Voodoo, Hoodoo & Santería – Band 5 Zombies, Voodoo-, Hoodoo- und Santería-Exorzismen und Kurzrituale. Frater LYSIR
Voodoo, Hoodoo & Santería – Band 5 Zombies, Voodoo-, Hoodoo- und Santería-Exorzismen und Kurzrituale
Solche Vorstellungen findet man in einigen Kulturen. Doch da es hier um die pharmazeutische Sichtweise geht, muss man erst einmal sagen, dass die pharmakologischen Ergebnisse der Datura sehr zuverlässig, definitiv bekannt und berechnend und einsetzbar waren. Natürlich wurde hier auch wieder die Prämisse „Versuch und Irrtum“ vorgenommen, doch da der Stechapfel mit seinem Atropin sehr aktiv ist, werden durch mäßige Dosierungen Halluzinationen und Wahnvorstellungen erzeugt, auf die geistige Verwirrung, Orientierungslosigkeit und Gedächtnisverlust folgen. Gut, eine Überdosis zieht dagegen Bewusstlosigkeit und Tod nach sich – wer hätte das gedacht! Wenn es aber darum geht, jemanden erst einmal zu betäuben, um ihn dann ganz in Ruhe das Zombiegift zu applizieren, dann ist Stechapfel hier die Wahl der Voodoosi/Voodonsi. So ist es keine große Überraschung, dass eine Datura Art, die auf Haiti heimisch ist, den interessanten Namen „Zombiegurke“ besitzt, und wenn man auf Haiti im Voodoo bleiben will, dann kann man erst einmal sagen, dass es hier primär drei Arten des Konsums gibt. Es sind die drei Klassiker, Essen, Trinken und Rauchen. Dass die Samen gegessen werden, bedingt natürlich den größten Rausch, genauso wie das Trinken eines Aufgusses, sodass hier das Rauchen eigentlich die leichteste und einfachste Methode ist. Da die Pflanze „Datura Stramonium“, also der gemeine Stechapfel, so gut wie überall vorkommt, wird sie auch manchmal als „Ackerunkraut“ betitelt, was bedeutet, dass sie wirklich sehr häufig anzutreffen ist. Hier einmal eine Abbildung der Datura Stramonium und der Formel des Atropins (welches „optisch aktiv“ ist und sich drehen kann, sodass ich hier beide Varianten zeige):
Gut, jetzt hat man ein Bestandteil, man hat den Start, sodass man das Opfer erst einmal gefügig bzw. bewusstlos vor sich liegen hat, ist aber noch kein Schritt weiter, da man immer noch kein Zombie hat. Und jetzt? Jetzt muss man weitere pflanzliche und auch tierische Bestandteile verwenden. Aha! Welche denn?
OK, fangen wir doch mal kurz an eine kleine Übersicht einzufügen, was man so alles für das Zombiegift braucht. Erst einmal geraspelte Menschenknochen! OK, das hat Edmund Wade Davis in seinen Berichten zwar angegeben, doch ist dies absoluter Blödsinn. Pharmazeutisch haben Menschenknochen jetzt nicht wirklich irgendwelche Besonderheiten. Wenn es um das Calcium geht, kann ich auch Milch verwenden. Nein, die geraspelten Menschenknochen sind einfach nur schaurige Dramaturgie, Sympathiemagie, und eben in der Religion Voodoo beheimatet. Pharmazeutisch vollkommen uninteressant, und auch im magischen Kontext sind die „geraspelten Menschenknochen“ auch nicht wirklich spannend, da man hier auch mit Blut arbeiten könnte. Ja, es hat zwar eine schaurige Dramaturgie, und man kann, aus dem Blickwinkel der Sympathiemagie, hier unendlich viel hinein interpretieren, doch geht es hier primär um die pharmazeutische Perspektive. Gut, dann kann man die geraspelten Menschenknochen also von der Zombiepulverliste streichen, da sie nur zum Zwecke der Dramaturgie verwendet werden. Was gibt es noch? Eine Schlange! Aha! Welche? Die Chilabothrus striatus, die „Boa Hispaniola“, oder auch die „Haiti-Schlankboa“! Eine Boa? Ja! Eine Boa! Im Ruhrpott könnte man jetzt sagen „Boah! Eine Boa! Watt kann die denn? Würgen!“ Und das war es auch schon! Die Haiti-Schlankboa kann bis zu 3 m groß werden, primär die Weibchen, sie ist eine Würgeschlange, sodass hier Ratten, Mäuse und Vögel als Beutetiere zu deuten sind, und das war es auch schon! Sie hat kein Gift, sie hat keine giftigen Bestandteile, keine besonderen Drüsen oder sonst irgendetwas, was eine pharmazeutische Wirkung hat. Also hat man auch hier schon wieder ein Bestandteil, der überflüssig ist, und offensichtlich ausschließlich der Dramaturgie dient. Gut, was kommt jetzt? Nun, jetzt kommt eine Tarantel! Echt jetzt? Eine Tarantel? Ja, und zwar die „Phormictopus cancerides“, die „Braune Haitivogelspinne“, die – sehr streng genommen – nicht so ganz eine Tarantel ist, aber durch die englische Bezeichnung für Vogelspinne, „Tarantula“ wird es sich hier um diese handeln. Außerdem, in seltenen Fällen werden auch Vogelspinnen, Theraphosidae, als Tarantel bezeichnet. Nun, wie der Name schon sagt, kommt sie unter anderem auch auf Haiti vor, aber auch in weiten Teilen von Südamerika, und ist hier mit einer Größe von 75-85 mm eine normale Vogelspinne. Diese Spinne besitzt Brennhaare, die sie auch abschießen kann, sodass man hier von einer Bombardierung spricht, und die bei einem Menschen allergische Reaktion hervorrufen können, also leichte Entzündungen, Ausschläge und eben einen starken Juckreiz. Dieser Juckreiz kann mehrere Stunden und sogar bis zu Tagen anhalten.
