Himmelsfrost. Linda V. Kasten

Himmelsfrost - Linda V. Kasten


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konnte, sondern auch weil er ein Lichtkrieger war. Endlich hatte ich jemanden, mit dem ich trainieren konnte. Meine Mutter hatte mir einiges an Kämpfen beigebracht, bevor sie starb, doch das Meiste hatte ich mir selber angeeignet, weshalb meine Technik oft eher schlampig war. Cora hingegen war eher friedlicher Natur und beherrschte das Heilen, nicht das Kämpfen.

      Als Cora Tom traf, war er auf dem Weg nach Nerehliea, um sich der königlichen Armee anzuschließen. Doch als er auf seiner Durchreise Cora kennenlernte, änderte er seine Pläne und beschloss zu bleiben.

      Er brachte mir so viel bei, wie er konnte und ich trainierte jeden Tag, um irgendwann so gut zu werden, wie ein richtiger Lichtkrieger. Natürlich würde ich nie eine Kriegerin des Lichtes werden, ich war schließlich keine Wächterin, das wusste ich, trotzdem war das kein Grund für mich aufzuhören.

      Es gab eine Zeit, da herrschte Krieg zwischen den Wächtern und den Menschen, die Wächter hielten sich für etwas Wertvolleres, Mächtigeres und die Menschen waren beherrscht von Eifersucht und Misstrauen. Das Abkommen sowie die Einführung des Rates von Nerehliea beendete die Kriege. Man entdeckte, dass auch Menschen in gewisser Weise Magie praktizieren konnten und als man dann einige Jahre später von einem Menschenjungen erfuhr, der ein Dämon besaß, was bis dahin nur den Wächtern vorbehalten schien, legten sich die Aufstände schließlich gänzlich.

      Bevor Tom zum Lichtkrieger wurde, war er ein Wächter des Eises.

      Er erzählte mir, wie er bei der Zeremonie zum Lichtkrieger die Magie der Eiswächter aufgeben musste und durch den Kuss der Sterne die Kraft der Krieger erlangte.

      Er lebte nun seit zwei Jahren bei uns. Wir hatten ein kleines Haus und eine Scheune etwas abseits vom Dorf und bemühten uns, keine große Aufmerksamkeit zu erregen.

      Alles schien okay, bis Soey plötzlich krank wurde.

       2

      Auf dem Weg zurück nach Hause gab ich mir alle Mühe, die Erde von meinem Gesicht und meinen Händen zu wischen, doch als ich an unserem Haus angekommen war, sah ich immer noch aus, als hätte ich im Dreck gewühlt.

      Wütend auf mich selbst griff ich nach dem Türknauf. Cora machte sich schon genug Sorgen um mich und wenn sie mich so sah, über und über mit Dreck bedeckt und geröteten Augen, würde sie höchstwahrscheinlich durchdrehen.

      Als ich durch die Tür trat, stand Tom im Flur. Er musterte mich von oben bis unten und seufzte.

      »Cora ist in der Küche, du hast zehn Minuten, bis das Essen fertig ist.«

      Dankbar nickte ich und verschwand nach oben ins Badezimmer. Ich liebte unser Badezimmer. Der Grund dafür war eine alte Badewanne, die fast das ganze Bad einnahm. Sie hatte einige Risse und die einst bronzefarbenen Standfüße waren alt und verrostet. Alles in allem schien sie nicht viel herzumachen, aber dank Tom besaßen wir einen kleinen Regenwasserspeicher auf dem Dach, mit dem man durch ein Rohr Wasser in die Wanne einlassen konnte. Zwar war es meist ziemlich kalt, aber im Gegensatz zu einem Bad im See der reinste Luxus.

      Die Badewanne war das Lieblingsstück meines Vaters gewesen. Er erzählte mir immer, sie stammte aus einer anderen Welt, genau wie viele seiner Bücher, die er gesammelt hatte.

      Ich interessierte mich am meisten für eine Welt Namens Sunex. Diese Welt besaß eine sich immer und immer wieder verändernde Materie. Unseres Wissens nach lebten dort keine Menschen oder andere Lebewesen. Die Wächter wussten nicht viel über Sunex und Expeditionen dorthin wurden streng untersagt. Sunex war eine der Dimensionen, die auch ohne das Eingreifen der Wächter überlebte. Ihre sich ständig verändernde Materie machte ein Absterben, aber auch ein Leben auf ihr, so gut wie unmöglich. Eine Welt, in der nichts dem anderen glich und nach einem Wimpernschlag alles anders war. Ein faszinierender Gedanke.

