Sinja und der siebenfache Sonnenkreis. Andreas Milanowski

Sinja und der siebenfache Sonnenkreis - Andreas Milanowski


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ist natürlich alles in Ordnung und die Bürger lieben ihr Land und ihre Regierung. Aber im Untergrund ist es kräftig am Brodeln und leider bringen viele Bürger diesen Missstand mit Königin Myriana in Verbindung. Zurzeit erfreut sie sich bei ihren Untertanen nicht der allergrößten Beliebtheit. Möglicherweise spielt das bei der Entführung auch eine Rolle.“

      „Woher weißt du das alles?“, fragte Sinja.

      „Nun ja! Die Königin hat uns bei einem unserer früheren Besuche mal ihr Leid geklagt. Sie ist auch nicht glücklich über dieses Informationsmonstrum, wie sie es nannte.“

      „Da sitzt sie ja hübsch zwischen allen Stühlen“, kommentierte Sinja trocken „und ihr glaubt ihr das so ohne Weiteres? Die Königin – nur ein Opfer?“

      „Was willst du damit sagen?“, fauchte Emelda, „willst du Königin Myrianas Redlichkeit in Zweifel ziehen?“

      „Ich will gar nichts in Zweifel ziehen“, erwiderte Sinja, „ich kann mir nur, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass die Königin in Fasolanda nur eine Marionette ihrer Regierung sein soll. Das sind doch schließlich alles Minister, die sie selbst ernannt hat. Also kann sie sie auch entlassen, wenn sie keine gute Arbeit machen, oder?“

      „Nein, so geht das leider nicht“, sagte Gamanziel, „viele der Minister waren schon unter ihrer Mutter Merigone im Amt. Das Regieren in Fasolanda und in Dorémisien ist kein einfaches Geschäft. Man muss ziemlich viele Interessen berücksichtigen und darauf achten, dass alle einigermaßen zufrieden sind, sonst kann man sich eine Menge Ärger einhandeln. Frag´ mal Trochäus, den Blinden oder Daktylus. König oder Königin in Dorémisien zu sein ist mitunter lebensgefährlich.“

      „Wenn man dir so zuhört, Gamanziel, könnte man meinen, du wärst selbst von diesem Informationsmonstrum, bei dem, was du alles über den Laden weißt.“

      „Heh, Vorsicht! Keine falschen Unterstellungen! Ich bin eine von den Guten und hab´ einfach nur zugehört, wenn mir was erzählt wurde.“

      „Ist ja recht!“, sagte Sinja und knuffte Gamanziel in die Seite. Emelda wurde unruhig.

      „So langsam müssen wir ins Schloss zurück“, drängte sie. „Die Anderen warten auf uns. Außerdem bin ich gespannt auf Sinjas Bericht.“

      38 Das verflixte kleine b und Mozarts Tagebuch

      Gustav hatte Sinja und den sechs Elfen ihre Quartiere zugewiesen. Sie hatten Schlafräume im Haupttrakt des Schlosses bezogen. Das waren einfache, fensterlose Kammern, ein wenig stickig, aber das interessierte niemanden, da dort normalerweise nur Dienstboten und Mägde übernachteten. Jeder der Sieben hatte jedoch immerhin eine Matratze zum Schlafen und einen kleinen Holzschrank, sowie eine Kommode, um mitgebrachte Habseligkeiten, Rucksäcke und Klamotten zu verstauen. Auf jeder der Kommoden stand eine Kerze in einem Leuchter. Sinja stellte die Geige, dass flammende Herz, in ihren Schrank, warf einige herumliegende Tücher über den Geigenkasten, um ihn vor neugierigen Blicken zu verbergen und verschloss die Schranktüre. Den Schlüssel dazu legte sie in die Schublade ihrer Kommode. Der Wohnbereich des Schlosses war von den Büro- und Arbeitsräumen des Regierungstraktes durch einen langen Korridor und eine große Flügeltür getrennt. Dort durften sie sich frei bewegen. Der Rest des Schlosses war tabu, da Mister Menroy Wert darauf legte, dass die Abläufe der Regierungsgeschäfte nicht gestört wurden. Ging man von den Kammern aus nach links, kam man in einen Flur, an dessen Ende sich auf der rechten Seite ein Salon befand, eine Art Konferenzraum. Diesen hatten sie sich für ihr Treffen ausgesucht. Im Zentrum des Raumes stand ein schwerer Holztisch, der mit vielen Schnitzereien versehen war. Um den Tisch herum konnte man Platz nehmen auf, ebenfalls üppig verzierten, dick gepolsterten Holzstühlen. Feine Blumenmotive und Goldborten waren zu sehen. Die Wände waren mit gemusterten Stofftapeten geschmückt. Der Salon hatte keine Außenwände, also auch keine Fenster und wurde von vierarmigen Kerzenleuchtern mit Licht versorgt. An jeder Wand des Raumes hingen zwei davon. Die Sieben nahmen Platz.

