Outback Todesriff. Manuela Martini

Outback Todesriff - Manuela Martini


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eine andere Quelle. Ted Stein, ein Londoner Ex-Polizist, den er vor acht Jahren bei einer Schulung in London kennen gelernt hatte. Inzwischen hatte er jedoch die Polizei verlassen und arbeitete als Privatdetektiv. Stein würde ihm gern einen Gefallen tun. Schließlich hatte Shane damals ihm zuliebe auf eine blonde Langbeinige verzichtet.

      Ted Stein war glücklich gewesen und die Affäre dauerte immerhin ein halbes Jahr. Shane sprach ihm auf die Mobilbox. Ans Ende der E-Mail über Frank Copeland war ein Foto angehängt. Shane druckte es aus.

      Es zeigte einen unauffälligen Mann, ca. ein Meter dreiundachtzig groß, schlank, durchschnittliches Gesicht, braunes, drahtiges Haar, das an den Schläfen ergraute. Selbst in den graublauen Augen konnte Shane nichts Besonders erkennen. Sie blickten in die Kamera und schienen doch nirgendwohin zu sehen. Allein der Mund drückte etwas Überlegenes aus.

      Shane leitete das Foto weiter an die Kollegen in St. George mit der Bitte, an der Tankstelle, an der mit Copelands Kreditkarte gezahlt worden war, nachzuforschen, ob sich jemand an ihn erinnerte.

      Eine Viertelstunde später rief der Kollege aus St. George zurück. Niemand an der Tankstelle erinnerte sich an Copeland. Allerdings musste Shane zugeben, dass er selbst sich auch nicht an ihn hätte erinnern können. Nervös trommelte er mit den Fingern auf die Tischplatte. Er hasste es, ohne Kollegen arbeiten zu müssen, niemanden zu haben, mit dem er sich austauschen konnte.

      Dann rief Dr. Eliza Lee an. „Hi, Detective.“ Ihr leicht spöttischer Unterton war nicht zu überhören.

      „Um gleich zur Sache zu kommen“, fuhr sie fort, „Al Marlowe rief mich an, und wollte, dass ich ihm Krankenakten und eventuell vorhandene Röntgenaufnahmen eines gewissen Frank Copeland besorge. Haben Sie schon Hinweise, dass er der Tote sein könnte?“

      „Nein, außer einem nicht mehr benutzten Mobiltelefon hab ich noch nichts. Ich hoffe, Sie bringen uns weiter.“ Eine kleine Pause entstand am anderen Ende der Leitung.

      „Rauchen Sie gerade?“, fragte er. Sie lachte kurz auf.

      „Kennen Sie etwa Gerichtsmediziner, die nicht rauchen?“

      „Ich dachte, Sie könnten die erste sein.“

      „Frank Copeland hatte vor drei Jahren eine Fraktur des linken Waden – und Schienbeins.“ Ihr Ton war umgeschlagen, sie klang jetzt äußerst sachlich. „Die Röntgenbilder aus London sind unterwegs. Allerdings fehlt der endgültige Beweis. Der Kopf mit dem Gebiss. Vielleicht haben Sie ja Glück und Ihr Mann war auch in Australien beim Zahnarzt. Also, schaffen Sie den Kopf herbei!“

      Shane holte Luft. Was bildete sie sich ein, so mit ihm zu reden? Schließlich war er nicht ihr Untergebener. „Sonst noch was?“, gab er zurück. Sie antwortete nicht sofort.

      „Nein, das war alles.“ Sie zögerte einen Moment. „Es sei denn“, ihre Stimme klang wieder weicher und dunkler, „es interessiert Sie, wie ich das so schnell herausgekriegt habe ...“ Jetzt ließ er sie warten, dann gab er zurück:

      „Das können Sie mir mal persönlich bei einem Drink erzählen.“ Du bist kleinlich Shane, dachte er noch und zwang sich, sich wieder auf den Fall zu konzentrieren.

      Wenn der Tote tatsächlich Frank Copeland war, der ein Buch über Betty Williams schreiben wollte, und Betty Williams bei einer Vergewaltigung ihrer Mutter durch den alten Morgan gezeugt worden war, dann wollte der Journalist wahrscheinlich genau das in seinem Buch erwähnen. Konnte das für die Familie Morgan so unangenehm sein, dass man den Journalisten deswegen ermordete?

      Im Pub zeigte er Kate Copelands Foto. „Ja, das könnte er sein“, sagte sie etwas zögernd. „Ich kann nicht glauben, dass das der Tote sein soll. Es ist so schrecklich, wenn man ihn kennt ...“

      In dem Moment kam Paddy herein. „Kate, ein Bier – oder zwei!“, rief er schon von der Tür.

      „Eins – ich nehm eine Cola“, erklärte Shane.

