Das Friedrich-Lied - 2. Buch. Henning Isenberg

Das Friedrich-Lied - 2. Buch - Henning Isenberg


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die Vertretung des Kaisers Sache betreiben.”

      ˜

      Tatsächlich war eine eindrucksvolle Schar von Gesandten, geistlichen Würdentägern, Fürsten und sonstigen weltlichen und geistlichen Teilnehmern auf dem Konzil vertreten. Der englische König hatte die englischen Kardinäle Johann von Columna und Stephan Longchamps gesandt, um in seinem und Ottos Sinne zu verhandeln. Über tausendzweihundert Menschen wimmelten durcheinander und suchten in der riesigen Basilika von San Giovanni in Laterano einen guten Platz zu finden. Nach ein bis zwei Stunden hatte sich das Getümmel gelegt. Die romanische Kirche machte trotzt ihrer Größe den Eindruck eines eher zu kleinen Gotteshauses, zumal die Deckengewölbe nicht die Höhe der Kathedralen hatte, die nun überall in Europa nach dem Vorbild von Cluny entstanden.

      Nach einer weiteren halben Stunde trat endlich Innozenz III., der Mächtigste unter den je gewesenen Päpsten, ein. Er war in ein purpurfarbenes Ornat gekleidet. Mittlerweile machten sich die Spuren des Alters, soweit Tankred dies von seinem Platz aus beurteilen konnte, bemerkbar.

      Der Papst hob die Hand, als der Lärm sich legte und auch die letzten Stimmen wurden still.

      „

      Ich grüße alle Menschen, die den Weg nach Rom gefunden haben und dieses grundlegende Konzil beehren. Ein Konzil so grundlegend wie ein Passahmahl! Denn die Kirche befindet in einem Übergang. In einem Übergang von den Lastern zur Tugend. Ohne Fehl soll nun ihr Tempel erneuert werden.“

      Innozenz’ geübte Stimme drang weit bis in die fernen Winkel des Kirchenschiffs. Unter den Deutschen keimte Hoffnung auf die Anhörung ihrer Anliegen auf.

      „

      Die Gemeinde soll gereinigt werden, indem die schwarzen Schafe, die Ketzer, aus der Herde der weißen Lämmer herausgetrieben werden.“

      Die welfischen Abgesandten horchten erneut auf. Meinte der Papst hiermit ihren Kaiser? Sie warteten gespannt auf weitere Hinweise zur Frage des Doppelkönigtums, der Frage, weswegen eine große deutsche Schar angereist war.

      Doch der Papst hielt sich an die genannten Punkte und erwähnte die Frage der Fragen mit keinem Wort. Wie wollte er das durchhalten?!

      Auch die Vertreter der Stadt Rom wurden ungeduldig. Erst zaghaft, dann vehementer, forderten sie Innozenz mit Fragen zur Klärung des Kaisertums heraus. Über Stunden trieb es die römische Abordnung so weit, dass Innozenz, Patriarch der Stadt Rom, sichtlich gereizt rief: „Ich forderte die Bürger Roms zum Schweigen auf, denn Ihr verstoßt gegen die Bannordnung.“

      Doch die Bürger ließen sich nicht einschüchtern. Sie kannten ihre Rechte und wendeten sich an das gesamte Konzil, das den Papst, im Chorgestühl, wie einen weichen, roten Mantel umspielte. Zwei Vertreter des Rates traten vor die Kardinäle. Zwei Forderungen brachten sie vor: „Erstens fordern wie die Absetzung des schismatischen Papstes und zweitens die Aufhebung der Exkommunikation des Welfenkaisers Otto IV.“

      Innozenz thronte regungslos in seinem Stuhl. Doch war er in seiner Eitelkeit gekränkt, denn sah man ihm ins Aug, so erblickte man den Hass, den er den dreisten Römern entgegensprühte.

      Die Menge stöhnte auf, ob dieser unerhörten und riskanten Forderungen.

      „

      Ein gewagter Schachzug von den Römern”, raunte Scauffius, „die Appellation des Kardinalskollegiums ist für den Papst wie ein Schlag ins Gesicht. Damit wird er selbst in Frage gestellt.“

      Tankret war entsetzt, ob der Tollkühnheit der Bürger.

