Hugo Wietholz – ein Diakon des Rauhen Hauses – Autobiographie. Jürgen Ruszkowski

Hugo Wietholz – ein Diakon des Rauhen Hauses – Autobiographie - Jürgen Ruszkowski


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Für den Inhalt, mitsamt Bildern, sorgte ich.

      Inzwischen hatte ich mir einen gebrauchten Fotoapparat gekauft, und nun machte ich viele Aufnahmen. Ich bin oft am Flughafen gewesen und habe dort fotografiert. Die Bilder zeigten dort noch Wald und dann die Regulierung der Tarpenbek. Das kostete uns den Zeltplatz, den wir bisher so in der Nähe hatten. Natürlich musste der Flughafen vergrößert werden, denn Hamburg wollte das Kreuz des Nordens für den Flugverkehr werden.

      In Deutschland sah es wirtschaftlich mies aus. Die Erwerbslosenzahlen stiegen und stiegen, bald hatte man 6 Millionen erreicht und die Verzweiflung stieg. Man versuchte mit Notverordnungen etwas Ordnung in die Wirtschaft zu bringen, aber dem Reichskanzler Brüning gelang das nicht. Auf den Straßen nahmen die Parteienauseinandersetzungen blutige Formen an. Die Wirtschaft in Deutschland lag danieder, die ehemaligen Feinde verlangten Milliardenbeträge als Kriegsschuld, und so machten sie die Wirtschaft immer mehr kaputt. Es geht aber oft in der Welt so, wo der Sieger meint über den Schwachen zu herrschen, wird er eines Tages die Früchte seines Hasses ernten. Im Deutschen Volk kamen immer mehr radikale Kräfte an die Oberfläche, wer Wind sät, wird Sturm ernten!

      Bei uns hier in Eppendorf ging die Jugendarbeit fröhlich weiter. Im nächsten Sommer, wir schrieben das Jahr 1931, gab es auch politische Auseinandersetzungen mit den Jungkommunisten. Sie hatten sich von der Kirche losgesagt. Ihr Wahlspruch hieß: „Wir haben Gott aus den Herzen entfernt, nun erst haben wir lachen und spielen gelernt.“ In der Kegelhofstraße war die Hochburg der Kommunisten. Gegenüber der Tarpenbekstraße, Ecke Lokstedterweg, hatte Ernst Thälmann seine Wohnung. Der Balkon war stets mit kommunistischen Parolen geschmückt.

      In diesem Sommer also, nahm ich mir mehrere Tage Urlaub, um als Helfer im Ferienlager Schäferhof mitzumachen. Das waren tolle Tage und Nächte! Mit einem Freund zusammen haben wir das Lager in Atem gehalten.

      Wir hatten auch einen jungen Theologen im Lager, der es gut verstand, Gottes Wort zu erklären. Vergessen werde ich nie die Stelle aus dem Korintherbrief, wo Paulus schreibt: „Ihr seid ein Brief Christi.“ Dieser Vikar Halfmann wurde später Bischof in Schleswig Holstein.

      Von meiner Arbeit bei Meister Lampe gibt es nicht viel zu berichten. Es wurden nur kleine Aufträge vergeben, die nicht viel einbrachten. Was nötig war, wurde geflickt, sonst hatten die Hauseigentümer kein Geld für große Reparaturen.

      Im CVJM war plötzlich eine Änderung für unser Heim eingetreten. Wir mussten das Lokal bei Fräulein Bertoh räumen. Es gelang uns, eine Bleibe im großen Saal auf der Anscharhöhe zu bekommen. Aber das war nicht mehr das, was wir brauchten. Dann kam eine Führungskrise hinzu. Ich musste die Jungschararbeit abgeben, was bei mir zu einem Protest führte, ich blieb dem Verein fern.

      Inzwischen lernte ich einen jungen Mann kennen, Heini von Glan. Wir hatten beide unsere Probleme, er wurde mein Freund. Zu Ostern 1932 machten wir uns auf, an die Ostsee, auf den Priwall zu fahren. Dort fanden wir ein Heim, wo wir, trotz schlechtem Wetter unsere weiteren Pläne besprachen. Wir waren beide nicht mehr im CVJM Eppendorf, denn uns gefiel die Art und Weise nicht, wie man mit uns umgegangen war.

      Concordia-Pfadfinder

      Heini von Glan gehörte der Späherschaft Concordia in Hoheluft an. Eines Tages nahm er mich zu einem Elternabend mit, der im Gemeindesaal der Bethlehemkirche stattfand.

      Wir erlebten einen Elternabend, der ein großer Reinfall wurde. Ich sehe noch, wie die Jungen versuchten, ein Zeltlager auf der Bühne aufzubauen, was überhaupt nicht gelang. Auch waren nur sehr wenige Eltern gekommen. Zum Schluss mussten wir uns einen Streit der älteren Pfadfinder mit anhören. Keiner wollte die Verantwortung für die Gruppe übernehmen. Der bisherige Leiter war schwer erkrankt.

