Höllentrip. Manuela Martini

Höllentrip - Manuela Martini


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„Wir haben lediglich ganz am Rand des Spielfeldes ein paar Abdrücke im weichen Sand gefunden, dann erst wieder den hier. Die Teams haben schließlich schon gespielt. Schuhabdrücke haben wir nur von der Fotografin. Man muss bedenken, falls noch mehr Spuren da waren, hat sie der Hund mit seinem Gebuddel zerstört.“

      Shane sah die aufgeworfene Erde um die Grube herum.

      „Das war in der Tasche ihres Rocks.“ Der Kollege hielt Shane einen Plastikbeutel hin, in dem sich ein bedruckter Zettel befand. „Papier von `nem Zucker.“

      „Hotel Chinchilla“, las Tamara mit zusammengekniffenen Augen.

      „Liegt am Ortseingang, direkt am Ballone Highway“, sagte Kennedy, da sind Sie vorbeigefahren.“

      Eliza Lee strich sich eine Strähne ihres zurückgebundenen schwarzen Haares aus der Stirn. Shane betrachtete ihre olivfarbene Haut, ihre asiatischen Gesichtszüge, die Farbe ihrer Lippen - und verdrängte die Erinnerung an das letzte Zusammentreffen. Ein verpatzter Abend, an dem sie sich gestritten hatten. Sie war schlecht gelaunt gewesen, hatte sich über etwas geärgert und es an ihm ausgelassen. Kurze Zeit später hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie jemanden kennengelernt hatte. Shane war gekränkt.

      In die sekundendauernde Stille brach der Schrei eines Kookaburras.

      „Wovon stammt dieses Loch in ihrem Kopf?“ zwang er sich zu fragen. Eliza blieb vor ihm stehen, schüttelte den Kopf.

      „Kann’ ich dir erst sagen, wenn ich sie auf meinem Tisch habe.“ Er konnte es nicht vermeiden, ihr nachzusehen, wie sie sich mit langen Schritten zwischen den Bäumen hindurch entfernte, ohne sich noch einmal umzudrehen.

      „Shane?“ Tamaras Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, „was ist jetzt?“ Seine kleine Flucht war ihr nicht entgangen. Auch dieser kräftige Detective starrte ihn an. Alle schienen ihn anzustarren, verlangten nach Initiative, Befehlen, nach jemandem voller Zuversicht und dem unerschütterlichen Glauben, diesen Fall aufzuklären.

      „Weiträumige Untersuchung des Ablageplatzes der Leiche“, ordnete Shane an, „vielleicht haben wir Glück und es finden sich noch ein paar brauchbare Spuren. Schuhe der Toten, oder irgendetwas, das der Täter verloren haben könnte.“

      Detective Herb Kennedy deutete über Shanes Schulter zum Polocrosseplatz.

      „Jane Denham, die Fotografin, die die Tote gefunden hat, wartet übrigens da drüben.“

      Hinter den Bäumen, am Rande des Spielfeldes, konnte Shane einen Wagen mit offener Tür erkennen. Er marschierte los. Wie erdrückend heiß es hier im Busch war.

      Kapitel 2

      Vor der Tür eines weißen Ford Kombis hockte eine Gestalt auf dem Boden und rauchte eine Zigarette. Zu Ihren Füßen lag ein großer, zotteliger Hund, der nur müde mit dem Schwanz klopfte, als er Shane kommen sah. Jane hob den Kopf. Ihr Gesicht unter dem Akubra war bleich. Sie musste Mitte Vierzig sein, doch die Sonne des Buschs hatte ihre Haut um einige Jahre schneller altern lassen. Die Ärmeln ihres verwaschenen Jeanshemdes hatte sie über die Ellbogen aufgekrempelt. Ihre Unterarme sprenkelten unzählige Sommersprossen.

      „Wie soll ich jetzt meine Fotos schießen?“, sagte sie als er vor ihr stand. „Die haben das Turnier abgeblasen.“ Ihre sommersprossige Hand mit der Zigarette zitterte. Sie stieß ein kurzes, heiseres Lachen aus. „Nicht zu fassen, was?“

      Er wusste nicht, ob sie die Leiche meinte oder die Tatsache, dass das Turnier abgesagt wurde.