Hier findet man also eine Erklärung, warum Haitivogelspinnen möglicherweise im Zombiepulver verarbeitet werden sollen. Es geht um die Brennhaare. Einverstanden, dieser Bestandteil könnte Sinn machen! Wobei diese Brennhaare über keine eigentlichen Gifte verfügen, und man davon ausgeht, dass allein die mechanische Reizung dieser Brennhaare das Jucken verursacht. Bei den Spinnen sind also andere Brennhaare von Mutter Natur „verbaut“ worden, als bei manchen Raupen oder Insekten. Da die Brennhaare der Spinnen über winzige Widerhaken verfügen, ist hier also eine Pulverisierung denkbar, wobei man auch hier wieder darauf achten muss, dass die Brennhaare nicht ihre Wirkung verlieren, wenn diese zu stark gepulvert, zerstoßen, gemörsert werden. Im Folgenden will ich einmal eine Abbildung einer Haitivogelspinne wiedergeben:
Und jetzt? In Afrika kommen zum Beispiel diese Tiere nicht direkt vor, wobei die Haiti-Schlankboa vollkommen irrelevant ist, und die Braune Haitivogelspinne vielleicht als Lieferant für Brennhaare dienen kann. Aber hier könnte man eben auch afrikanische Spinnen nehmen, die entsprechende Brennhaare besitzen. Daher gilt bis jetzt, dass in Afrika und auch in Haiti entsprechende Bestandteile zusammen gemischt werden können. Und was ist mit diesen blauen Eidechsen? Nun die Haiti-Ameive kann auch eine bläuliche Färbung haben, meist aber bräunlich. Auch der Hispaniola-Maskenleguan (Leiocephalus schreibersi) bzw. der Glattkopfleguan (Leiocephalus) ist hier denkbar, wie auch der Rotkehlanolis (Anolis carolinensis). Doch da diese Tiere keine nennenswerten Gifte haben und auch sonst im pharmazeutischen Kontext keine Relevanz besitzen, sind diese Bestandteile eher als Glaubens- oder Füllmaterial zu sehen, wie eben auch die Haiti-Schlankboa. Wenn man Glaubens- oder Füllmaterial verwenden will, wird man immer fündig werden, egal, ob es nun auf Haiti oder irgendwo in Afrika ist.
Gut, was kommt jetzt in das Zombiepulver? Als Nächstes kommt die weit verbreitete Sonchus oleraceus, die „Gemüse-Gänsedistel“, die eigentlich weltweit vorkommt. Die primären Wirkstoffe sind hier unter anderem Eisen, Phosphor, Beta-Carotin und Vitamin C sowie verschiedene Eiweiße. Im Volk wurde die Gänsedistel unter anderem zur Behandlung von Warzen eingesetzt, wobei sie auch gegen Fieber hilft, bei Regelschmerzen während der Menstruation und auch bei Entzündungen auf der Haut hilfreich eingesetzt werden kann. Warum diese Distel dann im Zombiepulver verwendet wird, ist fraglich, es sei denn, sie soll ein wenig den Juckreiz mindern, sodass hier „nach und nach“ der Reiz auftaucht, und man nicht sofort ein Brennen spürt. Hier eine Abbildung:
Weitere Bestandteile sind die Blätter des Cashewbaum, wobei hier auch zum Teil die Früchte verwendet werden, da diesen medizinische und rituelle Wirkungen im Voodoo zugesprochen werden. Die Cashewäpfel beinhalten das Cashew-Schalenöl, welches toxisch bis hautreizend wirkt. Doch auch die Cashewkerne können hier verwendet werden, wobei hier eigentlich primär der positive Effekt zu nennen ist, da die Cashewkerne sehr viele Mineralstoffe beinhalten, wie zum Beispiel Magnesium, und auch hier Aktivitäten von Enzymen steuern, und auch wieder Eisen beinhalten. Viel spannender ist jedoch, dass ein Cashewbaum auf Haiti mit der Liebe assoziiert wird, was in diesem Kontext nicht wirklich zum Zombiepulver passt. Hingegen passt das Cashew-Schalenöl ganz gut in das Zombiepulver, da man hier einmal eine Trägersubstanz generieren kann, im Öl selbst Phenolalkanamine enthalten sind, die sehr schnell aushärten, wobei der primäre Bestandteil die Anacardsäure ist, sodass auch hier wieder ein Juckreiz, ein Kratzen möglich ist, wobei auch bakterizide Wirkungen existieren. Doch eine antibakterielle und antibiotische Wirkung ist hier wohl nicht das primäre Ziel, sondern eher die Hautreizung. Der Cashewbaum kommt primär in den Ländern, Togo, Nigeria und Ghana vor, in Ausnahmefällen aber auch in der Karibik, wobei hier die Population definitiv nicht so stark ist wie in Afrika. Somit ist dieser Bestandteil auch