Wolken, Land und Wasser. Michael Schenk

Wolken, Land und Wasser - Michael Schenk


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Es heißt, es hätte an der Seite einer unserer schwimmenden Städte gekämpft.“

      „Ich bezweifle, dass dieses Schiff zu jenem Reich gehört.“ Der Stadtmeister spielte mit den Enden seiner Bartzöpfe. „Wir sind viel zu weit von jenem Ort entfernt, an dem jenes Menschenreich leben soll.“

      „Vielleicht ist es ein Erkundungsschiff auf weiter Fahrt.“

      „Oder eine anderes Menschenvolk, welches sich ebenfalls den Dampf zum Freund gemacht hat.“

      „Wir werden es wohl bald in Erfahrung bringen. Dort kann ich eine große Bucht erkennen und in dieser Bucht liegt eine Stadt.“

      Barbrot Himmelsherr klatschte auffordernd in die Hände. „Wir bleiben auf Höhe und ankern in ihrer Nähe. Geben wir Nachricht an Wolkenbezwinger. Wir wollen in Kontakt mit den Bewohnern des fremden Landes treten. Für einen friedlichen Handel und das Wohl der Wolkenstadt.“

      „Für das Wohl der Wolkenstadt“, bekräftigten die anderen unisono.

      3. Die Sichtung

       Die Landmark, an der süd-westlichen Landspitze

      Der Mann ritt ein Stück vor der kleinen Kolonne, die ihm folgte. Nun zügelte er sein Pferd und wandte sich den anderen zu. „Hochlord, dies scheint mir eine gute Stelle zu sein.“

      Ein zweiter Reiter löste sich von der Gruppe und trabte an seine Seite. Nebeneinander saßen sie auf ihren kräftigen braunen Pferden und blickten sich um. Sie befanden sich auf einer Steilküste und gute hundert Längen unter ihnen lagen das schmale Ufer und das Meer. So weit das Auge reichte, ragte die Küste wie eine unüberwindliche Mauer empor.

      Der als Hochlord bezeichnete Mann nickte schließlich. „Ich stimme Euch zu, Lord Antarim. Es ist eine gute Stelle. Befehlt den Halt. Die Kartenzeichner sollen den Küstenstreifen vermessen und seinen Verlauf säuberlich in die Karte eintragen.“

      Knappe Befehle waren zu hören, als die Gruppe anhielt. Die Reiter saßen ab und versorgten die Pferde. Die beiden Wagenführer kümmerten sich um ihre Gespanne, während vier nicht uniformierte Männer von den Fahrzeugen stiegen und mit ihrem Handwerkszeug zum Rand der Küste gingen. Hölzerne Stäbe wurden in die Erde gesteckt, fein gearbeitete Instrumente benutzt, um die Maße des umgebenden Landes zu nehmen.

      Der Hochlord deutete um sich. „Dieser Bereich der Küste scheint mir sicher. Sie ist steil, hoch, besteht aus Fels und ist nahezu unüberwindlich. Keine Stelle, die ein Feind wählen würde, um in unser Land einzufallen. Dafür sind andere Abschnitte der Küste weit besser geeignet, denn sie sind flach.“

      Antarim nahm ein paar Schlucke aus seiner Feldflasche. „Es ist kein leichtes Unterfangen, die Grenzen unserer Landmark zu schützen. Sie sind einfach zu lang und wir sind zu wenige.“

      „Dennoch muss und wird es uns gelingen“, erwiderte der Hochlord. „Wir dürfen unsere Macht nicht ausschließlich am großen Wall der Nordgrenze konzentrieren. Das macht uns verwundbar, wenn ein Feind von See auftaucht.“

      Sie waren nun seit fast sieben Wochen unterwegs und folgten dem Verlauf der süd-westlichen Küste. Jetzt näherten sie sich der Bucht von Llaranea und der dortigen Hafenstadt, dem vorläufigen Ziel der Reise.

      Die Reiter waren einheitlich gekleidet. Himmelblaue Hosen, dunkelblaue Waffenröcke und knöchellange grüne Umhänge, die vorne mit einer hufeisenförmigen Spange geschlossen waren. Die goldene Spange endete in den stilisierten Köpfen zweier Pferde, die einander abgewandt waren. Dieses Symbol wiederholte sich auf den silbrig schimmernden Brustharnischen. Arme und Beine wurden durch metallene Schienen geschützt. Der Schimmer der Rüstungsteile rührte daher, dass sie mit kleinen Plättchen aus dünnem Klarstein beklebt waren. An den metallenen Helmen mit dem langen Nackenschutz waren die gelb eingefärbten Schweife von Pferden befestigt. Ein durchsichtiges Visier aus Klarstein schützte die Gesichtspartie, war derzeit jedoch nach oben geklappt. Lange schwarze Reitstiefel und cremefarbene Stulpenhandschuhe vervollständigten die Uniformen.

