Mit schwarzen Flügeln. Daimon Legion

Mit schwarzen Flügeln - Daimon Legion


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noch etwas Hoffnung zu schenken, dass alles einmal besser werden könnte. Kleine Kinder glauben daran und stellen später fest, dass jeder Mensch im Grunde allein war. In diesem Moment starb die Unschuld.

      Was soll’s ... allein war er am besten dran.

      Zach entkronte sein Bier und nahm einen kräftigen Schluck, um gleich danach an seiner brennenden Zigarette zu ziehen.

      Ja, das Alleinsein und -bleiben hatte er gut gelernt, danke an seine Zieheltern. Wenigstens etwas Nützliches hatten sie ihm beigebracht.

      Er nahm noch einen Schluck. Betäubte sein Hirn, bevor es wieder zu viel nachdachte.

      „Royal Flush“, offenbarte Zach am Abend seine Karten in einer anderen Destille.

      Die Seemänner am Tisch machten große Augen und der letzte Matrose, der seinen Einsatz gehalten hatte, warf derb fluchend seine „Straße“ in die Luft.

      Die Karten segelten zu Boden wie draußen die Schneeflocken.

      „Das ist doch nicht möglich, verdammt! Nicht schon wieder! Wie viel Glück kannst du verlauster Hurensohn eigentlich haben, hä?“, brüllte der Schiffer durch den Raum, dass umstehende Gäste der Bar anfingen, sich für die Szene zu interessieren.

      Zach steckte die gewonnenen Scheine ein und zuckte lässig die Schultern. „Willst du behaupten, ich betrüge?“

      „Ja, das tu ich! Du Schweinehund hast mir entschieden zu oft ein gutes Blatt!“

      „Was bin ich für ein Glückspilz“, war er von der Aggression seines Gegenübers wenig beeindruckt.

      Schon schob der Seebär mit einem kräftigen Ruck den Pokertisch beiseite und wollte nach Zach greifen, ihn mit geballter Rechten treffen, aber der war flink aus der Reichweite des Hitzkopfs entkommen.

      Sein Messer ließ er stecken – bei so einer kleinen Kneipenfehde musste kein Blut fließen. Dennoch ging Zach zum Angriff über, packte das Handgelenk des Mannes, zog ihn zu sich und rammte seine Faust in dessen Magen.

      Der Matrose keuchte auf, beugte sich vorn über, da traf Zach ihn hart mit seinem Ellenbogen im Nacken. Das schickte ihn auf die Planken.

      „Noch jemand?“, fragte Zach in die Runde, jedoch muckte niemand auf. Die Schaulustigen drehten sich wieder ihrem Bier und Schnaps zu und die Seefahrer hoben ihren Kameraden vom Boden auf, um kleinlaut zu verschwinden. Auch der Wirt wetterte nicht über den Gewaltausbruch und wischte weiter ruhig seine Gläser blank.

      Zach stellte den Tisch wieder an seine ordnungsgemäße Stelle und hob die Karten auf. Keiner beobachtete ihn dabei oder machte eine scherzhafte, geschweige denn abfällige Bemerkung.

      Bald schon zeigte sich ihm ein einladender Busen und Carmen stand ihm gesellig zur Seite. Die schöne Blonde würde er heute Nacht mitnehmen.

      Wiederholungsschleife.

      Sein ganz normaler Alltag.

      5

      Noch zwei Nächte mussten geschlagen werden, bevor das Hafengesindel mit seinem Aberglauben und der Angst aufhörte und ruhiger in das neue Jahr einging. Noch zwei Nächte, in deren Schatten Dämonen lauerten.

      Beim Gedanken daran seufzte Zach sehnsüchtig. Schließlich wurde es langweilig, sich nur auf die naheliegenden Bars zu spezialisieren. Irgendwann war die Kundschaft halt aufgebraucht und die Stammgäste hatten keine Lust mehr, ihr Geld an ihn zu verlieren.

      Diese Nacht begann recht mager am Pokertisch, weswegen er schon beim Skat oder Black Jack miteinstieg, um etwas zu verdienen. Wie ein Fisch auf dem Trockenen wollte er nicht enden – der Schnaps zwinkerte ihm bereits aus dem Regal zu.

      Gerade hatte er wieder ein kleineres Spiel gewonnen und ein paar Münzen erbeutet, da meinte ein Bekannter, ihm das Geschäft vermiesen zu müssen.