      Da fragte man mich, ob ich die Leitung der Gruppe nicht übernehmen wolle. Ich willigte ein, doch nur zusammen mit dem Späherführer Herbert Künzel.

      Von Pfadfinderarbeit hatte ich noch keine Ahnung. Der Herbert gab mir Unterricht und nach etlichen Monaten wurde ich zum Bundesleiter der CSC (Christliche Späherschaft Concordia) im Reichsverband der Jungmännerbünde verpflichtet. Jetzt durfte ich das Fahrtenhemd mit dem blauweißgestreiften Halstuch tragen und bekam dazu den Späherausweis.

      Nun gingen wir daran, den Mitgliederstand in die Höhe zu bringen. Ringsherum gab es mehrere Schulen, und das Werben gelang besonders gut. Der Zustrom der Jungen war enorm, die Jungschar wurde größer, etliche ließen sich zum Jungspäher ausbilden, und so hatten wir bald mehrere Sippen. Leider wurde unsere Freude getrübt, weil der ehemalige Leiter der Concordia starb.

      Hitlers Machtergreifung

      Am politischen Himmel standen die Zeichen auf Sturm. Hitler hatte mit seiner Partei die Mehrheit im Reichstag gewonnen. Das deutsche Volk wollte mit aller Macht aus der Krise heraus. Hitler versprach Arbeit und Brot und Schluss mit dem Gezänk der Parteien. Das Volk hörte diese Klänge gern und hatte zum Teil keine Ahnung, was dahinter steckte, aber viele glaubten ihm. Einmal waren es die Deutschnationalen, die in ihren Verbänden in Hitler ihren Mann sahen und dann die alten Offiziere, die von einer neuen Wehrmacht träumten. Das Großkapital wiederum sah eine Chance, wieder zu großem Gewinn zu kommen. Noch war das große Heer der Arbeitslosen da, die nicht mehr an die Parolen ihrer alten Parteien glaubten, man wollte aus der Not heraus und griff zum Parteiprogramm der Nazis.

      So kam der 30. Januar 1933, an dem Hitler mit dem Willen des Volkes Reichskanzler und dann von Hindenburg in der Garnisonskirche feierlich vereidigt wurde. Als der Volksverdreher erst die Macht hatte, konnte er schalten und walten, wie er wollte. Seine Nebenbuhler stellte er kalt oder ließ sie ohne Gerichtsurteil umbringen. Dabei denke ich an die Rhön-Affäre. Die SA wollte die erste Geige spielen, doch Hitler und die SS waren dagegen, und so starben Rhön und seine Männer, über Nacht umgebracht von der SS.

      Inzwischen hatte ich einen Vikar mit Namen Schmid kennen gelernt. In seinem Freundeskreis diskutierten wir die jetzt in Gang gesetzten Verordnungen. Im März kam schon das Gesetz heraus, das die Hitler-Jugend zur Staatsjugend machte. Dazu gab es ein Gesetzblatt, das regelte, welche Jugend sich noch öffentlich zeigen durfte. Vieles wurde verboten oder aufgelöst. Parteien gab es bald nicht mehr. Wir sahen in Hitler den großen Elektriker, der alles gleichschaltete, ausschaltete, umpolte und isolierte. Wenn mehr Menschen Hitlers „Mein Kampf“ richtig gelesen hätten, hätte man gewusst, wohin der Karren läuft.

      Als es mit der Eingliederung der Verbände begann, tauchten bei uns einige Führer der bündischen Jugend auf und wollten ihr Fell retten. Aber weil bei uns die Bibel im Mittelpunkt stand, zogen sie bald wieder ab. Später übernahmen diese Leute bei der Hitlerjugend Führerposten und meinten, den Laden unterwandern zu können, doch daraus wurde nichts.

      Hitler spielte eine neue Trumpfkarte aus, er trat aus dem Völkerbund aus und führte die allgemeine Wehrpflicht ein. So waren viele junge Leute von der Straße, andere mussten zum Arbeitsdienst. Noch einen Trumpf hatte er, er ließ Autobahnen bauen und siehe da, die Erwerbslosenzahlen schrumpften.

      Die Deutschen Christen und die Bekennende Kirche

      In der Kirche machte sich eine politische Gruppe mausig, die Deutschen Christen, die auch Handlanger Hitlers wurde. Der hatte ja in seinen Reden immer das Wort von der Vorsehung gebraucht und dann die Fabel vom positiven Christentum. Wie das aussah, bekamen alle zu spüren, die nicht für Hitler waren. Mit Hitlers Gunst wurde ein Reichsbischof gewählt. Jetzt hatten die Deutschen Christen, unter dem „Rei-Bi“ Müller, in der Kirche was zu sagen. Die meisten von ihnen waren dem Hitler verschworen.

      Einige Männer mit Rückgrat erkannten, dass der Weg der DC verkehrt war. Sie gründeten unter Niemöller die Bekennende Kirche. Auch bei uns in der Bethlehemkirche habe ich für diese Gemeinschaft geworben. Die Veranstaltungen fanden in der St. Gertrudkirche nahe der Mundsburg bei Pastor Remee statt.

      In der Hamburgischen Landeskirche unter


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