganze geht mir mächtig gegen den Strich. Ich wünsche mir einen schönen Mord, den wir ganz alleine aufklären können. Wäre Hell nicht involviert, könnten die mir mit ihren Salafisten um den Arsch herum rennen!“ Wendt redete sich in Rage. Deshalb bemerkte er auch nicht, dass sich Brigitta Hansen leise ins Büro geschlichen hatte. Er bemerkte ihre Anwesenheit erst, als er das Gefühl hatte, er würde beobachtet. Ertappt nahm er die Füße vom Schreibtisch, hielt sich die Hand an den Mund. „Sebi, ich melde mich später bei dir, grüß Lea“, beeilte er sich zu sagen, legte sein Handy mit einer schnellen Bewegung beiseite.

      „Frau Oberstaatsanwältin Hansen, ich habe Sie gar nicht gehört“, sagte er nun zu ihr gewandt und stand auf. Wendt mimte, so gut er konnte, den Verlegenen, setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.

      „Was war das eben für ein Auftritt, Herr Wendt? Die Kollegen vom Staatsschutz schäumen vor Wut“, fragte Hansen. Ihr Tonfall blieb weit hinter der Schärfe der Worte zurück. Wendt erkannte sofort, dass sie nur der Bote war.

      „Ich wollte nur


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