      Ob beabsichtigt oder nicht, es war Linus, der Schnüffler. Dessen Arbeit lief wohl besser als seine, denn er war zu der frühen Stunde schon recht gut angetrunken. Mit einer offenen Flasche kam er zu ihm geschwankt und drückte ihn, als sei er sein allerbester Kumpel, wobei einige Tropfen Wein über die Tischplatte spritzten.

      Fein, aber es war überflüssig, dass er halb vernuschelt laut brüllte: „Ey, Zachy, al’er Falschspieler! Kollege, ich freu mich, dich su seh’n! Wen hasste denn heut’ übern Tisch gezog’n?“

      „Ich zieh dich gleich, Idiot!“, fluchte Zach ihn derb an und packte den Trunkenen am Kragen. „Versau mir gefälligst nicht meinen Ruf, Linus, ich spiele fair!“

      „Oi joi“, lallte der Mann, „hast ’n schlechten Tag? Ich wollt ein’ mit dir trinken!“

      Unter anderen Umständen wäre Zach darauf eingegangen, jedoch war seine Stimmung zu mies, um mit dem Kerl abzuhängen.

      „Dann merk’s dir für ’nen anderen Tag, ich hab was gegen Schwätzer!“, blaffte er und stand auf. Wegen dem Spürhund musste er jetzt notgedrungen den Standort wechseln. Mit einem „Falschspieler“ würde sich hier und heute niemand mehr anlegen. Es blieb zu hoffen, dass morgen nach viel Alkohol keiner mehr davon wusste.

      Linus fiel wie ein nasser Sack auf seinen Sitz und schmollte. „Bist ’n Arsch, Zachy. Ma will man su dir nett sein, weil du immer so traurig guckst und dann so was. Schieß in ’n Wind!“

      Zach knirschte mit den Zähnen. Der Typ konnte froh sein, dass er dicht war, sonst hätte er ihm eine gelangt. Außerdem brauchte er nicht noch mehr Leute, die ihn hassten.

      Ohne Kommentar verließ Zach die Spelunke.

      Die Kälte fuhr ihm draußen in die Knochen und er hechtete rasch die Gassen entlang, stets ein Auge auf die Seitenwege gerichtet. Immer auf der Hut vor Gefahren.

      Er ging vorbei an der Tür der „Goldbrasse“, ein Art Sushi-Restaurant im Hafen, das der Meido-Gang gehörte. Eigentlich zählte es nicht zu seinem Netzwerk, aber er wusste, dass die Asiaten dort drin gern mit Mah Jongg hoch spielten.

      Hier lockte guter Gewinn.

      ... Trotzdem, besser nicht mit den falschen Leuten anlegen, riet ihm sein Bauchgefühl und er ging weiter.

      Etwas raschelte.

      Zach fuhr herum.

      Nichts zu sehen, außer der Schnee und die Nacht.

      „Ratten“, murmelte er zu sich selbst. Die Dunkelheit versteckte nichts. Nur Ratten.

      Eilig setzte er den Weg fort.

       Bleib nicht zu lange im Freien.

      Die neue Destille prahlte mit einer üppigen Dekoration aus blanken Fischgebeinen und irgendein Scherzbold hielt es für klug, Harpunen in die Wände zu feuern, wo sie als Kleiderhaken Verwendung fanden.

      Die Blicke der Belegschaft richteten sich sofort auf Zach, kaum, dass er durch die Tür trat. Man musterte ihn von Kopf bis Fuß und wer ihn nicht unbekannterweise für einen Grünschnabel hielt, wusste, wer er war. Etwas Groll wurde im Stillen wohl gehegt, doch er war ja nicht hilflos.

      Zach hielt es für besser, sein Messer griffbereit zu haben.

      Er schaute zu den Spieltischen und suchte einen Platz zum Einsteigen, da rief ihn wieder jemand beim Namen: „Zachy!“

      Wie ich den Winter hasse, dachte Zach und rollte die Augen. Nirgends ein Ort, wo er keine Bekannten traf. Wenn sie doch nur diese Verniedlichung lassen könnten.

      „Lange nicht gesehen, Zachy, mein Hübscher“, klang die Stimme fröhlich turtelnd und sie gehörte einer schwarz gelockten, drallen Dirne. Üppig in ein Kleid aus blauem Satin und Spitze gepackt, glänzen an ihren Fingern goldene Ringe und die lackierten Fingernägel wirkten wie exorbitante Krallen. Ihr rundes Gesicht war dick mit Schminke belegt, die ihr Alter kaschieren sollte.

      Sweet Molly war vielleicht nicht mehr ganz frisch, aber ein jeder schätzte ihre Qualitäten


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