      „Sind Sie krank?“, fragte Paddy.

      „Auch was zu essen?“, wollte Kate wissen.

      „Für mich ein Steak. Hab ich schon seit zwei Tagen nicht mehr gehabt – werde noch zum Vegetarier. Und Sie, Shane, sollen hier bei uns bloß nicht abnehmen. Sonst heißt es noch, die im Outback schlachten nicht nur Leute ab, die lassen auch noch Cops verhungern!“ Gutgelaunt schlug Paddy auf den Tresen, dass das Bier vor ihm überschwappte.

      „Es ist dieser Journalist!“, rief Kate von hinten. „Dieser Frank Copeland!“

      „Worum geht’s?“, erkundigte sich Paddy. Seine Schweinsaugen glänzten. „Sagen Sie es ihm doch endlich!“, wandte sich Kate an Shane. Shane legte ihm das Foto auf den Tresen. Paddy nahm es und schob den Unterkiefer vor.

      „Ja, der war hier“, Paddy nickte, „Journalist. Jetzt sagen Sie bloß, der ist der Tote!“

      „Möglich“, erwiderte Shane.

      „Wir haben heute Kürbissuppe und auch Fisch!“, rief Kate aus der Küche.

      „Nee, nee, ist ja fast so schlimm wie Gemüse!“, gab Paddy zurück, „nein, ich nehm das Steak!“

      Kate nickte und sah erwartungsvoll zu Shane.

      „Ja, warum nicht mal die Kürbissuppe“, entschied er, worauf Kate zufrieden nickte und in der Küche verschwand. Paddy ließ sich mit seinem Bier schnaufend auf einen Stuhl fallen. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er immer noch das Foto.

      „So, der ist es also.“ Er legte das Foto auf den Tisch und griff zum Glas. „Native Title, das war das Blödeste, was die in Canberra haben tun können. Ich hab Tragödien erlebt, sag ich Ihnen, Familien, die seit Generationen eine große Farm hatten – und nicht nur das. Die haben was für das Land geleistet, haben Leute in die Regierung geschickt, setzten sich für die Bildung und das Land ein und dann nimmt man es ihnen weg. Sagt einfach: Danke, das war’s! Zweihundert Jahre lang habt ihr das ganz gut gemacht, aber eigentlich gehört das Land ja den Aborigines, deshalb müsst ihr jetzt gehen. Würden Sie das verstehen?“

      „Kürbissuppe!“ Kate stellte den Teller mit Schwung vor Shane hin. „Steak kommt gleich. Also, ich kann’s nicht fassen, dass dieser Tote hier noch als Lebendiger war.“

      „Was hat der Native Title mit Frank Copeland zu tun?“, wollte Shane wissen.“ Er probierte die Suppe und griff zum Salzstreuer.

      „Der hat mit den Aborigines rumgehangen, mit Bettys Bruder Moodroo, hat sich die alten Geschichten erzählen lassen und hat alles wieder aufgerührt“, sagte Paddy mürrisch.

      „Was denn?“

      „Ach, kommen Sie, Shane, stellen Sie sich doch nicht so dumm!“ Paddy wischte sich mit dem Taschentuch den Schweiß aus dem Nacken. „Das mit der Dreamtime und dem Geschwafel über die Vorfahren! Billy Henderson hat Ihnen doch schon erzählt, dass er Probleme hatte, das Land zu kaufen. Die haben gesagt, ihre Vorfahren hätten da geträumt und dass da Heiligtümer seien. Und dieser Frank Copeland hat alles wieder hochgeholt.“

      Kate brachte das Steak und Paddy machte sich darüber her als hätte er zehn ältere Geschwister gehabt und bestellte gleich noch ein Bier.

      „Also, man muss sich nicht wundern, wenn’s zu Mord und Totschlag kommt. Daran ist die verdammte Regierung schuld!“, behauptete Kate.

      „Das heißt also, jemand hat Copeland umgebracht, weil er sich für die Aborigines interessierte und damit den Plänen Billy Hendersons im Weg stand?“, fragte Shane und blickte provozierend in die Runde. Wie ihn das hier ankotzte. Paddy ließ Messer und Gabel sinken.

      „Um Himmels willen, nein! Das soll gar nichts heißen!“ Er lief vor Zorn rot an. Wild mit dem Messer gestikulierend sagte er:

      „Jetzt passiert nämlich genau das, was immer passiert, und was ich ums Verrecken nicht leiden kann: Ihr aus der Stadt stempelt uns im Busch gleich als Rassisten ab!“ Er säbelte ein Stück Fleisch ab, steckte es in den Mund und redete gleich weiter: „Copeland hatte ein Verhältnis mit Betty Williams. Im Abschiedsbrief


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