      „Ich hab’ zuerst gedacht, Harvey hat ein Känguru oder so was gefunden, weil er sich so aufgeführt hat. Dann, als ich näher kam, sah es aus wie ein verwitterter weißer Ast“, sie saugte an der Zigarette, sah ihn noch immer nicht an, „dann hab’ ich mich gebückt und hab’ die Finger gesehen.“

      In dem Moment sprang sie auf und stürzte hinter den Kofferraum. Harvey, der Hund, blickte Shane mit trüben Augen an. Shane hörte, wie sie sich übergab. Er wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Von hier aus konnte er über das weite, aufgewühlte Spielfeld sehen, an dessen Rändern in der glühenden Hitze Autos und Pferdeanhänger zwischen Klappstühlen parkten. Polocrosse-Spieler und Zuschauer, sicher fast hundert Menschen, hatten sich in den Schatten der Bäume und unter das Dach eines Wellblechverschlag auf der anderen Seite des Spielfeldes zurückgezogen. Von weitem sah er ihre Tricots, Helme und Hüte. Mit Polocrosse, einer Kombination aus Polo und Lacrosse, bei dem zwei Mannschaften auf Pferden mit einem Schläger, der am Ende einen Korb aus Netz hatte, einem Ball hinterher jagten und ihn ins gegnerische Tor zu werfen versuchten, hatte er sich noch nie näher beschäftigt. Er verstand weder etwas von Pferden noch von Lacrosse oder Polo. Doch wenn er einmal Gelegenheit zum Zuschauen gehabt hatte, dann musste er feststellen, dass ihn die Wendigkeit und Kraft der Pferde und die Schnelligkeit und Geschicklichkeit der Reiter sehr beeindruckte.

      Zitternd und noch blasser kam die Fotografin hinter dem Wagen zurück. Sie trug zerschlissene braune Jeans und staubige, abgewetzte Boots und war kleiner als er sie im Sitzen eingeschätzt hatte.

      „Sorry, aber ich hab’ so was noch nie gesehen.“ Sie atmete tief und blickte ihn endlich an. Ihm fiel die Leuchtkraft ihrer silbergrauen Augen auf.

      „So endet es also“, meinte sie.

      „Was?“

      „Wie spät ist es?“, fragte sie plötzlich aufgeregt und suchte vergeblich an ihren nackten Armen eine Armbanduhr. „Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?“

      „Gleich fünf. Haben Sie eine Ahnung, wer die Tote sein könnte?“

      Seine Frage ließ sie in ihrer hektischen Suche innehalten.

      „Mit diesem Gesicht?“ Hastig schüttelte sie den Kopf, starrte ihn an.

      Er dachte an das von Maden zerfressene Fleisch, die leeren Augenhöhlen. Selbst wenn die Tote eine Bekannte von Jane gewesen wäre, hätte sie sie in diesem Zustand nicht unbedingt identifizieren können.

      „Kennen Sie die Leute da drüben?“ Er zeigte auf die Menschenmenge am anderen Ende des Spielfeldes. Anstatt zu antworten zündete sie sich eine neue Zigarette an. Langsam ließ sie den Rauch aus ihrer Nase quellen. Dann sagte sie:

      „Das ist hier wie eine Familie. Jeder kennt jeden von irgendwoher oder über irgendwen. Ein aufwendiger Sport. Kostet viel Geld und Zeit.“

      „Warum wird ausgerechnet hier eine Leiche vergraben?“, fragte Shane. Sie stieß den Rauch aus.

      „Mein Gott, Detective, woher soll ich das wissen?“

      Er antwortete nicht und sie musterte ihn und sagte schließlich:

      „Fangen Sie am besten bei Barry Denham an.“

      Auf seinen fragenden Blick hin fügte sie hinzu:

      „Meinem Exmann.“ Sie warf die Zigarette in den Sand, trat mit ihrem Schuh die Glut tiefer als notwendig in die Erde. „Er hat nicht den besten Ruf“, sie sah ihn wieder an.

      „Würden Sie ihm einen Mord zutrauen?“, fragte er und blies eine lästige Fliege von seiner Lippe.

      „Detective!“, sagte sie unfreundlich. „Ich habe Ihnen nur gesagt, bei wem Sie anfangen können zu fragen. Mehr nicht.“ Sie zog die Oberlippe ein und ihre Augen flammten zornig auf. Er unterdrückte eine Bemerkung und fragte in sachlichem Ton:

      „Kennen Sie das Hotel Chinchilla?“

      Sie zog eine neue Zigarette aus der Packung.

      „Ist eine ganz normale Kneipe“, sie wirkte abwesend, „so wie sie sie überall gibt.“

      Er überließ es Tamara, die Personalien von Jane Denham aufzunehmen, setzte die Sonnenbrille wieder auf und sah hinüber auf die andere Seite des Spielfeldes, wo die Menschen sich in Gruppen zusammengedrängt hatten.

      Schweiß lief ihm in die Augen als er endlich am Wellblech-Kiosk angelangt war. Er hatte die Ausdehnung


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