      Zwei der Reiter hielten lange Lanzen, an denen fein bestickte, grüne Tücher auswehten. Eines war rechteckig und knapp eine Quadratlänge groß. Es war das Banner des Hochlords und zeigte ebenfalls das hufeisenförmige Symbol des Pferdevolkes. Das andere war dreieckig, an der Lanze eine halbe Länge hoch und zwei Längen lang. Es war gelb gesäumt. Weißer Turm und weißes Zahnrad waren das Zeichen der Stadt Newam.

      Die Sorge der Männer war nur zu begründet. Das Land war riesig. Es war reich an Tieren, weite Ebenen und ausgedehnte Wälder lösten einander ab. Es gab Berge und Hügel, große Flüsse, eine Vielzahl an Bachläufen sowie einen fruchtbaren Boden. Ein ideal erscheinendes Gebiet, um eine Gemeinschaft wachsen zu lassen, doch das Land war nur sehr dünn besiedelt. Das konnte kaum verwundern, denn die ersten Angehörigen des Pferdevolkes hatten ihren Fuß erst vor rund zweihundertfünfzig Jahren auf seinen Boden gesetzt.

      Man war in der Bucht von Llaranea gelandet und hatte dort die erste Siedlung gegründet. Im Verlauf der Jahre hatte man das Land erkundet und festgestellt, dass es im Grunde eine Halbinsel war. Eine schmale Landbrücke verband sie im Norden mit dem Hauptkontinent. Eine schmale Landbrücke, die von gewaltigen Bergen gesäumt und nur an einer einzigen Stelle passierbar war. Eine natürliche Engstelle, die rund zwanzig Tausendlängen maß. Zwanzig Tausendlängen, die über Leben und Tod entscheiden konnten, denn der Kontinent im Norden wurde von barbarischen Horden bevölkert.

      Die menschenähnlichen Barbaren nannten sich Walven. Schon bei der ersten Begegnung war Blut geflossen. Jahre später war es sogar zu einer großen Schlacht gekommen. Nun schützte ein gemauerter Wall die nördliche Grenze, damit die Barbaren nicht in die Landmark einfallen konnten.

      Die Begegnung mit den Walven erforderte ein Umdenken in der Besiedlung des Landes. Nun galt es, strategische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die Walven im Norden mochten der einzige Feind sein, der die Mark vom Land aus bedrohte, doch die Küsten und das Handelszentrum Llaranea, tief im Süden, mussten ebenfalls geschützt werden.

      Ursprünglich hatte sich die Besiedlung allmählich von Llaranea ausgehend entwickeln sollen. Um den Norden zu schützen, sah man sichgezwungen, die Siedlungen weit über das Land zu verteilen. Die Entfernungen zwischen Weilern und Städten waren entsprechend groß.

      Ungefähr in der Mitte der Halbinsel war die neue Hauptstadt Newam am Zulauf zweier Flüsse entstanden. Unmittelbar hinter dem Wall der nördlichen Grenze war der große Wall-Weiler gegründet worden. Dieser diente der Versorgung der Fußtruppen, die an der Nordgrenze wachten. In einer Reihe weiterer und kleinerer Weiler siedelten Bauern und Viehzüchter, trieben untereinander und mit den Städten Handel.

      Der Hochlord Nedeam, Herr der Landmark, war mit seinen Begleitern unterwegs, um sich einen persönlichen Eindruck von den aktuellen Gegebenheiten zu verschaffen. Es mussten weitreichende Entscheidungen gefällt werden, die über die Zukunft der Mark und ihrer Bewohner entschieden.

      Nedeam war ein hochgewachsener und schlanker Mann. Das tiefschwarze Haar und den Vollbart trug er gleichermaßen kurz. Graublaue Augen blickten aus einem fein modellierten Gesicht, dessen ebenmäßige Züge jungenhaft wirkten. Nedeam schien noch nicht einmal die Mitte seines Lebens erreicht zu haben, doch dieser Eindruck täuschte. Als junger Schwertmann hatte er einst gegen einen mächtigen Zauberer gekämpft und diesen besiegt. Im Todeskampf hatte das unheimliche Wesen einen Teil seiner Kräfte unabsichtlich auf Nedeam übertragen. Dieser hätte nicht mit Bestimmtheit zu sagen vermocht, ob diese neuen Gaben Fluch oder Segen für ihn waren. Da war die Langlebigkeit, die ihn seit der Begegnung mit dem Zauberer äußerlich nicht mehr altern ließ. Seine Wunden verheilten weitaus besser und schneller, als bei jedem anderen Menschen und er besaß die Gabe der Aura. Die Aura befähigte ihn, ein anderes Lebewesen anzusehen und dessen Gefühlsstimmung in Form eines farbigen Lichtscheins zu sehen, welche die Gestalt umgab. Dies war sicherlich eine nützliche Fähigkeit, um Freund oder Feind erkennen zu können, doch leider konnte Nedeam sie nicht kontrollieren. Es war dem Zufall überlassen, ob er sie nutzen konnte.

      Vor allem die Langlebigkeit empfand Nedeam als Fluch, denn er war nun


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