      „Sinja, was hast du in der Bibliothek in Erfahrung gebracht?“, fiel Emelda direkt mit der Tür ins Haus. Sie war neugierig und gespannt wie der Bogen, den sie normalerweise über der Schulter trug. Sie verschränkte ihre Arme und schaute Sinja erwartungsvoll an. Die ließ sich nicht zweimal bitten.

      „Das `b´, Leute! Dieses verflixte, kleine `b´, das die Königin auf den Spiegel gekritzelt hat, das hat mich wirklich zur Verzweiflung gebracht. Ich wusste erst überhaupt nichts damit anzufangen, aber am besten erzähle ich euch die Geschichte von Anfang an!“

      „Oh ja!“, warf Ferendiano ein und lächelte verschmitzt, „wenn du möchtest, dass wir dir bei deinen Ausführungen folgen, wäre `von Anfang an´ ein wirklich guter Anfang!“

      „Danach will ich aber auch eure Geschichte hören!“

      „Eins nach dem Anderen!“, sagte Gamanziel, „jetzt bist erstmal du dran!“ Sechs Augenpaare hingen gebannt an Sinjas Lippen.

      „Gut“, sagte die und räusperte sich. Sie war sich keineswegs sicher, ob sie ihre Elfenfreunde von ihrer Idee würde überzeugen können.

      „Also“, begann sie umständlich von Neuem, „ich bin in die Bibliothek gegangen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich dort eventuell etwas finden könnte, was uns eine Erklärung liefert, was Königin Myriana vielleicht…..“

      „Komm´ zur Sache, Sinja. Das wissen wir doch alles.“, drängelte Emelda.

      „Also gut“, fuhr Sinja fort. „Ich mach´s kurz. Wir haben diese seltsame Buchstabenkombination auf Königin Myrianas Spiegel vorgefunden. Mich hat dieser Code an die Signaturen erinnert, die Bibliotheken verwenden, um ihre Bücher zu sortieren. Deswegen bin ich in die Bibliothek gegangen. Ich glaube, dass ich dort etwas gefunden habe.“

      „und das wäre….?“, fragte Doriando ungeduldig.

      „Kommt gleich“, sagte Sinja, „das war die Vorgeschichte. Königin Myriana ist eine Musikerin. Deswegen bin ich direkt in die Musikbibliothek gegangen, um die Sache abzukürzen. Ich habe dort unter dem Buchstaben `M´ nachgesehen und bin an Mozart hängengeblieben.“

      „Mozart? Warum Mozart?“

      „Mozart? Weil….“, erklärte Sinja zögernd, „weil es einfach passt. Ich hab´ auch eine Weile gebraucht, bis ich es verstanden hatte. Aber das ist es, was ihr Code bedeutet: M wie Mozart. W wie Wolfgang und mit dem A hatte ich Schwierigkeiten, weil es in der Signatur der Bibliothek nicht auftaucht. Das MWA könnte aber ein Kürzel sein für Mozart, Wolfgang Amadeus.“

      „Also wirklich überzeugend klingt das für mich jetzt noch nicht“, sagte Ferendiano, „es könnte genauso gut `Mobile Wanzen Armee´ heißen oder `Mal Wieder Alleine´ und das ZF heißt `Zimmer Frei´. Dann wäre der Code eine Wohnungsanzeige. Königin Myriana war einsam und suchte einen Mitbewohner. Warum ausgerechnet Mozart?“

      „Witzbold, du wirst ja wohl zugeben, dass meine Erklärung etwas wahrscheinlicher ist, aber hör´ dir den Rest an, bevor du urteilst“, sagte Sinja, „dann wirst du hoffentlich erkennen, dass das, was ich sage, sinnvoll ist. Wenn es nämlich bei dem MWA, wie ich annehme, wirklich um Mozart geht, dann dürfte das ZF höchstwahrscheinlich ein Hinweis auf die Zauberflöte sein.“

      „Zauberflöte?“, fragte Gamanziel, „du meinst die Oper mit Papageno und der Königin der Nacht?“

      „Genau die“, antwortete Sinja.

      „Das wird ja immer abenteuerlicher!“, sagte Emelda. „Was soll denn diese Oper mit dem Entführungsfall zu tun haben?“

      „Also“, warf Amandra ein, „für mich klingt das bis jetzt ganz vernünftig. Das ist zumindest eine mögliche Erklärung für das, was unsere Königin auf dem Spiegel hinterlassen hat.“

      „Hinterlassen?“, fragte Ferendiano, „das klingt, als wäre sie tot.“

      Cichianon blickte genervt an die Decke.

      „Das ist sie hoffentlich nicht! Darf Sinja dann mal weitererzählen?“, fragte


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