      „

      Ja, da schmieden Rom und die Lombardei eine scharfe Waffe.“

      „

      Hoffentlich zerbricht sie nicht”, setzte Heinrich hinzu.

      Der englische Kardinal Johann von Columna erhob sich, um die Römer zu beschwichtigen.

      „

      Ohne der scharfen Forderung des römischen Rates zu entsprechen, Exzellenz, raten wir dazu, den Welfen wieder einzusetzen. Mit Euerer Rehabilitation würdet Ihr ein Zeichen an die deutschen Reichsfürsten senden. Das wäre ein guter Dienst für das Reich, denn den Welfen trifft keine Schuld, wie wir gerne belegen wollen.“

      Ein Raunen ging durch das Kapitel.

      „

      Nur, wenn Otto Reue zeigt, kann er vom Bann gelöst werden“, riefen die Kardinäle.

      Schnell erkannte Berard von Palermo, der Friedrich II. seit Constanz auf den Thron geholfen hatte, dass die Lösung vom Bann die Staufer unter die Welfen zwingen würde. Schnell nutze er die nächste Gelegenheit, das Wort zu erheben.

      „

      Friedrich von Staufen ist der ‚Romanum imperator electus’ “, und um seinen Worten die nachdrückliche Unanfechtbarkeit hinzuzufügen, hob er die Urkunden mit den Siegeln der Wahlfürsten und sogar des Papstes vor der versammelten Menge in die Höhe.

      „

      Warum sollen wir eine gesegnete Wahl jetzt in Frage stellen?!“

      Demonstrativ platzierte er das Pergament auf dem Altar und schaute in die Menge.

      Die Menschen schauten sich fragend und ratlos an. Wie sollte es nun weitergehen? War das letzte Wort gesprochen?

      Nein, das war es nicht. Die Abordnung aus dem welfentreuen Mailand bat um das Wort. Sogleich erhoben die Papsttreuen lautstarken Protest, so dass der Papst das eigene Lager zur Ruhe mahnen musste. Da trat aus eben dieser Gruppe der Markgraf Wilhelm von Montferrat hervor.

      „

      Euere Heiligkeit, Eminenz, wir erheben Einspruch, Mailand vor dem Konzil sprechen zu lassen.“

      Der Papst nickte gefällig.

      „

      Habt Ihr Gründe, Montferrat?“

      „

      Die haben wir, Euere Heiligkeit.“

      „

      Welche wären das? Tragt sie vor!“

      „

      Drei an der Zahl, Euere Heiligkeit“, begann der Markgraf.

      „

      Sie haben dem Patrimonium den Treueid geschworen und diesen gebrochen, als sie dem Grafen von Spoleto mit Waffen gegen Rom gefolgt sind. Zweitens sind sie dem Welfenlager treu geblieben, als Otto von Braunschweig von Euch, Exzellenz, exkommuniziert wurde. Sie stehen damit außerhalb der Christenheit und dürften gar nicht in diesen Hallen sein!“

      Erneut erhoben sich Stimmen des Protests.

      „

      Und drittens, … und drittens… beherbergen sie in ihrer Stadt Ketzer. Damit bezichtigen wir sie der Ketzerei!“

      „

      Lügen“, riefen die Mailänder, „alles Lügen! Lügner!“

      Die Beleidigungen der Mailänder ließen sich Anhänger um Montferrat nicht gefallen und beschimpften nun ihrerseits die Mailänder.

      „

      Ruhe! Ruhe!“, rief der päpstliche Zeremonienmeister.

      Innozenz hob drohend beide Hände.

      „

      Ruhe oder ich lasse euch hinausschaffen! … Die Worte des Markgrafen haben ihre Berechtigung. Aber, ich werde Milde walten lassen und sehen, ob ich Mailand später das Wort erteile.“

      „

      Dann lasst uns wenigsten darlegen, warum der Welfe auf keinen Fall Euere Absolution erhalten darf.“

      „

      Sprecht also, Montferrat.“

      „

      Ich danke Euch, Hochwürden.“

      Montferrat


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