      Als wir unser altes Zuhause an der Küste verlassen mussten, war ich untröstlich, all die Artefakte, die mein Vater mit den Jahren gesammelt hatte, zurückzulassen, doch es ging nicht anders.

      Er erzählte mir immer, wie gerne er ein Weltenwanderer geworden wäre und ich war untröstlich seine Sammelstücke einfach so zurückzulassen.

      Eines Abends erzählte ich Tom von all den wundervollen Dingen, die mein Vater einst besessen hatte. Sechs Tage später stand er dann plötzlich dreckig und erschöpft, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht, vor unserer Tür.

      Cora, die sich schreckliche Sorgen gemacht hatte, weil er so plötzlich verschwunden war, fiel ihm lachend in die Arme.

      Hinter Tom stand ein kleiner, klappriger Heuwagen und in diesem Heuwagen, die Badewanne mit den Goldfüßen.

      Ein Klopfen an der Tür schreckte mich aus meinen Gedanken.

      »Was treibst du denn solange da drinnen? Das Essen wird kalt!«, erklang Toms Stimme von der anderen Seite der Tür.

      Ich seufzte und streifte mir ein frisches Oberteil über. »Ich komme sofort.«

      Mein schwarzes Haar band ich schnell in einem Zopf zusammen.

      Als ich meinem Blick im Spiegel begegnete, hielt ich einen Moment inne. Immer noch in der Vergangenheit versunken berührte ich die kleine Narbe an meiner Schläfe. Eine verblasste Erinnerung an die Zeit, als meine Mutter mir den Umgang mit Pfeil und Bogen beigebracht hatte.

      Ich setzte ein Lächeln auf, als ich ins Esszimmer trat. »Das riecht köstlich, Cora!«

      »Weißt du, das würde ich dir ja glauben, wenn du nicht aussähest wie eine gequälte Katze.«

      »Das ist mein bestes Lächeln!«, protestierte ich.

      Coras Miene wurde plötzlich ernst. »Sky, du musst nicht so tun, als würde es dir gutgehen, nur damit ich mir keine Sorgen mache. Ich bin zwar nicht deine Mutter, aber ich kenn dich trotzdem gut genug, um zu wissen, wann es dir schlecht geht und wann nicht.«

      Ich wollte etwas erwidern, doch Cora griff nach meiner Hand. »Du musst aufhören, dir die Schuld für Soeys Tod zu geben.«

      Sie drehte sie, sodass die aufgeplatzten Knöchel und blauen Flecken zum Vorschein kamen.

      Tränen glitzerten in ihren Augen. »Hör auf dich selbst zu bestrafen.«

      »Ich bestrafe mich nicht selbst. Ich trainiere.«, sagte ich und entzog ihr sanft meine Hand.

      »Du hättest ihr nicht helfen können, Sky.«

      Ich seufzte. Dieses Gespräch hatte ich Nacht für Nacht seit Soeys Tod mit mir selber geführt. »Das alles wäre gar nicht erst passiert, wenn wir nicht so leichtsinnig gewesen wären. Ich hätte es besser wissen müssen, als mitten in der Nacht in einem Gebirgsbach schwimmen zu gehen.«, erwiderte ich.

      Cora zögerte, als wüsste sie nicht, was sie erwidern sollte.

      »Sie verdient es, die Wahrheit zu erfahren.« Tom war unbemerkt im Türrahmen erschienen.

      Verwirrt blickte ich auf. »Was für eine Wahrheit?«

      Cora zögerte. Sie schaute zwischen mir und Tom hin und her. »Wir glauben, dass Soey nicht an einer Lungenentzündung gestorben ist, wir glauben… wir glauben sie wurde vergiftet.«

      »Ich verstehe nicht…«, verwirrt blickte ich von Cora zu Tom. »Wieso sollte jemand sie vergiftet haben? Du hast selbst gesagt, dass eine starke Lungenentzündung tödlich ist und höchstens von einem Wächter geheilt werden kann.«

      »Genau das ist der Punkt…«, Cora hielt inne. Sie biss sich auf die Lippe, als hätte sie bereits zu viel gesagt.

      »Cora? Was ist los? Was verschweigst du mir?«

      Cora sah sich nach Tom um, der ihr zunickte.

      Sie zögerte. »Ich… ich bin eine Wächterin, Skyler.«

      Ich glaubte, mich verhört zu haben.

      Cora seufzte. »Ich bin eine Wächterin


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